Ökumene als Lebensschule des Lernens
Am Sonntag, dem 23. Januar, fand im Kölner Dom der zentrale Gottesdienst zum Abschluss der Gebetswoche für die Einheit der Christen statt. Die Predigt im ökumenisch gestalteten Gottesdienst hielt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), der griechisch-orthodoxe Erzpriester Radu Constantin Miron. Weitere Mitwirkende waren der römisch-katholische Weihbischof Rolf Steinhäuser, zugleich Apostolischer Administrator der Erzdiözese Köln, sowie Oberkirchenrätin Barbara Rudolph als Vertreterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Ekkehart Vetter, der Vorsitzende der Evangelischen Allianz Deutschland (EAD). Sie feierten den Gottesdienst zusammen mit Vertretern der ACK in Deutschland sowie der ACK in Nordrhein-Westfalen und der ACK in Köln. Harald Rückert, der für Deutschland zuständige Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche wirkte in der Liturgie mit.
Aufeinander hören und miteinander aufbrechen
»Wir lernen in der Ökumene andere Sichtweisen, wir lernen unterschiedliche Zugänge zur Theologie und zur Glaubenspraxis kennen«, erklärte Miron in seiner Predigt. »Und wir lernen – wenn wir genau hinschauen und aufmerksam zuhören – die ganz konkreten Erfahrungen der anderen kennen.« Christsein im ökumenischen Sinne bedeute, »sich mit dem Kontext unserer Brüder und Schwestern vertraut zu machen, wo immer sie leben«. Christsein sei auch und gerade in der Ökumene »eine Lebensschule des Lernens, des Aufeinander-Hörens und des Miteinander-Aufbrechens«.
Bedeutung des Judentums in Deutschland
Weihbischof Rolf Steinhäuser wies darauf hin, dass der im Altarraum des Doms befindliche Dreikönigsschrein eine direkte Verbindung herstelle zum diesjährigen Motto der Gebetswoche »Wir haben seinen Stern im Osten gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten«. Zudem war eigens für den zentralen Gottesdienst ein großer, dreidimensionaler »Herrnhuter Stern« gut sichtbar angebracht worden. Außerdem hob Steinhäuser in der Stadt über 1.700 Jahre hinweg belegter jüdischer Geschichte die Bedeutung des gewachsenen christlich-jüdischen Dialogs und »die bleibende Verbundenheit mit dem Judentum« hervor.
Wachsende Verbindung mit Evangelischer Allianz
Während dieses Gottesdienstes übergab der Vorsitzende der ACK, Miron, dem Vorsitzenden der EAD, Vetter, eine Skulptur. In ihr sind Kreuz und Fisch vereint. Die Skulptur hatte Miron erst eine Woche zuvor in München beim Abschluss der Allianzgebetswoche erhalten. Beim zentralen Gottesdienst wurde sie wieder in die Obhut der Evangelischen Allianz zurückgegeben. Miron und Vetter erklärten, dass auf diese Weise eine Gebetswoche in die nächste übergegangen sei. Dieser Übergang habe nicht nur terminlich stattgefunden, sondern auch geistlich und inhaltlich. »Gemeinsam kommen wir zu Gott und beten für die Einheit der Christen und der Kirche«, betonte Miron.
Gemeinsamer Fokus: Freiheit, Frieden, Solidarität
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker wohnte dem zentralen Gottesdienst bei und sprach ein Grußwort. Dabei wies sie darauf hin, dass das Motto der Ökumene, »Einheit in der Vielfalt«, fast wortgleich mit dem Motto der Europäischen Union »Einheit in Vielfalt« sei. »Um diese Einheit zu erreichen, setzen wir in beiden Fällen gemeinsame Werte wie Freiheit, Frieden und Solidarität in einer aus unterschiedlichen Kulturen und Sprachen zusammengesetzten Union in den Fokus«, betonte Reker.
Coronabedingt nur 170 Gottesdienstteilnehmer
Das Motto und die Auswahl der liturgischen Texte für die Gebetswoche stammten von Christen aus dem Nahen Osten. Insgesamt waren wegen der Corona-Bestimmungen nur rund 170 Personen beim Gottesdienst im Kölner Dom zugelassen. Darunter war auch eine Delegation der Kölner Sternsinger. Der Gottesdienst wurde simultan in die Gebärdensprache übersetzt, damit Gehörlose das Gesagte verstehen konnten.
Weiterführende Links
Predigt von Erzpriester Radu Constantin Miron zum Abschluss der Gebetswoche
Gottesdienst zum Abschluss der Gebetswoche
Der Autor
Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.
Zur Information
Gebetswoche für die Einheit der Christen
Die Gebetswoche für die Einheit der Christen hat verschiedene Vorläufer, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. Der Anglikaner und spätere Katholik Paul Wattson führte 1908 eine Gebetswoche für die Einheit der christlichen Kirchen mit Rom ein. Im Jahr 1920 gab es eine Initiative des Vorbereitungsausschusses für die erste Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung. Seither wurde den Kirchen jedes Jahr ein kleines Materialheft zur Verfügung gestellt. Vom Ökumenischen Rat der Kirchen und dem Päpstlichen Einheitsrat wurde 1966 auf einer gemeinsamen Konsultation beschlossen, das Material in Zukunft von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe erarbeiten zu lassen. Seit 1973 wird jeweils eine ökumenische Gruppe in einem bestimmten Land um einen Entwurf gebeten. Für 2022 haben Christen aus dem Nahen Osten den Entwurf erstellt.
www.gebetswoche.de
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen
Zur Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland gehören achtzehn Kirchen. Weitere sieben Kirchen sind Gastmitglieder, fünf ökumenische Organisationen haben Beobachterstatus. Schwerpunkte der Arbeit der 1948 gegründeten ACK sind die theologische Reflexion, das Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung sowie das gemeinsame Gebet und der Kontakt zu anderen ökumenischen Organisationen. Die ACK gestaltet dazu unter anderem den jährlichen zentralen Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen und richtet den ökumenischen Tag der Schöpfung im September aus. Auch die Vergabe des Ökumene-Preises liegt in den Händen der ACK. Ihr Vorsitzender ist derzeit Erzpriester Radu Constantin Miron von der Griechisch-Orthodoxen Metropolie in Deutschland. Die Geschäftsstelle der ACK in Deutschland, genannt »Ökumenische Centrale«, hat ihren Sitz in Frankfurt am Main.
www.oekumene-ack.de