Bischöfin Rosemarie Wenner Von Bischöfin Rosemarie Wenner  | 

Loslassen und Mensch sein

Bischöfin Rosemarie Wenner
Bischöfin Rosemarie Wenner
Bildnachweis: Gottfried Hamp, © EmK-Öffentlichkeitsarbeit
»Asche zu Asche« – dieser Satz aus der Beerdigungsliturgie erinnert uns daran, dass alles vergänglich ist. Wie uns dieser Satz helfen kann, unsere Vergänglichkeit selbst anzunehmen, das hat Bischöfin Rosemarie Wenner am Aschermittwoch erlebt.
2 Minuten

Den Aschermittwoch erlebte ich in diesem Jahr in Atlanta, USA. Wir waren als Kommission »Ein Weg in die Zukunft« zu unserer zweiten Sitzung zusammen. Obwohl wir inzwischen zu einer richtig guten internationalen Arbeitsgemeinschaft zusammengewachsen sind, strengen die Beratungen an.

Die Kirche investiert viel, um uns zusammenzubringen. Wir wollen unser Bestes geben und hoffen, dass Gott Segen zu unseren Mühen gibt. Am freien Abend an Aschermittwoch besuchte ich mit einigen Kommissionsmitgliedern den Gottesdienst in der Atlanta First United Methodist Church. »Dieser Feiertag setzt ein Stopp-Zeichen«, sagte Pastorin Jasmine Smoothers in ihrer Predigt. Wir sollen anhalten und uns fragen: Sind wir auf dem richtigen Weg?

Nach der Predigt lud sie ein, nach vorne zu kommen, um sich mit Asche ein Kreuz auf die Stirn zeichnen zu lassen. Als ich vor ihr stand, sagte sie: »Asche zu Asche. Das ist eine gute Nachricht.« Ich stutzte. »Asche zu Asche«. Dies ist Teil der Beerdigungsliturgie. Unser Leben ist begrenzt. Der Körper, dem wir so viel Aufmerksamkeit schenken, wird vergehen. Ständig gilt es, Abschied zu nehmen, von Menschen, von Orten und von Aufgaben.

Ich erfahre dies derzeit hautnah. Viele Aufgaben, die mir in den letzten zwölf Jahren zur Routine wurden, verrichte ich zum letzten Mal. Die Zeit, in der mein Beruf einen großen Teil meines Lebens ausfüllte, geht zu Ende. »Asche zu Asche« – oder: »Alles vergeht«. Ist dies wirklich eine gute Nachricht? Ich hatte dies bisher nie so gesehen. Es gilt eben auch: »Scheiden tut weh!«

Zögernd kam ich zu dem Schluss, dass Pastorin Jasmin Smoothers mir Evangelium zusprach. Ich darf mich selbst annehmen, obwohl ich ein sterblicher Mensch bin. Denn mein endliches Leben ist von Gottes Gnade umhüllt. Dafür steht Jesus Christus ein, der zur Rettung der Welt gestorben und auferstanden ist.

Den Lebensweg hoffnungsvoll gehen

In jenem Gottesdienst am Aschermittwoch erhielten wir, die wir uns mit dem Aschekreuz zeichnen ließen, einen kleinen Zettel, um aufzuschreiben, was uns für diese Passionszeit wichtig ist. Ich schrieb zwei Stichworte: »Loslassen« und »Mensch sein«. In Jesus, der wahrer Mensch und wahrer Gott ist, rettet Gott die Welt. Wir dürfen Gottes Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein, immer auf Zeit und mit begrenztem Auftrag. Gott hält das Ganze zusammen und umhüllt damit auch unser Leben vom Anfang bis zum Ende. Das ist eine gute Nachricht. Sie zu buchstabieren hilft, den Lebensweg hoffnungsvoll zu gehen und sich in Kirche und Gesellschaft einzubringen, ohne auszubrennen.

Entnommen aus: »unterwegs« 06/2017