Bischofswort Von Bischof Harald Rückert  | 

Die Vielfalt umarmen

Bischof Harald Rückert
Bischof Harald Rückert
Bildnachweis: Volker Kiemle, © EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Die Gemeinden unserer Kirche bilden oft nur einen kleinen Teil der Gesellschaft ab. Das dürfen wir ändern, sagt Bischof Harald Rückert in seinem Bischofswort. Dazu ist es wichtig, Vielfalt nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung zu sehen und sie willkommen zu heißen.
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Gemeinsam – Vielfalt – Einheit

Wenn es um das gemeinsame Leben in unserer Kirche geht, begegnet mir im englischen Sprachraum immer wieder eine Formulierung, die mich sehr anspricht: »To embrace diversity«. Vielfalt und Unterschiedlichkeit unter uns sollen »umarmt« und »herzlich begrüßt« werden, so die deutsche Übersetzung. Verschiedenheit unter uns – ein willkommener Gast, mehr noch: ein guter alter Freund! Ich denke, dass wir als Evangelisch-methodistische Kirche diese innere Haltung brauchen für unseren gemeinsamen Weg in die Zukunft:

Wir öffnen uns noch entschiedener für Menschen mit unterschiedlichen Frömmigkeitsstilen und geistlicher Prägung, Menschen unterschiedlichen Alters und entsprechend unterschiedlichen Bedürfnissen, Menschen aus unterschiedlichen Milieus und Kulturen. Willkommen Vielfalt!

Wir fördern noch nachdrücklicher vielfältige Ausdrucksformen für unseren Glauben: von der Orgelmusik und dem klassischen Kirchenchor, bis hin zu Bands, Combos und Lobpreisgruppen; vom neunjährigen Flötenkind, das im Gottesdienst das »Orgelvorspiel« übernimmt, weil es keine Organistin mehr gibt, bis hin zum mächtigen Posaunenchor. Wir brauchen klassische Gottesdienste, deren vertraute Abläufe vielen Menschen Heimat bieten, aber auch völlig neue Formate – liturgisch geprägt oder frei, sonntags um halbzehn oder am Samstagabend – und frische Ausdrucksformen von Kirche. Willkommen Vielfalt!

Wir suchen noch erwartungsvoller vielfältige Beziehungen zu Menschen, die zu uns gehören, aber auch zu Menschen, die sich erst behutsam für religiöse Fragen öffnen. Wir leben als Gemeinschaft von Glaubenden und Suchenden. Wir freuen uns über bewährte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber wir streben auch völlig neue Verbindungen an mit Menschen, die sich nicht als Kirchgänger bezeichnen würden, aber an einer bestimmten Stelle mit uns zusammen dieselbe Aufgabe wahrnehmen – etwa in der Asyl- oder Gemeinwesenarbeit. Willkommen Vielfalt!

Wir brauchen die Vielfalt in unserer Kirche, weil unsere Gesellschaft und die Menschen, mit denen wir zu tun haben, so vielfältig sind. Darin liegt für uns eine Zu-Mutung. Unsere Gemeinden bilden oft nur einen kleinen Ausschnitt unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit ab. Wir wissen, dass gelebte Vielfalt nicht nur flockig-bunt ist. Sie kann anstrengend und konfliktträchtig sein. Trotzdem! Wir sollen die Vielfalt umarmen, weil das eine Evangelium von Jesus Christus all diesen völlig verschiedenen Menschen mit ihren vielfältigen Lebensgeschichten und -entwürfen das Heil zusprechen und erfahrbar machen will. Wir brauchen große Vielfalt um unseres Auftrages willen!

entnommen aus »unterwegs« 16/2017