Lampedusa Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Konferenz an der Grenze Europas

Kunstwerk in der Kirche San Gerlando von Lampedusa.
Kunstwerk in der Kirche San Gerlando von Lampedusa. Geschenk des Papstes Franziskus zu Weihnachten 2013 in Erinnerung an die Tragödie vom 3. Oktober 2013, als 368 Personen vor Lampedusa unweit des Hafens im Meer ertranken.
Bildnachweis: Susanne Nießner-Brose
Am schicksalhaften Ort nach Europa flüchtender Menschen veröffentlichen Teilnehmer einer internationalen Konferenz einen Aufruf zur Hilfe.
3 Minuten

Unter dem Thema »Die Grenze leben und bezeugen« tagte Anfang Oktober eine internationale Konferenz in Palermo auf der an der Südspitze Italiens gelegenen Insel Sizilien. Über hundert Vertreter von Kirchen und ökumenischen Organisationen aus Europa und den USA berieten über die Flüchtlingskrise und gaben bei einem Besuch auf der zwischen Sizilien und Afrika gelegenen Insel Lampedusa die »Ökumenische Erklärung von Lampedusa« ab.

Mittelpunkt des Glaubens: Schutz von Flüchtlingen

Zu der von der Föderation evangelischer Kirchen in Italien ausgerichteten Konferenz waren Vertreter, der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der Kirchenkommission für Migranten in Europa (KKME) in Palermo zusammengekommen. Unter ihnen befand sich Susanne Nießner-Brose, Pastorin der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) in Bremen, als Vertreterin der Vereinigung Evangelischer Freikirchen. Die verabschiedete Erklärung betont, »dass der Schutz und die Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen im Mittelpunkt unseres Glaubens an Christus steht«. Flüchtlinge seien nicht Fremde, sondern Nächste, die Hilfe brauchen. Das Evangelium rufe dazu auf, die Schwachen zu schützen. Dagegen stünde die Errichtung von Grenzen, mit denen die Menschenrechte verleugnet werden, im Widerspruch zur Botschaft des Evangeliums. Die rufe dazu auf, vor Verfolgung und Gewalt Fliehende »willkommen zu heißen und zu beschützen«. Der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, stattete der Konferenz einen Besuch ab. Der erfolgreiche Bekämpfer der sizilianischen Mafia machte sich in seinem Grußwort für die freie Einreise von Migranten nach Europa stark und brandmarkte die Unterscheidung zwischen ökonomischen und politischen Flüchtlingen als Heuchelei. Europa brauche Migranten. Sie könnten verlassene Gebiete wiederbeleben. Außerdem könne Europa mit einer Bevölkerung von rund 600 Millionen Menschen leicht Migranten aufnehmen.

Methodisten unterstützen »humanitäre Korridore«

Ein auf der Konferenz als beispielhaft und hoffnungsvoll vorgestelltes Zeichen seien laut Nießner-Brose die sogenannten »humanitären Korridore« gewesen. Diese sind Ergebnis einer Kooperation zwischen der Föderation evangelischer Kirchen in Italien, der Gemeinschaft Sant’ Egidio, der Evangelisch-waldensischen Kirche, der Evangelisch-methodistischen Kirche von Italien (nicht Teil der weltweiten EmK) sowie der italienischen Regierung. Dabei erhalten rund tausend Flüchtlinge, zumeist in den Libanon geflohene Syrer, die Möglichkeit, sicher und legal nach Italien einzureisen und werden dort von Gemeinden bei ihrem Integrationsprozess begleitet. Die Zusammenarbeit für diese »humanitären Korridore« ist ein Modell, von dem die Initiatoren hoffen, dass sich insbesondere in Europa weitere Länder für diese Idee öffnen und sie ebenfalls umsetzen.

Internationale Beteiligung

Zu den Rednern gehörten Diamando Vlassi, griechisches Mitglied des Ökumenischen Patriarchats als Vertretung des Ökumenischen Rates der Kirchen, und die Generalsekretärin der Kommission der Kirchen für Migranten in Europa, Doris Peschke. Von der Reformierten Kirche in Ungarn war Balázs Geruch unter den Rednern und von der Föderation evangelischer Kirchen in Italien Pastorin Maria Bonafede. Pastor Randy Mayer von der Vereinigten Kirche Christi aus Sahuarita im US-Bundesstaat Arizona berichtete von seinem Einsatz für Flüchtlinge in der Wüste an der Grenze zwischen Mexiko und den USA. Er deponiert dort Wasserflaschen für Flüchtlinge, um sie vor dem Verdursten auf dem Weg durch die Wüste zu retten.

Ökumenische Verlautbarung am Ort dramatischer Schicksale

Der die Konferenz abschließende Besuch auf der Insel Lampedusa brachte den Konferenzteilnehmern die dramatische Lage der über das Mittelmeer nach Europa flüchtenden Menschen nahe. »Tief bewegt hat mich der Anblick der Gräber von ertrunkenen Flüchtlingen«, beschreibt die Bremer Pastorin Nießner-Brose ihre Gefühle. Die ebenfalls dort in einem kleinen Museum zum Teil rekonstruierten Geschichten und Namen von Flüchtlingen, zeigten, liebevoll ausgestellt, persönliche Gegenstände wie einzelne am Strand angeschwemmte Schuhe oder Kleidungsstücke. Das stille Schicksal von auf der Flucht umgekommenen Menschen findet dort eine eindrückliche Dokumentation. In der Kirche San Gerlando gedachten die Konferenzteilnehmer besonders der Tragödie vom 3. Oktober 2013, als 368 Personen vor Lampedusa unweit des Hafens im Meer ertranken. Die dort der Öffentlichkeit vorgestellte »Ökumenische Erklärung von Lampedusa« trägt den Geist der Betroffenheit und Hoffnung in die Kirchen Europas.

Der Autor

Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.

Weiterführende Links

Ökumenische Erklärung von Lampedusa (PDF)
»unterwegs«-Bericht von Pastorin Susanne Nießner-Brose (PDF)