Methodistische Geschichte Von Reinhold Parrinello  | 

George Whitefield: Prediger mit großem Zulauf

George Whitefields Geburtshaus »Bell Inn« in Gloucester (links) und Portrait George Whitefields aus seinem Todesjahr (1770, Öl auf Leinwand von John Russell)
George Whitefields Geburtshaus »Bell Inn« in Gloucester (links) und Portrait George Whitefields aus seinem Todesjahr (1770, Öl auf Leinwand von John Russell)
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Schon mit 21 Jahren begann George Whitefield, der Begründer des calvinistischen Methodismus, zu predigen. Ein Lebensbild zu seinem 250. Todestag.
4 Minuten

Zehntausende Zuhörer liefen manchmal zusammen, um George Whitefield predigen zu hören. Sie reagierten oft sehr emotional. Viele von ihnen änderten ihr Leben. Gebäude waren oft zu klein für die Menschenmassen, die den talentierten Prediger hören wollten. Er betätigte sich auch sozial und politisch. Wer war dieser Mann?

Die Anfänge

George Whitefield, ausgesprochen wie Whitfield, wird – nach unserem jetzigen Kalender – am 27. Dezember 1714 im westenglischen Gloucester in der elterlichen Herberge »Bell Inn« geboren. George spielt leidenschaftlich gerne Theater an seiner Schule. So lernt er, vor Zuhörern zu reden und sich vor Publikum zu bewegen. Er nimmt in Oxford ein Theologiestudium auf und schließt sich dort dem »Heiligen Club« der sogenannten Methodisten an. 1735 erlebt er nach Askese und Krankheit eine Bekehrung.

Im Juni 1736 hält Whitefield in Gloucester seine erste öffentliche Predigt, die einige Zuhörer stark beeindruckt. Er setzt sein Theologiestudium fort und übernimmt die Leitung der Methodisten in Oxford. 1738 verbringt Whitefield einige Monate in Georgia. Anfang 1739 wird Whitefield zum Pfarrer der Kirche von England ordiniert. Zweieinhalb Jahre später heiratet er eine Witwe. Mit ihr hat er einen Sohn, der aber bald stirbt.

Brüderliche Liebe trotz theologischem Zwist

Whitefield entwickelt sich theologisch in eine etwas andere Richtung als die Brüder John und Charles Wesley: Er nimmt die Prädestinationslehre Calvins an, nach der Gott von Anfang an vorherbestimmt hat, welcher Mensch zum Heil berufen ist, welcher nicht. Die Wesleybrüder verkündigen hingegen die arminianische Lehre, dass Gottes Gnade allen Menschen gilt. Der Mensch habe einen freien Willen und könne sich entscheiden. Darüber hinaus stößt sich Whitefield an der wesleyanischen Lehre, dass der Mensch christliche Vollkommenheit anstreben soll und diese – so John Wesley damals – auch erreichen könne.

Über diese theologischen Unterschiede gibt es immer wieder Streit zwischen Whitefield und den Wesleys, der auch öffentlich durch Predigten und Schriften geführt wird. Trotzdem bleiben sie persönlich verbunden. Whitefield schlichtet sogar ernsthafte Konflikte zwischen John und Charles Wesley.

Evangelist in Großbritannien

George Whitefield reist in England, Schottland und Wales landauf, landab und predigt oft mehrmals am Tag. Im schottischen Cambuslang nahe Glasgow lösen seine Predigten und die des ortsansässigen Pfarrers während eines tagelangen Aufenthalts im Juli 1742 eine Erweckung aus. In London lässt er zwei Kirchen mit jeweils mehreren tausend Plätzen bauen, in denen er Gottesdienste hält.

In Wales gibt es eine Erweckung. Sie wird ausgelöst durch Predigten von George Whitefield und dem gleichaltrigen Howell Harris (1714-1773). Ihn setzt Whitefield als Superintendent des calvinistischen Methodismus in Wales ein.

Selina Gräfin von Huntingdon macht Whitefield zu ihrem Vertrauten und Hauskaplan. Sie gründet die Verbindung der Gräfin Huntingdon, eine kleine calvinistisch-methodistische Kirche, die heute noch existiert. Whitefield kommt im Haus der Gräfin auch mit anderen Adligen zusammen, so mit den späteren britischen Premierministern William Pitt und Frederick North.

