Beruf und Berufung Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Auch Umwege führen zum Ziel

Man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können: Wissbegierig und erwartungsvoll lauschten die Jugendlichen beim »NEXT-Berufungskongress« in Stuttgart den Lebens- und Berufsgeschichten von vier Personen.
Man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können: Wissbegierig und erwartungsvoll lauschten die Jugendlichen beim »NEXT-Berufungskongress« in Stuttgart den Lebens- und Berufsgeschichten von vier Personen.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Junge Leute suchen nach ihrer Lebensberufung. Das war Thema bei einem Jugendkongress in Stuttgart. Die Erfahrung dort ist wegweisend und entkrampfend.
4 Minuten

In Stuttgart trafen sich am vergangenen Wochenende, 8. bis 10. Februar, 34 junge Menschen. Unter der Frage, was Gott mit ihnen vorhat, suchten die 17- bis 26-Jährigen nach tragfähigen Antworten. Darauf hatte sich ein Team von sechs Personen aus der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter der Leitung des Nürnberger Superintendenten Markus Jung vorbereitet.

Wissbegierig und erwartungsvoll

Mit dem Titel »NEXT – Der Berufungskongress« ist der Akzent gesetzt, wie Markus Jung am Rande des Kongresses erklärt. Ihm ist es ein großes Anliegen, »dass Jugendliche ihren Weg finden, wie sie mit ihrem Glauben im Leben zurechtkommen«. Es gehe dabei nicht in erster Linie um die Gewinnung von hauptamtlichen Mitarbeitern für den pastoralen Dienst oder die Mission, sondern darum, wie es für die Jugendlichen »nach Schule und Ausbildung weitergehen kann«. Den jungen Leuten spüre man ab, »dass sie total wissbegierig sind und eine große Erwartungshaltung haben«.

Authentisch und ehrlich sein

Das bestätigt der Kongressbesuch am Samstagnachmittag. Der Referent für missionarische Jugendarbeit im Kinder- und Jugendwerk der EmK in der Süddeutschen Konferenz, Klaus Schmiegel, hat vier Personen auf dem Podium zu Gast. Eine Ärztin, eine Sprachkünstlerin, ein Polizist und ein Anästhesist stellen sich seinen Fragen. Es geht darum, wie sie ihren Beruf fanden und wie sie darin ihren Glauben leben. Von Ehrlichkeit und Verlässlichkeit erzählen sie. Von Vertrauen auf Gottes Gegenwart und dass manche Wege »ganz normal« waren und manchmal erst Umwege zum heutigen beruflichen oder ehrenamtlichen Engagement führten.
Der Polizist, Oliver Teufel aus Baiersbronn im Schwarzwald, erzählt, wie sein Glaube von den Kollegen wahrgenommen wird und er deshalb immer wieder zur Überbringung von Todesnachrichten an Angehörige zusammen mit Krisenseelsorgern gebeten wird. »Weil du doch glaubst«, wie es dann heißt. Gesine von Postel aus dem nördlich von Würzburg gelegenen Hammelburg, von Beruf eigentlich Ärztin, zur Zeit aber ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe tätig, ist als Christin für den interkulturellen und interreligiösen Kontakt mit den Flüchtlingen hochkompetent. Schnell wird sie als Ansprechpartnerin wahrgenommen. Grund dafür ist ihre Sensibilität für die Bedürfnisse der Menschen, die sich in einer völlig fremden Welt zurechtfinden müssen. Als Sprachkünstlerin erzählt Valerie Lill, wie sie zunächst Krankenschwester lernte und dann als Mutter von drei Kindern erst nach und nach ihre künstlerische Kreativität entwickelte und beruflich ausbaute. Sie wolle als Christin aber nicht »alle Fragen beantworten können«. Vielmehr, so Lill, gehe es ihr darum »in meinem Leben authentisch und ehrlich zu sein«. Wie auch Umwege zum Ziel führen könnten, machte Tilmann Gruhlke deutlich. Er hatte eigentlich Maschinenbau studieren wollen und wurde dann Arzt. Als Anästhesist hat er jetzt mit Maschinen zu tun, die bei Operationen die lebenserhaltenden Maßnahmen sichern. Er lädt die jungen Leute ein, die eigenen Stärken zu entdecken und selbstbewusst den Weg einzuschlagen »im Vertrauen darauf, dass Gott euch begleitet«. Umwege müssten nicht gefürchtet werden. Denn, so Gruhler, »auch Jona kam auf Umwegen dorthin, wo Gott ihn haben wollte«.

Entkrampfend und hilfreich

Die Atmosphäre ist von gespannter Aufmerksamkeit geprägt. Auf Blöcken und in Tagebüchern machen die Jugendlichen Notizen. Der freie Stuhl in der Interviewrunde wird mehrmals genutzt, um konkret nachzufragen und persönliche Fragen loszuwerden. Am Schluss der Nachmittagsveranstaltung bilden sich Gesprächsgrüppchen, in denen das Gehörte nachklingt, und persönliche Gespräche mit den Podiumsgästen bieten Gelegenheit, noch einmal konkreter nachzuhaken.
Für den 19-jährigen Jannik aus dem in der Schweiz gelegenen Uster im Züricher Oberland sind die Tage »spannend-intensiv«. Für seinen Weg in den Pastorendienst in der EmK in der Schweiz beschäftige ihn die Frage nach der Berufung sehr. Dafür sei das Wochenende hilfreich. Marcel ist achtzehn und kommt aus dem im Vogtland gelegenen Reichenbach. Er wisse zwar noch nicht, was er machen wolle, aber eines ist ihm klar: »Ich möchte etwas mit Gott machen, Gott mit auf meinen Weg nehmen«. Das Wochenende diene ihm dazu, »einen kleinen Schritt weiterzukommen«. Jana aus Wüstenrot ist von den gar nicht so geradlinigen Wegen der Podiumsteilnehmer angetan. Die 18-Jährige findet es spannend, »dass bei denen auch nicht von Anfang an klar war, was sie später mal machen, und dass es erst später zu einem Wendepunkt kam«. Als Schlüsselsatz zitiert der aus dem Schwarzwaldort Baiersbronn stammende Jonas einen bei der Podiumsdiskussion gefallenen Satz: »Rede niemals ungefragt über den Glauben, aber lebe so, dass man dich danach fragt«. Für seine Überlegungen, eventuell Polizist zu werden, sei das eine sehr entkrampfende und hilfreiche Wegweisung. Die im Team mitwirkende Kinder- und Jugendreferentin der EmK aus Zwickau, Esther Friedemann, ist von der aufmerksamen Gruppe der Jugendlichen sehr angetan. Es sei für sie »so spannend, mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu arbeiten, weil es eine Phase ist, wo ganz viele neue Sachen passieren«. Sie selbst habe es auch geliebt, »dass Menschen mich begleitet haben«. Das möchte sie gerne weitergeben. Die Resonanz der jungen Leute gibt ihr und den Veranstaltern Recht.

Der Autor
Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Zur Information
»NEXT – Der Berufungskongress« ist ein gemeinsames Angebot der Evangelisch-methodistischen Kirche für junge Leute in Deutschland, Österreich und der Schweiz, das in unregelmäßigen Abständen angeboten wird. Die Teilnahme ist offen für alle Menschen ab 16 Jahren, die in ihren beruflichen Wegen bewusst als Christen leben wollen. Bei Interesse an künftigen Veranstaltungen dieses Formats ist Superintendent Markus Jung der Ansprechpartner: markus.jung(at)emk.de.