Holger Eschmann verabschiedet Von C. Schluep, M. Thoms, K. U. Ruof  | 

Wenn Spiritualität ein Medikament wäre!

Vom heilsamen Potenzial der Religion sprach Dr. Holger Eschmann.
Vom heilsamen Potenzial der Religion sprach Dr. Holger Eschmann. Der bisherige Professor für Praktische Theologie an der Theologischen Hochschule Reutlingen verabschiedete sich mit einer letzten Vorlesung in den Ruhestand.
Bildnachweis: Christoph Schluep, THR
Um das Heilsame von Religion ging es bei der Verabschiedung von Holger Eschmann. Der Professor für Praktische Theologie geht in den Ruhestand.
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Drei Jahrzehnte lang lehrte Holger Eschmann Praktische Theologie an der Theologischen Hochschule Reutlingen der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK). Am vergangenen Donnerstag, 27. Juli, verabschiedete er sich mit einem Vortrag, bei dem es um das »Verhältnis von Spiritualität und Gesundheit aus theologischer und humanwissenschaftlicher Sicht« ging.

Verbindung von Theologie, Spiritualität und Gesundheit

Vor dreißig Jahren übernahm Holger Eschmann den Lehrstuhl für Praktische Theologie an der Theologischen Hochschule Reutlingen. Nach seinem Theologiestudium in Tübingen, Heidelberg und Reutlingen war er zunächst acht Jahre im Gemeindedienst als Pastor der EmK in Stuttgart und München. Seine berufsbegleitende Ausbildung in Logotherapie und Existenzanalyse und seine spätere Promotion zum Thema Seelsorge an der Universität Heidelberg zeigen schon früh, wie Eschmann Theologie, Spiritualität und Gesundheit verband. Im Laufe seiner Lehrtätigkeit entstand daraus ein Forschungsschwerpunkt, der die Bereiche Spiritualität und Gesundheit verband.

Mit der Betonung des heilsamen Potenzials der Religion setzte der in den Ruhestand wechselnde Theologe noch einmal einen verbindenden Akzent. Während früher noch eine psychologische Skepsis gegenüber religiöser Heilkraft verbreitet gewesen sei, werde die Religion inzwischen vielerorts als Ressource mit positiven gesundheitlichen Effekten wiederentdeckt. So zitiert Eschmann den ehemaligen Vorsitzenden der deutschen Ärztekammer, Ellis Huber: »Wenn Spiritualität ein Medikament wäre, wäre es längst zugelassen.« Religion, so Eschmann, verleihe Sinn, erzeuge Resilienz, schaffe Orientierung und bewirke durch ein soziales Wir-Gefühl Stabilität und Identität.

Kirche an der Seite von Medizin und Therapie

Die Bedeutung von Religion zeige sich auch darin, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit dem Jahr 2002 die spirituelle Dimension der Gesundheit als festen Bestandteil der Palliativmedizin zuordne. Die nicht mehr vorrangig auf Heilung zielende medizinische Disziplin, sei »ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien«. Das erfolge »durch frühzeitige Erkennung, sorgfältige Einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderen Problemen körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art«.

Bei alledem verschweigt der Praktische Theologe nicht die Gefahr des Missbrauchs der Religion. Doch widerlege der Missbrauch einer Sache niemals ihren rechten Gebrauch. Die Kirche, so Eschmann, sei immer dann gewachsen, wenn Sie ihrem Auftrag, heilsam in der Welt zu wirken, gerecht geworden sei. Damit stehe Kirche Seite an Seite mit medizinischen und therapeutischen Berufen. Der scheidende Lehrstuhlinhaber plädierte daher für eine konstruktive Zusammenarbeit. Das Geheimnis des Lebens und der Heilung sieht er dabei in Gott begründet, der sich in seiner Güte der Welt zuwende, sie in seiner Schöpferkraft bewahre, belebe und heile.

So ganz geht »er« noch nicht

Was die zur Abschlussvorlesung geladenen Gäste mit Holger Eschmann verbinden, trägt Martin Thoms, der an der THR Theologie studiert, zusammen. Eschmann sei »bescheiden« und trotz seiner ausgeprägten Kompetenzen immer »auf dem Boden« geblieben. Sein »gelebter christlicher Glaube und seine tiefe Frömmigkeit« seien »verbunden mit einer ganz großen Weite – auch im Hinblick auf Andersgläubige«. Neben seiner heilsamen seelsorgerlichen und theologischen Praxis fanden auch sein »leidenschaftliches Saxophonspielen« und seine »Fähigkeiten im Tischtennis« besondere Erwähnung.

So ganz verlässt Eschmann die Hochschule noch nicht. Als Studienleiter des Masterprogramms »Christliche Spiritualität« bleibt der »Neu-Ruheständler« dem Kollegium der THR erhalten.

Die Autoren

Dr. Christoph Schluep ist Professor für Neues Testament an der Theologischen Hochschule Reutlingen der Evangelisch-methodistischen Kirche. Martin Thoms ist dort Student der Theologie. Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Zur Information

Die Theologische Hochschule Reutlingen (THR) ist eine Einrichtung für den deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz) der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK). Sie ist eine staatlich anerkannte Hochschule und verleiht die international anerkannten Studienabschlüsse Bachelor (Bachelor of Arts, B.A.) und Master (Master of Arts, M.A.) für Theologie sowie den staatlich anerkannten Master-Abschluss im Studiengang »Christliche Spiritualität« und einen staatlich anerkannten Bachelor-Abschluss im Studiengang »Soziale Arbeit und Diakonie«. Rektor der Hochschule ist Prof. Christof Voigt.

www.th-reutlingen.de