Prägende Persönlichkeit der ökumenischen Bewegung
Philip Potter, eine der prägenden Persönlichkeiten der internationalen ökumenischen Bewegung, hatte Zeit seines Lebens die Menschen am Rand der Gesellschaft im Blick. »Warum ist es notwendig, mit den Armen Theologie zu treiben?«, fragte er 1984 in einem Vortrag im Ökumenischen Institut in Bossey bei Genf. Seine Antwort: »Weil die Armen uns mit der härtesten Realität konfrontieren, mit der wir uns auseinanderzusetzen haben.« Sie stellten »die unmissverständliche Frage an uns: Warum, warum soll dies so sein?« Vor hundert Jahren, am 19. August 1921, wurde der Methodist und erste Vertreter des Südens an der Spitze des Weltkirchenrats in Roseau auf der Karibik-Insel Dominica geboren. Am 31. März 2015 starb er im Alter von 93 Jahren in Lübeck.
Ökumene zieht sich durch Potters ganzes Leben
In seiner Familie erlebt Potter schon, was ökumenische Gesinnung bedeutet. Sein Vater, Clemens Potter, ist römisch-katholisch. Seine Mutter, Violet Peters, ist Methodistin und lässt den Sohn in ihrer Gemeinde taufen. So bekommt der junge Potter bereits aus beiden Kirchen etwas mit. In jungen Jahren engagiert er sich in seiner methodistischen Gemeinde und hält mit fünfzehn Jahren seine erste Predigt. Nach der Ausbildung in einer Anwaltskanzlei studiert er Theologie in Jamaika und Großbritannien.
Über internationale Begegnungen und über Tätigkeiten in der Methodistischen Kirche in Großbritannien (Methodist Church in Britain, MCB) als Superintendent (1950 bis 1954) und als Sekretär der Missionsgesellschaft (1961 bis 1966) führt sein Weg in die internationale Ökumene. Als Jugendreferent hatte er zwischen seinen Tätigkeiten bei der MCB bereits als Mitarbeiter und Leiter des Jugendreferats des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Genf gewirkt.
Erstmalig ein Vertreter des Südens als Generalsekretär
Im Jahr 1967 wird Potter beim Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) Direktor der Abteilung für Weltmission und Evangelisation. Der Zentralausschuss der auch Weltkirchenrat genannten Organisation wählt ihn 1972 zum Generalsekretär. Erstmalig bekleidet damit »ein Vertreter des Südens« dieses ökumenische Spitzenamt. Wie kaum ein anderer prägt Potter in seiner zwölfjährigen Amtszeit und darüber hinaus die ökumenische Bewegung in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts.
In seine Amtszeit fiel das als »Lima-Erklärung« bekanntgewordene Ökumene-Dokument »Taufe, Eucharistie und Amt«. Es wurde 1982 in der peruanischen Hauptstadt Lima vorgelegt und erhielt nach dem Tagungsort den Namen. Die aus der ökumenischen Erklärung entstandene »Lima-Liturgie« steht für eine Art ökumenischen »Super-Gottesdienst«. Mit den Lima-Dokumenten verband sich die Hoffnung auf eine auch zwischen Katholiken und Protestanten mögliche Abendmahlsgemeinschaft, die sich allerdings bis heute nicht erfüllte.
Klar positioniert und gesprächsoffen
Anlässlich des Todes im Jahr 2015 würdigte die damalige für Deutschland zuständige Bischöfin der Evangelisch-methodistische Kirche, Rosemarie Wenner, den Mut und die klare Position des Theologen. »Er verband auf gut methodistische Weise Frömmigkeit, die alles von Gott erwartet, mit dem tatkräftigen Einsatz für eine gerechtere Welt«, schrieb sie in einem Kondolenzbrief an Potters Witwe, Bärbel Wartenberg-Potter. Potters Wirken für die Einheit der Christenheit habe darauf abgezielt, dem Reich Gottes Ausdruck zu geben, in dem Menschen aus allen Ethnien und allen sozialen Schichten an der Feier des Lebens Anteil haben. »Er hatte den Mut, klare Positionen einzunehmen und blieb dennoch mit den Kritikern des ÖRK im Gespräch.« Potter sei ihr ein »Weggefährte« gewesen, »der mir und vielen anderen zum Vorbild wurde«.
»Eine Art ›Held‹«
Auch die evangelische Theologin und frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, bringt ihre Anerkennung über die prägende Gestalt der Ökumene zum Ausdruck. »Philip Potter war eine Art ›Held‹ für mich«, erzählt sie rückblickend ihre Eindrücke. Als Theologiestudentin habe sie seinerzeit beim Ökumenischen Rat der Kirchen die Bekämpfung des Rassismus und das Eintreten für Frieden und weltweite Gerechtigkeit begeistert. »Philip Potter war das Gesicht, die Persönlichkeit, die dieses Engagement verkörperte«, so Käßmann. Außerdem habe ihr imponiert, dass Potter ein »Sensorium« hatte, »die leisen Töne zu hören und zu Gehör zu bringen«.
Lebensabend in Deutschland
Philip Potter war zweimal verheiratet. Seine erste Frau heiratete er 1956. Die Musikerin und Komponistin Doreen Potter verstarb 1980. Bärbel Wartenberg, seine zweite Frau, lernt Potter beim ÖRK in Genf kennen. Die beiden heiraten 1985. Nach dem Ende seiner Dienstzeit in Genf schließt sich für das Paar eine Zeit in Jamaika an. Potter und seine Frau unterrichten dort an einer Hochschule. Im Jahr 1990 ziehen Potter und seine Frau nach Deutschland. Er folgt den Aufgabenschwerpunkten seiner Frau nach Stuttgart, Frankfurt am Main und Lübeck, wo Bärbel Wartenberg-Potter von 2001 bis 2008 Bischöfin der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche war. Im Alter von 93 Jahren stirbt Philip Potter am 31. März 2015 in Lübeck.
Der Autor
Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.
Weiterführende Links
Würdigung von Philip Potter im EmK-Magazin »unterwegs« (PDF)
Das Erbe Philip Potters (PDF; veröffentlicht von einem ökumenischen Herausgeberkreis)
Zur Information
Am (heutigen) 19. August findet von 14:30 Uhr bis 18 Uhr in Hamburg ein »Öffentliches Symposium zum 100. Geburtstag Philipp Potters« statt. Online-Teilnahme ist möglich. Kurzfristige Anmeldungen sind möglich.