Amerika

Whitefield hält sich einige Male in Amerika auf und bereist die Ostküste von Georgia bis nach Neuengland. Dort beeindruckt er auch den berühmten und theologisch einflussreichen Evangelisten Jonathan Edwards (1703-1758). George Whitefield und Jonathan Edwards sind vielleicht die beiden bekanntesten und wichtigsten Namen der Ersten Großen Erweckung in Amerika in den 1730er- und 1740er-Jahren. Wo Whitefield predigt, stößt er auf große Resonanz. Den meisten Zulauf erhält er um 1740. Da ist der Evangelist etwa 25 Jahre alt. Er erntet aber auch viel Kritik, besonders wegen der Gefühlsausbrüche seiner Zuhörer.

Benjamin Franklin (1706-1790), der Verleger Whitefields in Amerika, bestimmt durch Experiment und Berechnung, dass Whitefield in Philadelphia, Pennsylvania, von etwa 30.000 Menschen gehört werden kann. Whitefield und Franklin unterhalten eine lebenslange Freundschaft. Doch Franklin lässt sich nicht überzeugen, die Wiedergeburt genauso zu studieren wie die Elektrizität.

Soziales und politisches Engagement

1740 gründet Whitefield nahe Savannah, Georgia, ein Waisenhaus, das er »Bethesda« (Haus der Barmherzigkeit) nennt. Es wird bald Georgias größtes Unternehmen, denn in Georgia arbeiten sonst fast nur Handwerker und Kleinbauern. Sklaverei ist verboten in Georgia. Aber Whitefield meint, dass sein Waisenhaus nur mit Sklaven kostendeckend bewirtschaftet werden könne. So fordert er von den Verwaltern Georgias immer wieder, dass sie Sklaverei erlauben. Er gehört aber auch zu den ersten Evangelisten, die zu Sklaven predigen. Bis die Sklaverei in Georgia erlaubt ist, unterhält Whitefield in South Carolina eine Plantage, auf der Sklaven arbeiten. Deren Gewinn steckt er in das Waisenhaus. In der Sklavenfrage handelt Whitefield im Gegensatz zur Haltung der Wesleybrüder, die jegliche Sklaverei strikt ablehnen.

Whitefield unterstützt im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) durch Predigten die britisch-protestantische Position. Er fürchtet, dass der protestantische König Großbritanniens, George II., von den katholischen Franzosen vom Thron gestoßen werden könnte. So preist er in Predigten im Spätherbst und Winter 1757 den Sieg des Preußenkönigs Friedrich des Großen in der Schlacht bei Roßbach über die Franzosen und Österreicher. Als er sich im irischen Dublin ebenso deutlich für die protestantische Sache einsetzt, fliegen Steine. Er kommt nur glimpflich davon, weil er einen dicken Hut trägt und sich in ein nahes Pfarrhaus flüchten kann.

Tod und Nachwirkungen

George Whitefield, seit Jahren kränklich und sich nicht schonend, stirbt am 30. September 1770 überraschend auf einer Predigtreise im amerikanischen Newburyport, Massachusetts im Alter von 55 Jahren. John Wesley hält in beiden Londoner Kirchen Whitefields die Predigt »Aus Anlass des Todes von George Whitefield«, Wesleys Lehrpredigt 53.

In Wales gehören die calvinistischen Methodisten inzwischen zur Presbyterianischen Kirche von Wales, auch bekannt unter dem Namen Calvinistisch-methodistische Kirche. In Philadelphia, Pennsylvania, stößt Thomas Webb, ein wesleyanischer Methodist, 1767 auf eine von Whitefield erweckte Gruppe. Aus ihr erwächst die St.-George‘s-Gemeinde, eine der ältesten Gemeinden der Evangelisch-methodistischen Kirche.

Der Autor
Reinhold Parrinello ist ehrenamtlicher Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland. Er lebt in Nürnberg. Kontakt: reinhold.parrinello(at)emk.de.

Weiterführende Links
The Presbyterian Church of Wales (Englisch)
The Countess of Huntingdon’s Connexion (Englisch)
St. George‘s in Philadelphia (Englisch)