Erfahrene Gastfreundschaft
Nach zehn Jahren in Deutschland kehrte Pastorin Jane Odoom Mitte November aus Düsseldorf wieder nach Ghana zurück. Im März 2007 war sie im kalten, unwirtlichen Deutschland angekommen. Noch größer als der Klimawechsel war für die methodistische Pastorin aber der Wechsel in die neue Aufgabe in der ghanaischen Migrantengemeinde in Deutschland. In Essen, Köln und Düsseldorf hatte sie rund 100 Gemeindeglieder und um die 50 Kinder und Jugendliche zu betreuen. Zuvor betreute sie in ihrer Heimat Gemeinden mit über 1.000 Gemeindegliedern und bis zu 800 Kinder und Jugendlichen. Auch der Charakter der Gemeindearbeit in Deutschland war ein anderer. Nicht alle Ghanaer in ihrer neuen Migrantengemeinde waren schon in der Heimat Methodisten. In Deutschland seien die ghanaischen Migrantengemeinden für sie oft vor allem »ein Ort, an dem sie sich gegenseitig unterstützen«, wie die jetzt in den Ruhestand tretende Pastorin erklärt. Außerdem arbeiteten viele Migranten in Beschäftigungsverhältnissen, die mit Schicht- und Wochenendarbeit einhergehen. So sei ein geregeltes Gemeindeleben schwer planbar. »Auch der Sonntagsgottesdienst ist deshalb nicht immer so gut besucht, wie ich das in Ghana gewohnt war«, erklärt die Pastorin die Herausforderungen in der Fremde. »In meiner Heimat ist der Gottesdienst der Höhepunkt der Woche, bei dem möglichst alle zusammenkommen und viel Zeit miteinander verbringen.«
Der Reichtum internationaler Gemeinden
Vor ihrer Rückkehr hat sich Jane Odoom noch einmal »bei meiner Bischöfin« zu einem Abschiedsbesuch angemeldet. »Ihre Bischöfin«, das ist Rosemarie Wenner, die für die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) in Deutschland zuständige Bischöfin. Aus ihrer mittlerweile fast zwölfjährigen Dienstzeit betont diese viel gereiste kirchliche Führungskraft immer wieder die befruchtenden Impulse der internationalen und interkulturellen Zusammenarbeit. Besonders die lebendigen ghanaischen Migrantengemeinden in Deutschland bildeten dabei regelmäßig einen Fokus. »Sie sind ein lebendiger Teil der EmK in Deutschland«, erklärt Rosemarie Wenner und hat dabei besonders die vielen Kinder und Jugendlichen in den Gemeinden als Reichtum und Aufgabe im Blick. »Wegen sprachlicher und kultureller Unterschiede nehmen wir diesen Reichtum nur zu wenig wahr«, meint sie.
Drei unter einem Dach
In Jane Odooms Dienstzeit fiel der lokal und regional aufsehenerregende Kauf der vormals landeskirchlich-evangelischen Matthiaskirche im Düsseldorfer Stadtteil Lichtenbroich. Bischöfin Wenner ist dankbar, dass »Pastorin Odoom die Wege, die zum Kauf dieser Kirche führten, ermöglicht und gefördert hat«. Seit Mitte vergangenen Jahres beheimatet die Matthiaskirche nun drei methodistische Gemeinden. Jeden Sonntag feiern die ghanaische, die deutsche und die internationale Gemeinde dort drei Gottesdienste in ihren jeweiligen Sprachen Deutsch, Englisch und dem ghanaischen Twi. Mit der auf inzwischen über 140 Erwachsene und rund 70 Kinder und Jugendliche angewachsenen Gemeinde stellt die ghanaische Gruppe den größten der drei methodistischen Partner. Auch deshalb sind die drei Gemeinden unterschiedlicher Sprache und Kultur unter einem Dach für die EmK in Deutschland ein einzigartiges Modell. »Ich bin gespannt, wie die Gemeinden miteinander und aneinander wachsen werden«, schaut die Bischöfin zuversichtlich nach vorne und wünscht sich, »dass wir von den Düsseldorfer Erfahrungen für die ganze Kirche lernen, wie Menschen unterschiedlicher Kulturen miteinander Kirche gestalten können«. Wenner freut sich, dass die Arbeit nahtlos weitergeht. Inzwischen hat Charles Gyasi als Pastor der ghanaischen Gemeinde in Düsseldorf seine Arbeit aufgenommen und wird die dort gelegten Spuren des Gemeindemodells »Drei unter einem Dach« aufnehmen und weiterführen.
»Gastfreundschaft!«
Bevor die Rückkehrerin sich von »ihrer« Bischöfin endgültig verabschiedet, wird sie noch gefragt, welche besondere Erfahrung sie aus Deutschland nach Hause mitnehme. Ohne zu zögern antwortet sie mit einem Wort: »Gastfreundschaft!«. Die fast sprachlose Überraschung ihrer Gesprächspartnerin klärt sie mit vielen Begegnungen bei den jährlichen Konferenztagungen der EmK auf. Dort seien so viele Konferenzmitglieder immer freundlich auf sie zugekommen und hätten mit ihr das Gespräch gesucht. Sie sei schnell integriert gewesen und hätte »ganz selbstverständlich dazugehört«. »Außerdem«, erzählt sie weiter, »überall, wo ich hinkam, habe ich ein oder zwei gute Freunde gefunden«. Es ist ihr abzuspüren, dass sie diese freundlichen und freundschaftlichen Begegnungen als wertvolle Erfahrungen mit nach Hause nimmt. Ende November machte sie sich dann auf den Weg in ihre Heimat. »Meine Familie und meine Freunde dort freuen sich schon auf mich.« Damit verabschiedete sie sich und strahlte mit der Novembersonne um die Wette. Jetzt feiert auch sie Weihnachten in Ghana. Aber anders als in Deutschland.
Der Autor
Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.
Zur Information
Die Methodistische Kirche in Ghana (MKG) geht auf missionarische Arbeit der Methodistischen Kirche aus Großbritannien zurück, die in dem westafrikanischen Land 1835 ihren Anfang nahm. Seit 1961 ist die MKG eine eigenständige Kirche und hat rund 1,5 Millionen Glieder, die von 720 Pastoren (davon 36 Frauen) betreut werden. Einer der kirchlichen Schwerpunkte liegt in der Bildungsarbeit, die in insgesamt 21 schulischen Einrichtungen unterschiedlicher Ausrichtung mit über 10.000 Schülern und in einer ökumenisch ausgerichteten theologischen Ausbildungsstätte angeboten wird. In Deutschland sind die ghanaischen methodistischen Gemeinden aufgrund einer Vereinbarung mit der Methodistischen Kirche in Ghana in die Evangelisch-methodistische Kirche integriert. Momentan gibt es zehn ghanaische Gemeinden in vier Bezirken, sowie zahlreiche ursprünglich aus Ghana kommende Kirchenglieder, die in englischsprachigen oder deutschsprachigen Gemeinden beheimatet sind.