Norddeutsche Jährliche Konferenz Von Michael Putzke  | 

Gemeinsamer Weg trotz aller Unterschiede

Die Delegierten diskutieren in Tischgruppen.
Die Delegierten diskutieren in Tischgruppen.
Bildnachweis: Michael Putzke
Die Norddeutsche Jährliche Konferenz unterstützt in großer Mehrheit die Arbeit des »Runden Tisches«.
4 Minuten

Am Donnerstag, den 13. Juni debattierte die Norddeutsche Jährliche Konferenz (NJK) am Nachmittag des ersten Plenumstages den Beschluss der außerordentlichen Generalkonferenz in St. Louis und den Bericht des vom Bischof eingesetzten »Runden Tisches«. Auf dem Vorbereitungstreffen in Braunfels, wo sich die Delegierten aus ganz Europa im Vorfeld der Generalkonferenz (GK) getroffen haben, habe es noch gute Gespräche gegeben, sagte Kai Uwe Dannenberg, Delegierter der NJK an der GK. Aber auf der Konferenz in St. Louis sei dieser Geist nicht mehr spürbar gewesen. Pastorin Anne Detjen berichtete von ihrem Eindruck, dass an der GK keine Debatte mit offenen Ende geführt worden sei.

Große Bandbreite der Meinungen

Superintendentin Irene Kraft hielt fest, dass es in der EmK eine »große Bandbreite« gäbe: Einzelne Gemeinden positionieren sich eindeutig auf der einen oder der anderen Seite. Andere führen in sich eine kontroverse Debatte und viele Gemeinden sagen auch, das sei nicht ihr Thema. Als EmK müsse man mit unterschiedlichen Meinungen leben, zog Irene Kraft Bilanz: »Wir sind nicht an dem Punkt, da wir uns gegenseitig überzeugen könnten.« Am Runden Tisch werde jetzt nicht einfach ein Kompromiss gesucht, sagte Superintendent Stefan Kraft, sondern eine »Lösung voller Weisheit, die es dennoch allen erlaubt, gemeinsam unterwegs zu bleiben.«
In der Debatte, die mit Spannung erwartet worden war, überwogen die Stimmen, die das Verbindende suchten. Er selbst sei ein Grenzgänger, sagte Pastor Christhard Elle aus Bremerhaven – er wolle »ganz fromm« sein und »gleichzeitig offen für Menschen mit den verrücktesten Lebensgeschichten«, weil alle von Gott geschaffen seien. In der EmK sei das möglich, das schätze er an dieser Kirche.
Ruthild Steinert, Pastorin in Bookholzberg, hob hervor, dass die Kirche wieder über ihr Bibelverständnis sprechen müsste. Kritisch äußerte sich Pastor Steffen Klug aus Braunfels, dass der Kirchenvorstand das Ergebnis der Generalkonferenz nicht akzeptiert hatte, obwohl so intensiv gebeten worden sei. Zudem habe der Kirchenvorstand in der Ablehnung des beschlossenen Traditional Plans schon Tatsachen geschaffen, bevor der Runde Tisch eingesetzt worden sei. Die gegenwärtige Debatte bietet auch eine Chance, erklärte Claudia Kittsteiner aus Berlin Lankwitz. Menschen können endlich miteinander so ins Gespräch kommen und einander zugestehen, »wir sind da anders und wir geben einander auch den Freiraum, das zu leben, was wir im Moment für uns als richtig erkannt haben.«

»We are one in the Spirit«

Die Konferenzmitglieder bestätigen am Ende der Aussprache in der anschließenden Abstimmung mit überwältigender Mehrheit bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen den Antrag des Runden Tisches. Damit unterstützen alle drei Jährlichen Konferenzen diesen Weg, dass der Runde Tisch nach einem gemeinsamen Weg trotz aller unterschiedlichen Meinungen suchen wird. Das nächste Treffen wird am 5. Juli sein. Die Jugenddelegierten luden die Konferenz darauf zum Gebet ein und zum Singen: »We are one in the Spirit« – Wir sind eins im Geist.

Bischof Harald Rückert hielt in seinem Wort an die NJK fest, dass die Kirche mit unterschiedlichen Meinungen werde leben müssen. Man müsse die damit verbundenen Spannungen aushalten und müsse sich davor hüten, »sie einseitig auflösen zu wollen«. Er wolle sich in Deutschland keine methodistische Kirche vorstellen, die nur eine einzige Sichtweise in dieser Frage zuließe, so Rückert. »Wir sind eine Kirche, in der Vielfalt gelebt werde.« Er erinnerte an die Botschaft des Kirchenvorstands mit der Aussage: »Wir wollen einander nicht loslassen und uns nicht voneinander trennen, sondern einander festhalten und füreinander einstehen.« Mit der Frage »Wollt ihr das auch?« wandte sich Rückert an das Plenum der NJK.
»Wir würden sehr viel verlieren, wenn wir uns trennen«, hielt Rückert fest. Die Kirche verlöre missionarische Chancen und auch die Chance, voneinander zu lernen. Es sei das Wesen der EmK, »Weite und Toleranz« und »tiefe Verbindlichkeit« zu leben. In Zukunft müsse Polarisierung nicht nur vermeiden werden. Der Bischof forderte die Delegierten auf, aktiv der Polarisierung zu widerstehen. Wenn aber die Bereitschaft vorhanden sei, sich aufeinander einzulassen, »dann wird diese furchtbare Krise, die wir erleben, die Kraft für eine wunderbare Chance entfalten«.

Bibelarbeit vom Auftakt des Tages

Den ersten Impuls zum Thema »Vertrauen« gab die Bibelarbeit über Epheser 4,1-6 von Jens Bärenfeld, der seit 2017 das Haus Höhenblick leitet. »Ohne Vertrauen entwickelt sich nichts. Vertrauen ist der Anfang von allem«. Jens Bärenfeld begann seine Bibelarbeit, in der er einen Werbetext der Deutschen Bank aus dem Jahr 1995 aufgriff. Diese knüpft an Vertrauen als ein »Urbedürfnis« an. Allerdings bezieht sich der Werbespot auf das Vertrauen in die »eigene Leistungsfähigkeit« und die «eigene Entscheidung«.
Paulus wirbt dagegen für ein Vertrauen, in dem Menschen empfangen, was der »lebendige Gott uns in Christus geschenkt hat«. In den ersten drei Kapiteln des Epheserbriefes hat der Apostel entfaltet, dass Gott in Christus eine Heilswirklichkeit geschaffen habe – unabhängig von dem, was Menschen leisten können. Nun will Paulus die Leser motivieren, eine Entscheidung zu treffen, dieser Wahrheit Gottes  mit dem Leben zu folgen. Die Wortwahl des Paulus »ich ermahne euch« habe einen strengen Klang. Das Verb, das sich hier im Neuen Testament findet, sei aber Ausdruck echten Interesses am Anderen. Paulus will motivieren und ermutigen, hier aktiv die eigene Berufung zu leben. So ermutigt Paulus zum gegenseitigen Vertrauen in der Gemeinde, weil es in aller Unterschiedlichkeit die Gemeinde Christi ist. Für solche ein vertrauensvolles Miteinander brauche es Demut, Sanftmut, Geduld. Alle diese Begriffe drücken eine Haltung aus: Den Anderen wertzuschätzen, der anders sei. »Lasst Standpunkte nicht Schlusspunkte sein, sondern Ausgangspunkte für das Ringen um den weiteren Weg«, appellierte Jens Bärenfeld.

Der Autor
Michael Putzke ist Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit in der Norddeutschen Konferenz. Kontakt: redaktion(at)emk.de.