Pandemie und Sexualethik Von Urs Schweizer  | 

Wie geht es nach der Pandemie weiter?

Die Evangelisch-methodistische Kirche in Mittel- und Südeuropa diskutiert Auswirkungen der Corona-Pandemie und anstehende Entscheidungen in sexualethischen Fragen.
Die Evangelisch-methodistische Kirche in Mittel- und Südeuropa diskutiert Auswirkungen der Corona-Pandemie und anstehende Entscheidungen in sexualethischen Fragen. Im Bild die Videokonferenz der Mitglieder des Exekutivkomitees der Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa.
Bildnachweis: EmK ZK MSE
Was eint und welcher Auftrag kann gemeinsam besser gelebt werden als getrennt? Die EmK in Mittel- und Südeuropa diskutiert herausfordernde Fragen.
3 Minuten

In der vergangenen Woche fanden vom 11. bis 13. März verschiedene Treffen von Verantwortlichen der Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) statt. Der von Bischof Patrick Streiff geleitete Bischofssprengel ist von den Auswirkungen der aktuellen Pandemie betroffen. Auch die anstehenden Entscheidungen zu sexualethischen Fragen stellen die vielfältigen Beziehungen innerhalb der geografisch ausgedehnten Zentralkonferenz auf den Prüfstand. Die noch immer einschneidenden Reisebeschränkungen erforderten die Durchführung der Treffen mittels Videokonferenzen.

Gewonnene Zeit nutzen

Hauptgrund für die digitalen Treffen war die gesamtkirchliche Situation mit der zunächst auf Sommer dieses Jahres verschobenen Generalkonferenz. Kurz vor dem Treffen wurde bekannt, dass eine erneute pandemiebedingte Verschiebung der Generalkonferenz auf Sommer nächsten Jahres eintreten wird. Deshalb wurde nun auch die Tagung der Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa auf den November des kommenden Jahres verschoben. Dann soll auch die Wahl einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers von Bischof Patrick Streiff stattfinden. Der Nominationsprozess im Blick auf diese Wahl soll im kommenden Jahr während der ordentlichen Tagungen der zur Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa gehörigen Jährlichen Konferenzen erfolgen.

Gesprächen über eine mögliche Trennung der EmK aufgrund der unterschiedlichen Haltung im Blick auf sexualethische Fragen und insbesondere der Definition der »Ehe« wurde viel Raum gewährt. Auch die Bischöfe Christian Alsted (Nordeuropa/Baltikum), Eduard Khegay (Eurasien) und Harald Rückert (Deutschland) waren zeitweise zugeschaltet, um von ihrer Situation zu berichten. Letzterer insbesondere mit Blick auf den herausfordernden Prozess des Runden Tischs und dessen Ergebnisse in der Zentralkonferenz Deutschland.

In den Gesprächen unter den Mitgliedern des Exekutivkomitees von Mittel- und Südeuropa, vergleichbar dem Kirchenvorstand der Zentralkonferenz Deutschland, zeigte sich erneut, dass in manchen Ländern die Überzeugungen im Blick auf Homosexualität und Ehe unzweideutig traditionell bleiben werden. Andererseits wurde auch klar, dass die Zukunft der EmK in der Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa nicht auf dem Fundament eines Positionsbezugs in einer einzelnen strittigen Frage gebaut werden kann, sondern dass es ein Gespräch braucht über die Erneuerung der gegenseitigen Verpflichtung und die Formulierung einer gemeinsamen Vision für die EmK in Mittel- und Südeuropa und in Europa als Ganzes.

Deshalb wurde mehrheitlich die Bildung einer entsprechenden Gesprächsgruppe befürwortet, die die durch die Terminverschiebungen »gewonnene« Zeit nutzen soll, um im Blick auf das gemeinsame Kirche-Sein insbesondere darüber nachzudenken, was uns eint, welchen Auftrag wir gemeinsam viel besser als getrennt leben können, und wie wir respektvoll mit bleibenden Unterschieden umgehen wollen.

Hoffnung leben in Pandemiezeiten

Wie schwierig die aktuelle Situation im Blick auf das Coronavirus angesichts einer beginnenden dritten Welle vielerorts ist, machten die Berichte aus den verschiedenen Ländern deutlich. Anhaltend hohe Krankheitszahlen und Todesfälle wurden erwähnt. Da und dort steht das Gesundheitswesen kurz vor dem Zusammenbruch und Ausgangssperren prägen den Alltag. Es gibt zwar auch im östlichen Mitteleuropa Gebiete, in denen sich die Situation teilweise entspannt hatte, beispielsweise in Bulgarien oder Rumänien. Wilfried Nausner, der für Albanien zuständige Superintendent, sagte aber auch: »Covid-19 ist einfach eine weitere lebensbedrohliche Angelegenheit.«

In vielen europäischen Ländern durfte die EmK grundsätzlich ihre Gottesdienste während der meisten Zeit durchführen. Allerdings haben Ausgangssperren, Vorschriften zum Abstandhalten sowie die Beschränkung der Personenzahl da und dort dazu geführt, dass die EmK ihren Fokus auf Online-Angebote ausrichtet. Zum Beispiel hat in Tschechien aktuell die EmK aufgrund des Kollapses des Gesundheitssystems ihre kirchlichen Veranstaltungen gleich landesweit für zwei Wochen ausgesetzt. An vielen Orten Mittel- und Südeuropas sind alternative Formen des Feierns von Gottesdiensten und der Stärkung der Verbundenheit gefunden worden. Die Verantwortlichen versuchen mit großem Engagement, Hoffnung zu leben und in den Herzen der Menschen zu wecken. Einerseits werden dank dieser Online-Präsenz viele Menschen auch über den Kreis der EmK hinaus erreicht. Andererseits ist da und dort auch die Frage nach einem Bedeutungsverlust der Kirche in dieser Zeit zu hören – und danach, wie kirchliches Leben nach Corona wohl aussehen könne.

Der Autor
Urs Schweizer arbeitet in Zürich als Assistent von Dr. Patrick Streiff, der als Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche für die Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa zuständig ist. Kontakt über: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Weiterführende Links
Website der Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa

Zur Information
Zentralkonferenz
Die außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika befindlichen Gebiete der Evangelisch-methodistischen Kirche sind in Zentralkonferenzen organisiert. In Europa sind dies die Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa (mit Nordafrika), die Zentralkonferenz Nordeuropa und Eurasien sowie die Zentralkonferenz Deutschland. Die Tagungen der Zentralkonferenzen finden alle vier Jahre jeweils nach der Generalkonferenz statt. Sie sind das für die jeweilige Region zuständige Gremium, um formale, finanzielle und die Ordnung der Kirche betreffende Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus werden in der Zentralkonferenz die für diese Region verantwortlichen Bischöfe oder Bischöfinnen gewählt oder deren Amtszeit verlängert.