Gottes Liebe Raum geben
Der 9. November ist ein denkwürdiger Tag. Vor 78 Jahren brannten die Synagogen in Deutschland und der Hass gegen Juden wurde öffentlich zelebriert; nur sehr wenige wagten es, sich an die Seite der Ausgegrenzten zu stellen. 1989 feierten wir staunend und fröhlich, dass die Berliner Mauer nicht mehr als Symbol der Teilung Deutschlands gelten konnte. Am 9. November 2016 erfahren wir, dass der nächste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Donald Trump heißen wird. Was wird dies für die gespaltene US-amerikanische Nation bedeuten? Wie wird es den Minderheiten ergehen, wenn ein Mann Präsident ist, der den Bau einer Mauer zu Mexiko versprach und die USA vor Muslimen schützen will? Wie wird die Weltgeschichte weitergehen? Auch wenn die ersten Verlautbarungen des gewählten Präsidenten versöhnlich klingen, tut dies meinem Erschrecken keinen Abbruch, zumal sich der Ausgang der Wahl in den USA in eine Kette einreiht. Nationalisten und Populisten gewinnen überall in Europa Zustimmung. Auf den Philippinen regiert ein unberechenbarer Präsident. Solche Entwicklungen machen mir Angst. Doch die Losung zum 9. November 2016 aus Jesaja 26,9 weckt Hoffnung: „Wenn deine Gerichte über die Erde gehen, so lernen die Bewohner des Erdkreises Gerechtigkeit.“ Gott bleibt am Wirken und lädt uns ein, seiner Liebe Raum zu geben, die die Furcht austreibt.
Gebet für alle, die politische Verantwortung tragen
Was mag dies bedeuten? Wir haben in der letzten Woche bei der Tagung des internationalen Bischofsrats der Evangelisch-methodistischen Kirche in St. Simons Island im Bundesstaat Georgia im Südosten der USA eine Bibel mit unseren Unterschriften versehen, die dem neuen Präsidenten der USA überreicht werden soll. Ich hoffte, sie würde Hillary Clinton übergeben werden. Doch als Demokratin habe ich genauso wie meine Kollegen und Kolleginnen und die Menschen in unseren Gemeinden in den USA das Ergebnis der Präsidentenwahl zu akzeptieren. Wir werden für den zukünftigen Präsidenten Trump beten, wie wir es für die Regierenden in allen Ländern tun, und wir werden ihn und alle, die politische Verantwortung tragen, aufmerksam, kritisch und wo möglich unterstützend begleiten.
Die Welt als globales Dorf braucht gute Lebensbedingungen für alle
Als Methodisten wissen wir uns verpflichtet, Menschen in Jesu Nachfolge einzuladen und Heiligung über die Lande zu verbreiten. Als Kirche, die in vier Kontinenten tätig ist, setzen wir uns dafür ein, die Einheit in dieser großen Vielfalt zu gestalten. Dabei lassen wir uns von dem leiten, was in unseren Sozialen Grundsätzen steht: „Wir bekennen, dass vor Gott alle Menschen den gleichen Wert haben. Deshalb arbeiten wir auf eine Gesellschaft hin, in der der Wert eines jeden Menschen anerkannt, gewahrt und gestärkt wird.“ Dies gilt ausdrücklich und ganz besonders für diejenigen, die wegen ihrer Hautfarbe, ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer Religion ausgegrenzt werden. Wenn Angst sich breit macht, Verunsicherung zunimmt und Menschen sich voneinander abgrenzen, ist der Dienst der Christinnen und Christen gefragt. Demütig, weil wir um eigene Fehler wissen, aber dennoch entschlossen, weil wir der Kraft Gottes trauen, werden wir durch unsere Gemeinden darauf hinwirken, dass Menschen im Glauben an Christus Halt finden und dass wir zusammen mit unseren Nachbarn Gemeinwesen aufbauen, in denen Menschen unterschiedlicher Herkunft respektvoll miteinander leben. Die Welt ist ein globales Dorf geworden. Es wird auch den nationalen Interessen dienen, wenn wir für gute Lebensbedingungen in allen Ländern sorgen. Als weltweit verbundene Kirche, die sich ökumenisch eingebunden dem Dialog der Religionen verpflichtet weiß, wollen wir mit allen Bewohnern des Erdkreises Gerechtigkeit lernen.