Ostdeutsche Konferenz tagt Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Lob des Bürgermeisters

Friedensforschung und biblische Impulse – Konflikte geben viel Stoff zum Nachdenken. Die Referenten: Professor Dr. Thorsten Bonacker (links) und Pastor Mitja Fritsch.
Friedensforschung und biblische Impulse – Konflikte geben viel Stoff zum Nachdenken. Die Referenten: Professor Dr. Thorsten Bonacker (links) und Pastor Mitja Fritsch.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Konfliktbewältigung – theoretisch und konkret. Der Freitag bei der Ostdeutschen Jährlichen Konferenz hatte es in sich.
5 Minuten

Der gestrige zweite Tag der Ostdeutschen Jährlichen Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) startete mit zwei Referaten zum Konferenzthema »Was dem Frieden dient… Konflikte wahrnehmen, verstehen, gestalten«. Im Rahmen der Geschäftssitzungen richtete sich Bischof Harald Rückert mit einer Botschaft an die Konferenzmitglieder. Am Abend wurde die Berufung des neuen Superintendenten für den Distrikt Zwickau ab 2019 bekanntgegeben.

Konflikte sind produktiv

Die Referate zum Konferenzthema hielten Thorsten Bonacker, Professor für Friedens- und Konfliktforschung an der Philipps-Universität in Marburg, und Mitja Fritsch, Pastor in der EmK-Gemeinde Reichenbach im Vogtland. Mit dem Satz »Demokratie lebt von Konflikten« sorgte der renommierte Marburger Friedensforscher im Laufe seines Vortrags für überraschte Gesichter. Bonacker war über die erschütternden Gewaltexzesse des Balkankriegs in den 1990er-Jahren zur Friedensforschung gekommen und stellte ausführlich die verschiedenen Formen von Konflikten dar. Dabei gebe es erkennbare und massive Gewalt, aber auch in eher unauffälliger, in Strukturen und Lebensverhältnissen vorkommender Form. Konflikte als solche seien jedoch nicht das Problem. Problematisch seien die Konflikte, in denen Gewalt eine Rolle spiele und verschiedene Parteien mit sehr unterschiedlichen Interessen beteiligt seien. Die Friedensforschung versuche hier Strategien zu entwickeln, wie Konflikte über den Dreischritt »Waffenstillstand – Friedensvertrag – Versöhnung« befriedet werden könnten. Ziel sei der »gerechte Friede«, bei dem es keine Gewaltanwendung gebe und Menschen ein Leben in Freiheit, Würde und eigenen Entscheidungsmöglichkeiten haben. Zu solchem Frieden gehörten auch kulturelle Vielfalt, unterschiedliche Lebensarten und der Abbau von Not, indem Menschen auf gerechtere Weise Zugang zu gesellschaftlichen Lebensmöglichkeiten und mehr Anteil an vorhandenen Gütern erhalten. Allerdings gebe es kein konfliktfreies Leben. »Konflikte sind normal«, betont Bonacker einmal mehr. In der modernen Wirtschaft und zumal in Demokratien seien Konflikte sogar produktiv.

Perspektivänderung

Im Ko-Referat wies Mitja Fritsch auf das Selbstverständnis des Menschen hin, der seine Ansprüche selbstbezogen formuliere und sich oft in einem unerbittlichen Kampf um Anerkennung, Erfolg und Macht wiederfinde. Dabei sei »Angst« maßgeblich für die Friedlosigkeit des Menschen. »Was ist dieser Angst entgegenzusetzen?« Nach Ansicht Fritschs ist es der umfassende »Schalom« Gottes, mit dem nicht nur Frieden, sondern Wohlergehen, Unversehrtheit, Heilung, Ruhe und Balance gemeint sei. Diesen Schalom zu erfassen könne etwas in Bewegung bringen. »Wenn der Mensch mit Gott seinen Frieden geschlossen hat, ist er auch in der Lage, in Frieden mit seiner Umwelt zu leben«, ist der Reichenbacher EmK-Pastor überzeugt. In beratender Begleitung laute eine Empfehlung an die Hilfesuchenden: »Ändern Sie die Perspektive!« So erklärte Fritsch einen der Ansatzpunkte zur Neuorientierung. Das könne auch für theologische Haltungen und Überzeugungen gelten. Ein Perspektivwechsel bestehe nach den Ausführungen Fritschs gerade auch darin, das Gespräch mit Gott aufzunehmen. Anhand der biblischen Erzählung von Kain und Abel stellte Fritsch die verblüffende Frage, wie anders die Geschichte wohl verlaufen wäre, »wenn Kain vorher das Gespräch mit Gott gesucht hätte«; eine nachdenkenswerte Frage.

