Wort auf den Weg Von Matthias Kiemle  | 

Aus dem Erbe der Reformation können wir Kraft schöpfen

Bildnachweis: EmK »unterwegs«
Matthias Kiemle mit Gedanken zu einem Vers aus 2. Timotheus: »Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.« (2.Timotheus 1,7)
3 Minuten

Wahljahr 2017: Richtungsweisende Parlamentswahlen haben in den Niederlanden und in Frankreich stattgefunden, in Deutschland steht in wenigen Tagen die nächste Bundestagswahl an.

Kürzlich bin ich in eine Partei eingetreten. Für mich ist die Zeit gekommen, mich politisch mehr zu engagieren. Noch nie war die Demokratie und alles, was ich an ihr schätze, so in Gefahr wie heute. Und ich will mich nicht von späteren Generationen fragen lassen: Warum hast du dich nicht für Demokratie eingesetzt? Warum hast du nicht gekämpft?

Junge Menschen in Großbritannien haben sich nach dem Votum für den Brexit selbst angeklagt: Viele von ihnen hätten nicht an der Abstimmung teilgenommen. Das Leben in Europa sei für sie so selbstverständlich geworden. Sie seien gar nicht auf die Idee gekommen, dafür zu kämpfen und ihr Wahlrecht in Anspruch zu nehmen.

Heute versucht in Deutschland die »Neue Rechte«, die in Wirklichkeit die alte Rechte ist, wieder die Macht im Land zu übernehmen. Sie war nie weg, sie hat nach dem Zweiten Weltkrieg weiter ihre Ideen verbreitet – freilich, ohne in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Sie geht subtil vor, nutzt Krisen und Schwächen der Demokratie gnadenlos für ihre Zwecke. Sie zu entlarven ist anstrengend, aber lohnend. Sie ist der Hauptgegner, und ihre Protagonisten sammeln sich in der AfD. Als Christ will ich entschieden dagegen eintreten, dass eine Partei mit diesem Programm noch mehr politischen Einfluss in unserem Land gewinnt. Wer laut schreit, wird wahrgenommen. Doch niemand verbietet den christlichen Kirchen, ebenfalls laut zu sein und die christlichen Werte hoch zu halten. Wer Angst vor einer Islamisierung hat, sollte sich zuerst für die Christianisierung unseres Landes einsetzen.

Die Bundestagswahl 2017 wird wieder eine Richtungswahl. Die Debatte um die Gestaltung der Zukunft unseres Landes muss im Sinne der Meinungsfreiheit offen geführt werden. Beteiligen dürfen sich alle, die an einem Dialog interessiert sind.

Ängste überwinden

Angst vor Veränderungen, Angst vor dem Fremden und Unbekannten ist menschlich. Aber diese Ängste sind überwindbar. Christen müssen eigentlich überhaupt keine Angst vor Veränderungen haben. Schon gar nicht Angst vor dem »Untergang des Abendlandes «. Echte Sorge bereiten sollte Christen die hohe Zahl an Kirchenaustritten und spärlich gefüllte Kirchen.

2017 feiern wir 500 Jahre Reformation. Dieses Gedenkjahr gibt allen die Chance, sich wieder neu auf das reiche kulturelle Erbe unseres Landes zu besinnen, das von der Reformation maßgeblich geprägt wurde. Deutschland hat die dunklen Kapitel seiner jüngsten Vergangenheit in einem langen, schmerzlichen Prozess aufgearbeitet und Lehren daraus gezogen. Aus der Bewältigung vergangener Krisen erwächst die Zuversicht, dass unser Land auch jetzt die Herausforderungen der Zukunft meistern kann.

Martin Luther als Vorbild

Wer, wenn nicht Martin Luther, steht für Mut zu Veränderungen? Aus dem Erbe der Reformation können wir Kraft schöpfen. Eine wichtige Botschaft der Reformation lautet für mich, dass Gott uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben hat, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit (2.Timotheus 1,7). Ich bin sicher, wenn sich viele Menschen neu auf die christlichen Werte besinnen, die Europa über Jahrhunderte geprägt haben, wenn Christen sich wirklich von diesem Geist der Kraft, der Liebe und Besonnenheit leiten lassen, ist kein Platz für Angst vor Veränderungen, was auch immer die Zukunft bringen mag. Dieser Geist öffnet vielmehr den Blick für die Chancen. Dafür will ich werben, wenn es um die Bundestagswahl 2017 geht.

Diese Andacht erschien zuerst in »für heute«.

Entnommen aus: »unterwegs« 19/2017