unterwegs erlebt Von Bischof Harald Rückert  | 

Mitten in der Trauer Hoffnung haben

Bischof Harald Rückert
Bischof Harald Rückert
Bildnachweis: Mike DuBose, UMNS, 2017
In der stillen Zeit im November denken wir an die Verstorbenen und besinnen uns. Bischof Harald Rückert hat in Momenten der Trauer auch Dankbarkeit gespürt.
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Anfang November nahm ich zum zweiten Mal an einer Tagung des Bischofsrates teil. Zur intensiven inhaltlichen Arbeit gehören tägliche Gottesdienste. Der »Memorial Service« ist dabei ein festlicher Höhepunkt. In ihm gedenken wir der Menschen, die seit dem letzten Zusammensein des Bischofsrates verstorben sind: »In liebendem Gedenken und erfüllt mit Dankbarkeit gegenüber Gott, feiern wir das Lebenszeugnis dieser Nachfolger und Nachfolgerinnen Jesu Christi.« Unter dieser Überschrift werden die Lebens- und Glaubensgeschichten der Verstorbenen vorgetragen. In einer bewegenden Rede wurde diesmal auch Leben und Dienst des im Sommer verstorbenen Bischofs i. R. Dr. Rüdiger Minor gewürdigt.

In der Trauer die Auferstehung feiern

Gedächtnisgottesdienst – zunächst klingt dies nach einer schweren, vielleicht sogar düsteren Veranstaltung. Keine Frage: Es gab Raum zum Trauern, Tränen sind geflossen und Wunden haben wieder angefangen zu pochen. Getragene Musik und gewichtige Worte. Zugleich waren die Gedächtnisworte voll von Lebensfreude, Humor und Anekdoten aus dem Leben und Glauben der Verstorbenen. So konnte mit tränenden Augen zugleich immer wieder geschmunzelt und an einigen Stellen befreit gelacht werden. Immer wieder war auch ein begeistertes »Halleluja! Amen!« zu hören. Schwungvolles Lob Gottes und rhythmisches Klatschen. Der Schmerz des Verlustes und die Trauer wurden nicht geleugnet, aber über all dem wurde der Sieg des Lebens, die Auferstehung Jesu Christi gefeiert. Gedächtnisgottesdienst – für mich ein Mut machender Gottesdienst, ein Gottesdienst der Hoffnung und der Freude!

Gemeinden geben ein Vermächtnis weiter

Im Anschluss wurden zwei oder drei gelungene Projekte der gastgebenden Konferenz vorgestellt. In diesem Jahr war ein Projekt dabei, das weder attraktiv noch werbewirksam daherkam: Es war das Projekt »Legacy Churches«. Es ging um Gemeinden, die nach dem Ausloten aller Möglichkeiten erkannt haben, dass sie zu wenig Kraft für sich allein haben und sich deshalb mit Nachbargemeinden zusammenschließen. Für den damit verbundenen Trauerprozess wurde Begleitung angeboten, um sie zu »Legacy Churches« zu machen. Sie sollen Gemeinden sein, die anderen ein Vermächtnis hinterlassen, mit dem Neues gestaltet werden kann: Geld aus Hausverkäufen, das ausdrücklich für neue Gemeinden verwendet wird; einzelne Personen, die freigesetzt werden, um anderswo Neuaufbrüche zu unterstützen; Arbeitskraft von Pastorinnen und Pastoren, die an einer anderer Stelle eingesetzt werden und der Kirche mit ihren Gaben besser dienen können; Gebetsunterstützung für Menschen in der seitherigen Gemeinde und für Menschen in neuen Aufbrüchen. »Legacy Churches«, Vermächtniskirchen – für mich ein hoffnungsvolles Projekt! Mitten im Vergehen, den Keim für neuen Lebens entdecken. Mitten im Loslassen Hoffnung und Zukunft gewinnen.

Beitrag entnommen aus »unterwegs« 24/2017

Der Autor

Harald Rückert wurde im März 2017 bei der Zentralkonferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) zum Bischof für die EmK in Deutschland gewählt. Seinen Dienstsitz hat er in Frankfurt am Main. Kontakt: bischof(at)emk.de.