Vom Rechthaben anderer

Im Wort des Bischofs an die Konferenz standen Vielfalt und Einheit der Kirche im Mittelpunkt. Harald Rückert warb um Mut zur Vielfalt in der EmK. Bei aller Verschiedenheit brauche es aber auch eine Einheit, die um das wisse, was wesentlich sei. Dabei bezog sich Rückert auf eine den Methodismus von Anfang an prägende Aussage: »Im Wesentlichen Einheit — im Strittigen Freiheit — über allem die Liebe«. John Wesley habe festgehalten, dass Menschen, die sich Methodisten nennen, sich nicht durch besondere theologische oder ethische Auffassungen auszeichneten. Es gehe nicht um bestimmte Glaubensstile oder Verhaltensweisen, hob Rückert für die Menschen in der EmK hervor. »Da darf es Verschiedenheit geben«, ist der Bischof überzeugt. »Was sie ausmacht, ist die Liebe Gottes, die in ihr Herz ausgegossen ist.« Dann könne die Einsicht wachsen, »dass vielleicht ja auch mein Gegenüber ein bisschen mehr Recht hat als ich«.

Konflikt in friedlicher Atmosphäre

In Verbindung mit seinem Wort an die Konferenz berichtete der Bischof auch von der Sitzung des EmK-Bischofsrates und den Vorbereitungen der im Februar nächsten Jahres tagenden außerordentlichen Generalkonferenz. Rückert stellte die drei Entwürfe ausführlich vor, die der Bischofsrat den Delegierten der Generalkonferenz zur Diskussion und Entscheidungsfindung vorlegen wird. Dabei geht es um die Frage, wie die weltweit verfasste Evangelisch-methodistische Kirche eine Lösung in den strittigen Fragen zur menschlichen Sexualität finden wird. In den drei alternativen Entwürfen geht es um eine Bestätigung und verschärfte Anwendung der aktuell gültigen Kirchenordnung (Tradionalist Plan), die Bewahrung der Einheit der Kirche trotz großer Vielfalt (One Church Plan) sowie um eine völlig neue weltweite Struktur in unterschiedlichen Konferenzen-Verbünden, die sich an unterschiedlichen theologischen Grundhaltungen orientieren (Connectional Conference Plan). Rückert warb eindringlich für die Bewahrung der Einheit der Kirche. In Kleingruppen und in einer beeindruckenden Aussprache im Plenum beteiligten sich viele Mitglieder der Konferenz am Gespräch über die brisante Herausforderung, in der sich die EmK in dieser Frage befindet. Referat und Ko-Referat des Vormittags waren noch sehr im Theoretischen geblieben. Jetzt waren die Konferenzmitglieder mit der Empfehlung des Bischofsrats konfrontiert und damit in einem konkreten Konflikt. »Bist du bereit mit mir in einer Kirche zu sein, auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind?«, fragte Daniel Eibisch in der offenen Aussprache und brachte damit konkret auf den Punkt, was der Konflikt zu dieser Frage bedeutet. In allen Beiträgen ist die Bereitschaft erkennbar, um diese Frage sensibel und mit gegenseitiger Achtung zu ringen und im Gespräch zu bleiben. »Es musste sein, dass wir darüber reden«, fasste Bischof Rückert die Aussprache zusammen und betonte: »Es geht nicht um ›ein Thema‹, es geht um Menschen! Das muss im Blick bleiben.«

Zum Wohl der Stadt Konflikte lösen

Direkt im Anschluss an die Aussprache sprach Ingo Seifert, der Schneeberger Bürgermeister, ein erfrischendes Grußwort. Anknüpfend am »Friedensthema« der Konferenz zollte er äußerste Anerkennung für die zuvor miterlebte Aussprache. Auch er als Bürgermeister habe in seinem Amt zum Wohl der Stadt und der darin wohnenden Menschen viele Konflikte einer Lösung zuzuführen. »Was ich hier heute erlebte, hilft mir in meiner Arbeit«, erklärte er. Gleichzeitig ermutigte er die Konferenzmitglieder, ihren Beitrag und ihre Überzeugung in ihrer jeweiligen Umgebung einzubringen. »Sie helfen mit ihrer Arbeit auch der Gesellschaft, in der sie leben«, rief er den Konferenzmitgliedern zu.

Neuer Superintendent für den Distrikt Zwickau

Werner Philipp ist der neue Superintendent für den Distrikt Zwickau. Die Berufung des in der Emmaus-Gemeinde in Dresden tätigen Pastors gab Bischof Rückert in der Abendsitzung der Konferenz bekannt. Philipp wird im Sommer nächsten Jahres die Aufgabe des Superintendenten von Stephan Ringeis übernehmen, der dann nach zehn Jahren die maximale Amtszeit eines Superintendenten erreicht hat.

Der Autor

Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Zur Information

Die Ostdeutsche Konferenz umfasst 120 Gemeinden in 56 Bezirken mit rund 12.800 Kirchengliedern und Kirchenangehörigen in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.