Vertrauen braucht gemeinsame Erfahrungen
Von Montag bis Donnerstag vergangener Woche (23. bis 26. Januar) kam die Kommission »Ein Weg in die Zukunft« zu ihrer konstituierenden Sitzung in Atlanta, im US-Bundesstaat Georgia zusammen. Die von der Generalkonferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) im Mai vergangenen Jahres beschlossene Kommission hat den Auftrag, angesichts strittiger theologischer Sichtweisen zur menschlichen Sexualität einen Lösungsansatz zu entwickeln, der dann der Generalkonferenz vorgelegt wird. Es geht dabei um Fragen zur Homosexualität, insbesondere die Ordination Homosexueller oder die Segnung homosexueller Lebensgemeinschaften und darum, ob diese Themen in einer weltweiten Kirche einheitlich zu beurteilen sind.
»Wir müssen erkennen, was in unseren Gemeinden, unserer Kirche und in der Welt geschieht«, betonte Ken Carter mit Blick auf die anstehende Aufgabe der Kommission. Der in den USA für die Florida-Konferenz zuständige Bischof ist einer von drei Moderatoren, die die Arbeit der Kommission leiten. Er warnte vor zu schnellen Schlussfolgerungen. »Manchmal«, so Carter, »sind wir zu schnell bei einer Bewertung. Lasst uns vorsichtig, überlegt und rücksichtsvoll sein und uns die nötige Zeit nehmen, um zu erkennen, was in unserer Kirche vor sich geht.« Neben Carter sind außerdem Sandra Steiner Ball, Bischöfin der West Virginia-Konferenz, und David Yemba, Bischof der afrikanischen Konferenz Zentral-Kongo mit der Moderation betraut.
Dawn Wiggins Hare, Generalsekretärin der internationalen Kommission über die Rolle der Frauen, und Erin Hawkins, Generalsekretärin der internationalen Kommission für Glaube und ethnische Vielfalt, befassten sich in ihren Vorträgen mit dem Schwerpunkt Geschlecht, ethnische Herkunft und Kultur. Mit einigen Grundsätzen für die Selbstwahrnehmung gaben sie den Mitgliedern der Kommission den Anstoß, Verhaltensregeln zu vereinbaren und eine Verpflichtung zur Zusammenarbeit einzugehen. Ein wesentlicher Teil des viertägigen Treffens wurde in Kleingruppen gestaltet und diente dem Ziel, Beziehungen aufzubauen und eine Basis für Vertrauen und Verständnis untereinander zu schaffen. Diesen Aspekt unterstrich Bischöfin Sandra Steiner Ball, indem sie die Bedeutung dieser konziliaren Arbeitsweise hervorhob, weil »wir uns auf die Dinge zusammen konzentrieren müssen«. »Wir sind hier, um Vertrauen und Gemeinschaft aufzubauen«, so Steiner Ball weiter. »Es gibt schlechterdings kein Vertrauen ohne gemeinsame Erfahrungen«, ergänzte Bischof Carter. »Wir erhoffen uns, in dieser Gruppe Vertrauen untereinander zu bilden.«
Die Kommission nähert sich ihrer Aufgabenstellung, indem sich die Mitglieder zunächst selbst als Lernende sehen. Dazu verhalf ihnen auch ein Vortrag von Gil Rendle, im Ruhestand lebender Vizepräsident der Texas Methodist Foundation, der die Moderatoren als Coach berät. »Wenn Sie ein System umbauen, müssen Sie vom Ziel her denken«, erklärte Rendle. »Sie müssen wissen, was Sie bewirken wollen, bevor Sie entscheiden, was Sie dafür investieren.« Um vorwärts zu kommen, müssten sich alle Beteiligten über die beabsichtigten Resultate im Klaren sein. Die Kommissionsmitglieder müssten sich der Schwierigkeit ihrer Aufgabe bewusst sein und erkennen, dass unterschiedliche Maßnahmen und Handlungsweisen erforderlich sein werden, um verschiedene Ergebnisse zu erzielen. Die Aufgabe der Kommission sei einzigartig, betonte Rendle, weil sie die Sichtweisen aller EmK-Regionen berücksichtigen müsste. »Aber es könnte einen Hoffnungsschimmer geben trotz der Schwierigkeit und Komplexität der Aufgabe.«
Eine weitere Lerneinheit drehte sich um die »Anatomie vom Frieden« des Arbinger Instituts, das Untersuchungen über das »Herzstück von Konfliktlösungen« macht. Dabei gehe es darum, »wie wir Teil einer positiven Veränderung sein können«, sagte Bischöfin Steiner Ball. Sie stellte die Frage, was nötig sei, um »Veränderungen zu befördern«. Das bestimmende Prinzip sei entweder ein »Herz im Krieg« oder ein »Herz im Frieden«. Ein Herz im Frieden sehe andere als Menschen, ein Herz im Krieg sehe andere als Gegenstände.
