GEKE-Ratstagung in Reutlingen Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Einen »protestantischen Korridor« beschreiben

Eine Silbermedaille bildet die Mitte der Szene: Der Herr in der linken Bildhälfte, Mario Fischer (schwarzes Jackett, Brille, Kurzhaarschnitt), überreicht dem Herrn in der rechten Bildhälfte, Bischof Harald Rückert (schwarzes Jackett, Bart, Brille), die Medaille.
Eine Medaille als Anerkennung: Mario Fischer, Generalsekretär der GEKE, überreicht dem gastgebenden Bischof Harald Rückert von der Evangelisch-methodistischen Kirche eine Erinnerungs-Medaille.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Abendmahl feiern, von Gott und über Sexualethik reden. Viel Gesprächsstoff für die Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen Ende August.
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Ende Februar lag die Theologische Hochschule Reutlingen (THR) kurzzeitig im Zentrum der evangelischen Welt in Europa. Dort tagte nämlich der sogenannte Rat der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) zur Vorbereitung der Ende August im rumänischen Sibiu tagenden Vollversammlung dieser Kirchengemeinschaft.

Verantwortung für Europa als Friedensprojekt

Während der Tagung verabschiedeten die Ratsmitglieder eine Erklärung zur Anfang Juni stattfindenden Europawahl. In dem Dokument wird zu verantwortlichem Umgang mit den Wahlen aufgerufen. Der in Europa zunehmende Populismus sowie die Polarisierung in den Gesellschaften »beunruhigt uns zutiefst« heißt es in der Erklärung. Außerdem sei es nötig, sich über die Wahlen hinaus gegen alle Formen von Extremismus, Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus einzusetzen. Das sei auch ein kirchlicher Auftrag für das gesellschaftliche Zusammenleben in Europa: »Wir wollen weiterhin Verantwortung für Europa als Friedensprojekt übernehmen und es aktiv durch unsere Tätigkeiten und Initiativen zu gestalten helfen.«

Kirchengemeinschaft tragfähig weiterentwickeln

Darüber hinaus hatte der Rat drei wichtige Studientexte zur Endredaktion vorliegen, um diese der Ende August tagenden Vollversammlung zur Beschlussfassung zu unterbreiten. In den drei Dokumenten geht es um die Themen »Geschlecht, Sexualität, Ehe« sowie um die »christliche Rede von Gott« und die »Praxis und Theologie des Abendmahls«. Von den Mitgliedern des Rates werden diese Dokumente als »wegweisend« beschrieben.

Hintergrund für diese Dokumente sind ethische und theologische Unterschiede, die in der Gestaltung der Kirchengemeinschaft zu Schwierigkeiten führen. In der Form als Studientexte laden die jetzt vorbereiteten Dokumente innerhalb der Kirchengemeinschaft erstmalig zu umfassender Diskussion und Aussprache ein. Ausdrücklich, so heißt es aus dem Rat, gehe es dabei nicht um dogmatische Festlegungen, vielmehr solle ein »protestantischer Korridor« beschrieben werden. Damit solle auch bei kontroversen Themen eine Möglichkeit geschaffen werden, im Gespräch zu bleiben und eine tragfähige Kirchengemeinschaft zu leben.

Medaille als Anerkennung

Erstmalig fand die Ratstagung unter methodistischer Gastgeberschaft statt. Im Rahmen eines Empfangs unter Beteiligung kirchlicher Repräsentanten aus der lokalen und regionalen Umgebung überreichte Mario Fischer, Generalsekretär der GEKE, dem gastgebenden Bischof Harald Rückert von der Evangelisch-methodistischen Kirche eine Erinnerungs-Medaille. Diese wurde anlässlich des 50-jährigen GEKE-Jubiläums geprägt und Rückert »in Anerkennung des bedeutsamen Ereignisses und der erwiesenen Gastfreundschaft« ausgehändigt.

Vollversammlung tagt in historischer Landschaft Siebenbürgen

Die Vollversammlung tagt vom 26. August bis zum 2. September in Sibiu, dem früheren Hermannstadt, in der geografischen Mitte Rumäniens. Die Stadt liegt in der historischen Landschaft Siebenbürgen und ist eines der Zentren der Siebenbürger Sachsen. Zur Vollversammlung werden rund zweihundert Delegierte und Gäste erwartet. Von evangelisch-methodistischer Seite sind bis zum jetzigen Zeitpunkt die Bischöfe Harald Rückert, Zentralkonferenz Deutschland, Stefan Zürcher, Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa, und Christian Alsted, Zentralkonferenz Nordeuropa und Eurasien, angemeldet sowie als Ratsmitglied Annette Gruschwitz, Pastorin der EmK im hessischen Marburg.

 

Weiterführende Links

Europawahl-Dokument der GEKE (PDF, Deutsch)

Der Autor

Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Zur Information

Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa
Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) ist eine Kirchengemeinschaft, die fast alle lutherischen, reformierten und methodistischen Kirchen Europas einschließt. Die Mitgliedskirchen haben 1973 im Tagungshaus Leuenberg bei Basel gegenseitige Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft erklärt und sich zur gemeinsamen Verwirklichung von Zeugnis und Dienst verpflichtet. Das Gründungsdokument wurde dem Tagungsort entsprechend Leuenberger Konkordie genannt. (Das dem lateinischen »concordia« [Eintracht] entlehnte Wort meint in diesem Zusammenhang das grundlegende Einigungsdokument; Aussprache: Kon-kor-di-e.) Der Name der Organisation lautete daher zunächst Leuenberger Kirchengemeinschaft. Während der Tagung 2003 nahm die Gemeinschaft ihren gegenwärtigen Namen an.

In fortlaufenden Lehrgesprächen werden theologische und Glaubensfragen behandelt und reformatorische Positionen zu geistlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen formuliert. Die Ergebnisse dieser Lehrgespräche werden in der Buchreihe Leuenberger Texte veröffentlicht. Die Digitalfassungen der Texte finden sich auch im Internetauftritt der GEKE und können dort heruntergeladen werden.

Außerdem pflegt die GEKE ökumenische Kontakte zum Ökumenischen Rat der Kirchen, zur Konferenz Europäischer Kirchen, zum Lutherischen Weltbund, zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, zur Anglikanischen Kirchengemeinschaft, zum Europäischen Rat methodistischer Kirchen und zur Europäischen Baptistischen Föderation.

In der GEKE sind rund 50 Millionen Protestanten verbunden. Sie gehören rund hundert lutherischen, methodistischen, reformierten, vereinigten und unierten Kirchen an aus über dreißig Ländern in Europa und von Europa aus gegründete Kirchen in Südamerika. Methodistische Kirchen waren an der ursprünglichen Kirchengemeinschaft nicht beteiligt, sondern traten 1997 auf der Grundlage einer »Gemeinsamen Erklärung zur Kirchengemeinschaft« bei. Dazu gehören die europäischen Teile der Evangelisch-methodistischen Kirche, weitere methodistische Kirchen in Europa und Südamerika sowie vereinigte und unierte Kirchen mit methodistischem Anteil.

Die GEKE trifft sich etwa alle sechs Jahre als Vollversammlung und entscheidet dabei über die Grundlinien ihrer Arbeit. Zwischen den Vollversammlungen steuert ein aus dreizehn Personen bestehender Rat unter der Leitung eines Präsidiums aus drei Personen die Arbeit. Die Geschäftsstelle der GEKE hat ihren Sitz in Wien.

www.leuenberg.eu (Englisch)

Die Leuenberger Konkordie  (PDF, Deutsch)