Brexit Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Britische Kirchen bauen Brücken

Künftig wird bei Veranstaltungen der Europäischen Union eine Flagge weniger im Wind wehen.
Künftig wird bei Veranstaltungen der Europäischen Union eine Flagge weniger im Wind wehen: die des Vereinigten Königreichs. Vier britische Kirchen nehmen das Brexitdatum zum Anlass, »den Kirchen in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union« einen Offenen Brief zu schreiben. Darin betonen sie, dass der Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union »unser Engagement weder beeinträchtigen noch verhindern« werde.
Anlässlich des Brexits schreiben vier britische Kirchen einen Offenen Brief. Bischof Rückert dankt für den freundschaftlichen »Blick ›über den Kanal‹«.
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Heute um Mitternacht ist es Fakt: Das Vereinigte Königreich wird nicht mehr Mitglied der Europäischen Union sein. Aus diesem Anlass schickten vier Kirchen in Großbritannien »den Kirchen in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union« einen Offenen Brief. Harald Rückert, der für Deutschland zuständige Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche reagiert umgehend mit einem Antwortschreiben.

Die Verbindung bleibt bestehen

»Wir versichern euch, dass wir in herzlicher Freundschaft mit euch verbunden bleiben. Wir versichern euch, dass wir unseren Glauben, unsere Erfahrungen, unsere Sorgen und unsere Hoffnungen weiterhin mit euch teilen. Wir versichern euch, dass wir ein Ohr haben für eure Erfahrungen, eure Sorgen und euren Rat.« Weiter bringt Rückert in seinem Antwortschreiben seinen Dank dafür zum Ausdruck, dass die britischen Kirchen »in diesem einschneidenden Moment der Geschichte Europas den Blick ›über den Kanal‹ erheben«. Dabei versichert er »unseren Schwestern und Brüdern auf den britischen Inseln«, dass »die Verbindung zu Euch trotz sich verändernder politischer und wirtschaftlicher Gegebenheiten« bestehen bleibe. Das gelte besonders »für uns als Methodisten«, als »Nachkommen der methodistischen Erweckungsbewegung, deren Segensspuren von England direkt oder über den Umweg aus Amerika zu uns nach Deutschland führten«.

Gemeinsam an den Herausforderungen unserer Zeit arbeiten

Der Offene Brief von Kirchen in Großbritannien trägt den gemeinsamen Absender der britischen Baptisten und Methodisten sowie der Kirche von Schottland und der Vereinigten reformierten Kirche (United Reformed Church). Darin betonen die vier protestantischen Kirchen, dass Großbritannien zwar die Europäische Union verlasse, »aber wir verlassen nicht Europa«. Sie weisen darauf hin, dass ihre Kirchen »jahrhundertelang zur christlichen Tradition in Europa beigetragen« hätten und sie selbst davon bereichert worden seien. Die Kirchen in Großbritannien wären ohne die aus dem Römischen Reich kommenden Missionare und besonders die Missionstätigkeiten des Augustinus von Canterbury und des Columban von Iona nicht denkbar. Auch die Auswirkungen der Reformation in Deutschland, der Schweiz und der Niederlande auf die »Kirchen, Gesellschaften und Nationen unserer Inseln« seien »erheblich« und »bis heute noch zu spüren«.

Durch den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union werde die Verringerung der politischen Beziehungen »unser Engagement weder beeinträchtigen noch verhindern«. Sie versichern den Kirchen auf dem europäischen Festland, dass ihre Kirchen fortfahren werden, »die Werte, die wir mit euch teilen, wie Frieden und Schutz der Menschenrechte und Würde zu fördern«. Außerdem seien sie bereit, gemeinsam »an den großen Herausforderungen unserer Zeit zu arbeiten«. Dazu gehörten besonders die Reaktionen der »europäischen Nationen auf die erzwungene Migration und wie passen wir uns an und reagieren auf die Klimakrise«. In besonderer Weise danken sie für »Unterstützung und Interesse an unserer Situation in den vergangenen Jahren« und bitten die Geschwister der Festlandskirchen, »bei uns zu bleiben, während wir entdecken, was unsere Zukunft für uns bereithält und wie wir zusammenarbeiten können, um Hoffnung und Versöhnung für alle unsere Gemeinschaften zu ermöglichen, während wir versuchen, Jesus in unserem Alltagsleben zu folgen«.

Botschaft an die britischen Methodisten

Für den »Methodist Recorder«, die Kirchenzeitung der britischen Methodisten, hob Bischof Harald Rückert auf die »methodistische DNS« als »weltweite Gemeinschaft von Menschen in der Nachfolge Jesu Christi« ab. Auf Einladung der Chefredakteurin Moira Slight betont er in seinem Kurzkommentar, dass Methodisten »Connexional People« seien, also Menschen, denen die Verbundenheit in die Wiege gelegt sei. Die jetzige Situation anlässlich des Brexits sei daher eine Aufforderung, »noch enger zusammenzuhalten und noch bewusster zusammenzuarbeiten«. Deshalb lädt Rückert dazu ein, gemeinsam »ein alternatives Modell des Zusammenlebens über nationale und alle anderen Arten von Grenzen hinweg zu formen«. So könne John Wesleys missionarisches Verständnis »Die Welt ist meine Gemeinde« (The world is my parish) auch heute noch Wirkung entfalten.

Bildnachweis: pixabay, GDJ


Der Autor
Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Weiterführende Links
Offener Brief der Kirchen in Großbritannien (englische Fassung; PDF)
Offener Brief der Kirchen in Großbritannien (deutsche Fassung; PDF)
Antwort von Bischof Harald Rückert (deutsche Fassung; PDF)
Antwort von Bischof Harald Rückert (englische Fassung; PDF)