Erste Ergebnisse der Auftaktsitzung wurden in Lernziele und dafür nötige Informationen zusammengefasst, damit die Kommission auf die Umsetzung ihres Auftrags hinarbeiten kann. Außerdem hat sich die Kommission damit befasst, wie Stimmen aus verschiedensten Bereichen und Regionen der Kirche an der Diskussion beteiligt werden könnten. Es wurden sechs Arbeitsgruppen gebildet zur Beschäftigung mit den Erfahrungen anderer Konfessionen, zur Vorbereitung der außerordentlichen Generalkonferenz im Jahr 2019, zum Verstehen der Erfahrungen von LGBTQ-Personen, zum Verständnis der gegenwärtigen konfessionellen Situation, zur Erkundung wie die Zentralkonferenzen sich eine neue Form der Verbindung in der weltweiten EmK vorstellen sowie eine Arbeitsgruppe, die sich mit den Machtverhältnissen und der Dynamik innerhalb der Kommission selbst beschäftigt.
»Ich habe den Eindruck, dass der Geist des Treffens gut war«, sagte Bischof David Yemba. Es gebe nach seiner Beobachtung eine klar erkennbare Bereitschaft zur engagierten Mitarbeit und eine gute Zusammenarbeit innerhalb der Kleingruppen. Auch die Bischöfin der EmK aus Deutschland, Rosemarie Wenner, die eines der Kommissionsmitglieder ist, bestätigt das hohe Engagement aller Beteiligten. »Alle sind hoch motiviert, an einem anstrengenden und schwierigen Prozess mitzuwirken und nach Lösungen zu suchen, die dann hoffentlich der Kirche vermittelt werden können«, erklärte sie nach ihrer Rückkehr aus Atlanta. Das mache ihr ebenso Mut wie die Erfahrung, »dass wir eine geistliche Gemeinschaft sind und um die Gebete der Kirchenglieder in aller Welt wissen«.
Der Autor
Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.
Weiterführende Links
umc.org/wayforward (englisch)
Zur Information
Die Kommission »Ein Weg in die Zukunft« wurde bei der Generalkonferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche im Mai 2016 beschlossen. Grund dafür waren unlösbare Auseinandersetzungen über Fragen zur menschlichen Sexualität, insbesondere die Ordination Homosexueller oder die Segnung homosexueller Lebensgemeinschaften betreffend. Ziel ist, einen Weg aus der gegenwärtigen Sackgasse zu weisen, der die Fragen um die menschliche Sexualität und die daraus folgenden Konflikte um Einheit und Verbindlichkeit löst. Die Kommission besteht aus 32 Personen, unter ihnen aus Deutschland Bischöfin Rosemarie Wenner, und wird von drei Bischöfen geleitet: Sandra Steiner Ball, Bischöfin der West Virginia-Konferenz, Ken Carter, Bischof der Florida-Konferenz, und David Yemba, Bischof der afrikanischen Konferenz Zentral-Kongo.
Die nächste Sitzung der Kommission ist in Atlanta, im US-Bundesstaat Georgia, vom 27. Februar bis 2. März