Open-Air-Krippenspiel Von Beatrix Junghans-Gläser  | 

Auf dem Berge, da gehet der Wind

Seit 21 Jahren macht Karin Ilg beim Open-Air-Krippenspiel mit: ein besonderer Weihnachtsgottesdienst – nicht nur für Kirchgänger.
Seit 21 Jahren macht Karin Ilg beim Open-Air-Krippenspiel mit: ein besonderer Weihnachtsgottesdienst – nicht nur für Kirchgänger.
Bildnachweis: Jens Uhlig
Während es sich die Einen gemütlich machen, verlassen die Anderen ihre Komfortzone, brechen zum Krippenspiel auf. Die Gründe dafür sind verschieden: Losgehen, Innehalten, Zusammenkommen.
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Niederdorf: 24. Dezember, 22.30 Uhr, unter freiem Himmel. Für die Zuschauer ist die Aufführung etwas ganz Besonderes. Sie bringt Altbewährtes auf andere Art und Weise nah und findet nicht, wie hier sonst üblich, in aller Herrgottsfrühe am 1. Weihnachtsfeiertag statt.

Einziges Open-Air-Krippenspiel der Region

Warum verlagert eine Gemeinde ihr Angebot nach draußen, wo mit widrigem Wetter zu rechnen ist? Die Antwort gibt Karin Ilg, dienstälteste Mitspielerin: »Unser Spiel drinnen, um sechs Uhr morgens, wurde immer weniger besucht. Unrealistisch war es auch noch – die Hirten schwitzten im Warmen. Aufgeben kam nicht in Frage. Was wir hatten, war die Freifläche mit Felsen hinter der Kirche. So kam die Idee, etwas dort aufzuführen. Weihnachten bot sich regelrecht an.«

Einen besseren Entschluss konnten die Niederdorfer nicht treffen. Seit das Spiel vor der Tür stattfindet, kommen die Menschen. Zuerst – 1997 – waren es etwa 100 Besucher; heute werden circa 300 Zuschauer aus einem Umkreis von 25 Kilometer gezählt. Seit 2016 stehen auch Flüchtlinge aus dem 200 Meter entfernten Heim mit im Publikum.

Was ist passiert? Das Format ist ein niederschwelliges Angebot. Jeder hat die Chance dabei zu sein, ohne den Kirchsaal zu betreten. Die dunkle Nacht, die Felsenbühne und der öffentliche Charakter laden Menschen ein, die sonst den Weihnachtsgottesdiensten fern blieben. Erwähnenswert ist das Konzept, dem intensive Bibelgespräche vorausgingen. Welche Szenen wollen wir zeigen? Herbergssuche? Hirten am Feuer? Stall mit Krippe und Stroh? Verkündigungsengel? Heilige Drei Könige? Ja. Herodes? Nein!

»Wir wollten ein Krippenspiel, das die Leute aus ihrem Alltag abholt. Deshalb schrieben wir unsere Texte selbst. Im Erzgebirge ist es Tradition, dass Heiligabend um 18 Uhr Gans, Klöße und Rotkraut auf dem Tisch stehen. Läuft bis dahin etwas quer, hängt oft der Haussegen schief. Genau so eine Situation ist der Auftakt des Spieles: Eine Oma, die zu Besuch kommt, entschärft das Ganze und macht ihren Enkeln die Weihnachtsgeschichte verständlich«, erzählt Karin Ilg, die die Großmama mimt. Sie vermittelt zwischen einst und jetzt. Seit 21 Jahren.

Beitrag entnommen aus »unterwegs« 26/2017