Gottes Initiative für die Welt Von Bischof Harald Rückert  | 

Nicht das Tonband vom Vorjahr

»Unsere Welt im Schatten ihrer selbst angezündeten, gleißenden und doch oft kalten Lichter wird auf Jesus Christus verwiesen, das Licht der Welt.« – Bischof Harald Rückert in seinen Gedanken zu Weihnachten.
»Unsere Welt im Schatten ihrer selbst angezündeten, gleißenden und doch oft kalten Lichter wird auf Jesus Christus verwiesen, das Licht der Welt.« – Bischof Harald Rückert in seinen Gedanken zu Weihnachten.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Im EmK-Magazin »unterwegs« schreibt Bischof Rückert über Weihnachten. Es ist kein Rückzug in die eigenen vier Wände, sondern Gottes Ansprache an die Welt.
2 Minuten

Seit 1970 hält der Bundespräsident die Weihnachtsansprache an die Bürgerinnen und Bürger. Die Neujahrsansprache kommt der Kanzlerin zu. Bis zum Jahr 1969 war die Aufteilung umgekehrt. Um diesen Ansprachen den gebührenden Platz einzuräumen, werden die Nachrichtensendungen gekürzt. Worte werden gewählt, die nachdenklich machen und die Stimmung treffen wollen. Der Ruf zur Mitmenschlichkeit erschallt, zum Frieden in der Familie und in der Welt, zum freundlichen Umgang mit Fremden, Schwachen, Kranken und den Älteren in unserer Gesellschaft. Die Ansprache lädt alle Bürgerinnen und Bürger zum Innehalten ein.

Arme, Unterdrückte und Rechtlose sollen hören

Lange vor den heutigen Reden hat Gott gesprochen. Seine »Ansprache« gilt der Welt – unserer Welt in ihrem Widerspruch. Unsere Welt im Schatten ihrer selbst angezündeten, gleißenden und doch oft kalten Lichter wird auf Jesus Christus verwiesen, das Licht der Welt. Gott spricht unsere friedlose Welt an: »Friede auf Erden!«. Arme, Unterdrückte und Rechtlose sollen hören: »Die Hungrigen füllt er mit Gütern, die Niedrigen erhebt und die Unterdrückten befreit er« (Lukas 1,52f.). Das ist eine Ansprache, die konkret wird und sich nicht in schönen Worten erschöpft. Diese Weihnachtsansprache macht so schnell keiner nach – da gibt es auch nicht die Gefahr, dass einer versehentlich das Tonband vom Vorjahr einlegt.

Gott ergreift die Initiative

Ansprache und Anspruch gehören zusammen. Weihnachten heißt eben auch, dass Gott nach wie vor einen Anspruch erhebt auf unsere Welt. Er hat sie nicht sich selbst überlassen, auch wenn es manchmal so scheint. Er ist mit ihr noch nicht am Ende, auch wenn manche weltflüchtigen Christen und selbsternannten Schwarzseher diesen Eindruck erwecken. An Weihnachten, unserem Fest des Rückzugs in die eigenen vier Wände, ergreift Gott die Initiative. Er investiert in uns, seine Geschöpfe, und in seine Schöpfung. Sein eigener Sohn kommt zur Welt.

Jesus wird zur Umkehr aufrufen, weg von den schönen Ansprachen, weg vom Anspruchsdenken hin zum Anspruch des Reiches Gottes. Seine Predigten sind eben nicht nur Zuspruch und Trost, sondern immer auch Anspruch und Herausforderung: »Kehrt um und glaubt an das Evangelium!« (Markus 1,15) Doch wer sich dem Anspruch Jesu stellt, gerät dadurch nicht unter Druck, sondern wird vielmehr frei von den Ansprüchen der selbsternannten und selbstgemachten Herren der Welt.

Weihnachten – Gottes Ansprache und Gottes Anspruch an uns. Wie sieht auf diesem Hintergrund ein ansprechendes Weihnachtsfest für uns aus? Darüber nachzudenken und miteinander in der Familie zu reden, wird lohnend sein. Gesegnete Weihnachten!

Dieser Artikel ist dem EmK-Magazin »unterwegs« 26/2019 vom 22. Dezember 2019 entnommen.

Der Autor
Harald Rückert ist als Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche für Deutschland zuständig. Der Dienstsitz ist in Frankfurt am Main. Kontakt über: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.