Im Alter von 96 Jahren Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Wegbereiter von »Wort und Weg« gestorben

»Mister Wort-und-Weg« ist tot. Im Alter von 96 Jahren verstarb am zurückliegenden Mittwoch Pastor i. R. Herbert Seeger.
»Mister Wort-und-Weg« ist tot. Im Alter von 96 Jahren verstarb am zurückliegenden Mittwoch Pastor i. R. Herbert Seeger.
Bildnachweis: privat; Grafik: Ralf Würtz
Herbert Seeger, der die Kirchenzeitung der 1968 vereinigten Evangelisch-methodistischen Kirche entwickelte, verstarb am vergangenen Mittwoch.
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Am vergangenen Mittwoch, 24. Januar, verstarb Herbert Seeger. Während seiner Zeit als Pastor der Methodistenkirche und der dann vereinigten Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) war er unter anderem achtzehn Jahre lang Schriftleiter der kirchlichen Sonntagszeitung »Wort und Weg«.

Beschwerlicher Start in den Predigtdienst

Herbert Seeger wurde 1927 im rumänischen Braila geboren. Nach dem Umzug der Familie wuchs er in Cottbus auf und absolvierte dort seine Schulzeit. Wegen seiner Tätigkeit als Luftwaffenhelfer und beim Arbeitsdienst kam er zum Ende des zweiten Weltkriegs in französische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Rückkehr ins heimatliche Cottbus machte er eine Ausbildung als Maurer. In dieser Zeit erfuhr er im Silvestergottesdienst des Jahres 1947 seine Berufung in den hauptamtlichen Dienst als Pastor.

Der Weg in den hauptamtlichen Dienst erwies sich allerdings schwieriger als erwartet. Die Probepredigt, mit sieben Minuten Dauer viel zu kurz, bestand er nicht. Mit der Aussage, »Wir brauchen keine Pastoren! Du kannst ja auch als Handwerker predigen!«, lehnte ihn der damalige Superintendent kurzerhand ab. Über das Diakoniewerk Bethanien in Berlin-Steglitz fand er 1948 dann doch noch eine Anstellung als Gemeindehelfer. Nach drei Monaten erhielt er eine Empfehlung als Gehilfe und weitere sechs Monate später als Predigtamtskandidat die nötige Empfehlung zum Studium.

Treue im Kleinen prädestiniert für eine große Aufgabe

Nach dem dreijährigen Studium am methodistischen Predigerseminar in Frankfurt am Main von 1949 bis 1952 erhielt er Dienstzuweisungen an die Gemeinden in Berlin-Schöneberg und Spandau. Entgegen den damals üblichen Gepflogenheiten durfte er damals noch vor der Ordination Dora-Maria heiraten, eine Theologin und Gemeindehelferin. Die dann für Spandau ausgesprochene Dienstzuweisung verwies ihn darüber hinaus verstärkt ins mecklenburgische Schwerin.

Die auf kirchliche Aufforderung zu beantragende Einbürgerung in die DDR kam nicht zustande, weil die Unterlagen auf unerklärliche Weise verschwanden. So kam er zurück nach Berlin-Steglitz, wo 1954 und 1957 zwei Kinder geboren wurden. Weitere Stationen waren ab 1958 Berlin-Kreuzberg mit dem Auftrag, ein Gemeindezentrum zu bauen, und ab 1965 Berlin-Spandau.

Bereits 1954 erhielt der erst am Dienstbeginn stehende Gemeindepastor vom damaligen Bischof Friedrich Wunderlich die nebenamtliche Schriftleitung für die Mitarbeiterzeitschrift »Dienst am Kinde« anvertraut. Mit dieser für den gesamten Bereich der Vereinigung Evangelischer Freikirchen aufgelegten Arbeitshilfe begann Seegers prägende Schreibtätigkeit, die ihn im gesamten deutschen Methodismus bekannt machte.

Für die sich 1968 zur Evangelisch-methodistischen Kirche vereinigenden Vorgängerkirchen Evangelische Gemeinschaft und Methodistenkirche bekam dieser »Vorlauf« in Deutschland eine unbeabsichtigte Bedeutung. Seine Schreibgewandtheit, sein Einfühlungsvermögen und sein in der Redaktion der freikirchlichen Mitarbeiterzeitung gezeigtes Fingerspitzengefühl ließen ihn geradezu prädestiniert sein für eine große Aufgabe der anstehenden Kirchenvereinigung.

