Weltausstellung Reformation Von Volker Kiemle  | 

Luther, überall

Eine kniffelige Aufgabe: Der Autor des Artikels versucht sich am dreidimensionalen »Reformations-Puzzle«.
Eine kniffelige Aufgabe: Der Autor des Artikels versucht sich am dreidimensionalen »Reformations-Puzzle«.
In Wittenberg wird »500 Jahre Reformation« das ganze Jahr über gefeiert – unter anderem mit der »Weltausstellung Reformation«. Auch die EmK macht mit.
2 Minuten

Die Lutherstadt Wittenberg hat sich herausgeputzt: Für Hunderte von Millionen haben die Kommune und das Land historische Gebäude saniert, rekonstruiert und historische Ensembles um neue Bauten ergänzt. Zum Reformationsjubiläum wurde auch der Hauptbahnhof neu gebaut und empfängt die Besucher nun mit einer großzügigen Anlage und guten Zugverbindungen nach Berlin und Leipzig. Unter einer gewaltigen abgespannten Dachmembran verlieren sich ein paar Menschen, davor hat ein Kaffee-Verkäufer seinen Wagen aufgestellt. Mit dem Geschäft ist er zufrieden – wobei es vor allem die Pendler sind, die Umsatz bringen. Es wäre noch Luft nach oben. Die Reformationsfeiern, das ist jetzt schon klar, locken längst nicht so viele Menschen.
Die Reformations-Weltausstellung, da sind sich die Medien einig, ist ein Flop. Und tatsächlich kommen viel weniger Besucher als erwartet. Während die dauerhaften touristischen Sehenswürdigkeiten langsam von Besuchergruppen geflutet werden, finden sich an diesem Morgen nur wenige Menschen zu den zahlreichen zusätzlichen Info-Ständen und Zelten, die in den ehemaligen Wallanlagen, etwas abseits am südlichen Stadtrand liegen, direkt an Eisenbahn und Lärmschutzwand gedrängt. Man kommt nicht zufällig hier vorbei – obwohl sich ein Besuch durchaus lohnt.

Europäischer Methodismus präsentiert sich in Wittenberg

So präsentieren sich im Bereich »Ökumene und Religion« zahlreiche Kirchen, Verbände und Religionsgemeinschaften. Darunter auch die »Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa« (GEKE), zu der auch der Europäische Rat Methodistischer Kirchen (European Methodist Council, EMC) gehört, in dem wiederum die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) Mitglied ist. Jeweils eine Woche stellen sich die Mitgliedskirchen der GEKE vor, die EmK ist jetzt im Juli an der Reihe. Das Team ist dabei so international wie der EMC: Aus Deutschland Ruhestandsbischöfin Rosemarie Wenner und EmK-Pressesprecher Klaus Ulrich Ruof, aus Großbritannien Anne Browse und aus Dänemark Charlotte und Jørgen Thaarup.

Verordnete Reformation in Dänemark und Schweden

Das Ehepaar Thaarup vertritt dabei gleich mehrere Kirchen: Charlotte Thaarup ist Superintendentin für den Süden der Unierten Kirche in Schweden, die vor einigen Jahren aus dem Zusammenschluss von Baptisten, Reformierten und Methodisten entstanden ist. Ihr Mann, Jørgen Thaarup, ist Pastor und Superintendent der EmK in Dänemark und damit «zuständig« für rund 3.000 Menschen in zehn Gemeinden. Zugleich vertritt er den EMC und auch noch – wenn auch inoffiziell – die lutherische Kirche Dänemarks.
Diesen Umstand verdankt er der Tatsache, dass die Reformation in Nordeuropa gravierende gesellschaftliche und politische Folgen hatte: Die schwedischen und dänischen Könige nutzten die Reformation, um sich die katholische Kirche samt ihren Besitztümern komplett einzuverleiben. Bis heute ist die Lutherische Kirche in Dänemark und Schweden eine Staatskirche – mit strengen Vorgaben für die beamteten Kleriker. Das dänische Parlament ist zugleich die Kirchensynode, es gibt niemand, der offiziell für die Kirche sprechen kann.
Weil fast 80 Prozent der Einwohner Lutheraner sind und Kirchensteuer bezahlen, geht es der Kirche finanziell gut – auch wenn kaum jemand den Gottesdienst besucht. »Es gibt keinen Grund, etwas zu verändern«, sagt der 60-jährige Thaarup ironisch. Dagegen würden »Freikirchler« noch immer argwöhnisch beäugt. Die aber arbeiten eng zusammen, auch mit den wenigen katholischen Christen im Land. Mehr noch: In der »Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa« (GEKE) wird Superintendent Thaarup ganz selbstverständlich als Ansprechpartner nicht nur für den EMC, sondern auch für die dänischen Lutheraner gesehen.