Albanien Von Christoph Klaiber  | 

Zusammenhalten und einander helfen

Mit einem Nähprojekt unterstützt eine EmK-Gemeinde in Albanien arme Menschen in ihrer Umgebung.
Mit einem Nähprojekt unterstützt eine EmK-Gemeinde in Albanien arme Menschen in ihrer Umgebung.
Bildnachweis: privat
Eine Reise nach Albanien führt zur Begegnung mit einem unbekannten Land. Eine Gruppe aus dem EmK-Bezirk Reutlingen-Betzingen war dort.
2 Minuten

Albanien – eines der unbekanntesten Länder Europas. Jahrzehnte war es durch eine kommunistische Diktatur von der Außenwelt abgeschlossen. Jegliche religiöse Betätigung war in dieser Zeit verboten. Ausgehend von Hilfsprojekten in verarmten Bergregionen sind in Albanien seit etwa fünfzehn Jahren methodistische Gemeinden entstanden. Zunächst erreichte diese Arbeit Menschen in Bergdörfern. Als aber die Menschen von dort in großer Zahl in die Städte zogen, verlagerte sich die Gemeindearbeit in die Siedlungszentren. Die Gemeindearbeit und Sozialprojekte dieser jungen Gemeinden unterstützt der Bezirk Reutlingen-Betzingen der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) seit zwei Jahren regelmäßig. Deshalb entstand der Wunsch, diese Arbeit, die Menschen dahinter und das unbekannte Land selbst kennenzulernen. Vom 23. bis 30. Mai bot sich diese Möglichkeit. Nach Meinung der Teilnehmer hat sich die Reise gelohnt. Hier ihre Entdeckungen:

Eine großartige Landschaft, Hochgebirge und Mittelmeer, Bergseen und grüne Hügel, Schluchten und Flüsse.

Ein Land zwischen Tradition und Moderne: Auch wenn die albanische Geschichte in Deutschland wenig bekannt ist – die Albaner sind mächtig stolz darauf: auf die sagenhaften Illyrer, den Nationalhelden Skanderbeg, die Unabhängigkeit. In manchen Augenblicken wähnt man sich auch in der Vergangenheit: Schotterstraßen und Ziegenherden, Eselskarren und am Strick gezogene Kühe – doch direkt daneben finden sich modern gestaltete Promenaden, gepflegte Fußgängerzonen und neue Infrastrukturprojekte.

Eine Gesellschaft im Aufbruch: In Albanien verändert sich viel, und die Menschen gestalten ihre Zukunft mit viel Einsatz und Kreativität, anstatt sich als Opfer der Geschichte zu definieren. Öffentliche Räume werden lebensfreundlich gestaltet, Karte und Navi kommen mit dem Bau neuer Straßen auf dem Land nicht mit, gegen die Luftverschmutzung in Tirana pflanzen die Menschen 100.000 Bäume, erneuerbare Energien und Abwasserreinigung werden vorangetrieben. Die Menschen erleben: Ja, es wird besser. Verklärung der Vergangenheit ist den Reisenden nirgends begegnet.

Eine Kultur der religiösen Toleranz: Religiöse Konflikte sind im mehrheitlich muslimischen Albanien unbekannt. Die verschiedenen muslimischen und christlichen Gemeinschaften respektieren sich gegenseitig und arbeiten oft zusammen. Mischehen und gegenseitige Teilnahme an Festen sind weit verbreitet. Keine der Religionen erhebt den Anspruch, das öffentliche Leben prägen zu müssen. Freilich beschränkt sich die religiöse Praxis bei den meisten Menschen auf die Feier einiger wichtiger Feste im Jahreslauf. Dass Menschen zum Beispiel im Alltag auf den Ruf des Muezzins reagieren, war nicht zu beobachten.

Junge Gemeinden mit Engagement: Die vier methodistischen Gemeinden in Albanien sind zwischen zehn Jahren und zehn Monaten alt. Teilweise jung und studentisch, teilweise eher von Familien geprägt haben die Gemeinden gute Entwicklungs- und Wachstumschancen. Überall bemühen sich die Menschen, die selbst oft arm sind, den noch Ärmeren zu helfen. Unterschiedliche Projekte von Obstbaumpflanzungen über Nähunterricht bis hin zu Behindertencafés sind entstanden. Zusammenhalten und einander helfen sind Werte, die unter den Albanern allgemein tief verankert sind.

Die Begegnungen werden weitergehen, über Spenden, Kontakte per E-Mail und weitere Besuche – vielleicht sogar durch einen Gegenbesuch in die andere Richtung. Diese Begegnungen bereichern in jeder Hinsicht.

Dieser Artikel ist dem EmK-Magazin »unterwegs« 23/2018 vom 11. November 2018 entnommen.

Der Autor

Christoph Klaiber ist Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche im Gemeindebezirk Reutlingen-Betzingen. Kontakt über: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de