Aus den beiden Vorgänger-»Blättern«, dem »Botschafter« der Evangelischen Gemeinschaft sowie dem »Evangelist« aus der Methodistenkirche, sollte eine neue Zeitschrift werden. Es war eine große Aufgabe, für die sich vereinigenden Kirchen eine regelmäßige, verbindende und die Gemeinschaft prägende Veröffentlichung zu entwickeln und herauszugeben. Die Wahl fiel auf den damals 40-jährigen Herbert Seeger.

Eine Zeitschrift soll Weg-Weisung sein

Bereits im Oktober 1967 fing Seeger mit dieser neuen Beauftragung an. Schon mit der Namensgebung der neuen Zeitschrift setzte der angehende Schriftleiter ein starkes Zeichen: »Wort und Weg«. Der Name sei programmatisch gewesen, erklärte Seeger beim 50-jährigen Rückblick im Jahr 2018. Gottes Wort sollte seine Gültigkeit für die neue vereinigte Kirche haben. Dieses Wort weise den Weg, »den wir als Christen zu gehen haben.« Die erste Ausgabe erschien schon am 7. Januar 1968, fünf Monate vor der Kirchenvereinigung. Wie prägend Seegers Formulierung des Zeitschriftentitels war, zeigte sich später an der nur sanften Weiterentwicklung nach der politischen Wiedervereinigung Deutschlands. Die etwas später erfolgende Vereinigung der beiden Zentralkonferenzen in Deutschland Ost und West schlug sich auch im Titel der Kirchenzeitung nieder. Von 1996 an hieß sie »unterwegs«.

Mit der neuen Aufgabe war der Umzug von Berlin nach Stuttgart verbunden. In der Druckerei des im Stuttgarter Westen angesiedelten Christlichen Verlagshauses war die Produktion der neuen Zeitschrift vorgesehen. Wöchentlich musste nun eine Wort-und-Weg-Ausgabe in Gemeinden gelangen. Bei einem dreiwöchigen Vorlauf von der Manuskriptabgabe bis zum Auslieferungstermin und ohne die heutigen Kommunikationsmittel oder Herstellungsmöglichkeiten war das eine unvorstellbar diszipliniert getaktete Aufgabe. Seine Frau unterstützte ihn dabei tatkräftig: Sie las mit ihm Samstag für Samstag Korrektur.

Die Arbeit des quasi zum »Mister Wort-und-Weg« gewordenen Pastors wurde über Jahre hinweg prägend und verbindend für den deutschen Teil der vereinigten Kirche, die anfänglich geradezu ihre gemeinsamen Wege der Herkunft und Zukunft entdecken musste. Seegers zurückhaltendes, liebevolles und gleichzeitig theologisch und geistlich fundiertes Auftreten waren in der »Handschrift« der Zeitung und in seinen Artikeln erkennbar. Das kam an, war stilbildend und für den Weg der vereinigten Kirche bedeutsam. Zusammen mit dem damals ebenfalls neuen Gesangbuch waren beide Veröffentlichungen das »einigende Band zwischen beiden Kirchen«, beschreibt Seeger im Rückblick die Wirkung dieser beiden großen, Gestalt gewordenen Vereinigungsaufgaben.

Zum Schluss noch einmal »eine Runde Gemeindedienst«

Nach achtzehn Jahren äußerte Seeger den Wunsch, noch einmal als Pastor in einer Gemeinde zu wirken. Von 1985 an war er daraufhin für sieben Jahre in der Gemeinde in Stuttgart-Zuffenhausen als Seelsorger tätig. Seinen Ruhestand verbrachte er in Kornwestheim mit seiner Frau Dora-Maria, die im Jahr 2015 verstarb. Von da an musste er den Weg allein weitergehen.

Nach einer Krankheit im Oktober vergangenen Jahres und anschließender Kurzzeitpflege verbrachte er seine letzte Wegstrecke im Stuttgarter Seniorenzentrum Martha-Maria. Mitte Januar ereilte ihn eine Lungenentzündung, an der er nach einer Woche im Krankenhaus verstarb. Mit 96 Jahren ist Herbert Seeger, der feinfühlige und prägende Mensch, in aller Stille gegangen.

Der Autor

Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Zur Information

Die Beerdigung findet am Donnerstag, dem 8. Februar 2024, um 14.15 Uhr auf dem Friedhof in Kornwestheim, Aldinger Straße 27, statt.