An Schule und Ausbildung war Mitte des 18. Jahrhunderts in England für viele Kinder nicht zu denken. Sie mussten zum Lebensunterhalt ihrer Familien beitragen.
Viele Arbeiterkinder sind Mitte des 18. Jahrhunderts in den niedrigen Stollen englischer Bergwerke ihrer geringen Größe wegen willkommene Arbeitskräfte. In den vielen Webereien der beginnenden Industrialisierung werden sie dagegen wegen ihrer kleinen und geschickten Finger gebraucht. Viele der Kinder arbeiten und schlafen sechs Tage die Woche in den Fabriken – an Schule und Ausbildung war da nicht zu denken.
Die »kleine, wilde Gesellschaft«
An die Not der Kinder hatten sich die Menschen gewöhnt – nicht so Hannah Ball (1734-1792). Sie will die Kinder wenigstens an deren freiem Tag, dem Sonntag, von der Straße holen und sie im Lesen und Schreiben unterrichten: So entsteht ihre erste »Sonntagsschule«. Hannah Ball ist eine zupackende Frau. Sie hatte einige Predigten des aus Irland stammenden methodistischen Predigers Thomas Walsh gelesen. Danach erlebte sie John Wesley bei einer Predigt in ihrem Dorf. Beeindruckt von der Botschaft dieser beiden, suchte und fand sie im Alter von 32 Jahren ihren »Frieden mit Gott«. Wie schon andere, die »bei den Methodisten« eine lebendige Beziehung zu Christus fanden, will auch sie ihren Glauben ganz praktisch leben. In den armseligen Hütten sucht sie Kranke auf, die keine medizinische Versorgung kannten. Ebenso kümmert sie sich um inhaftierte Kriegsgefangene, die damals in den Gefängnissen oft nur dahinvegetierten. Fünf Jahre lebt sie auf diese Weise ihren Glauben, als ihr – die Geschichte schreibt das Jahr 1770 – die vielen Kinder auffallen, um die sich niemand kümmert. Als unverheiratete Frau fängt Hannah Ball an, diese »kleine, wilde Gesellschaft«, wie sie sie liebevoll bezeichnet, an jedem Sonntag und Montag in ihr Haus einzuladen.
Der Zeit voraus
Hannah Ball bringt diesen Kindern nicht nur Liebe entgegen, sondern unterrichtet sie auch im Lesen und Schreiben. Mittels des damals häufig einzig verfügbaren Buches, der Bibel, führt sie diesen Plan aus. So erhalten diese Kinder erstmalig Grundlagen einer Schulbildung und werden »nebenbei« gleich noch im Glauben unterwiesen. Das ist damals völlig neu. Im ganzen Land gibt es kein bekanntes Vorbild für diese »Sonntags- und Montagsschule«. Zehn Jahre später, im Jahr 1780, regt der Zeitungsverleger Robert Raikes (1735-1811) die Gründung von sogenannten »Sonntagsschulen« in großem Stil an. Er finanziert diese Arbeit und macht die Idee mit seinem »Gloucester Journal« im Land publik. Später wird Raikes »Vater der Sonntagsschule« genannt werden. Die Geschichte der schon vor ihm tätigen »Mutter der Sonntagsschule«, Hannah Ball, wird erst später durch 39 Briefe wiederentdeckt, die sie seinerzeit an John Wesley schrieb.
Sonntagsschule und Kindergottesdienst
Prinzipiell wird bis heute in allen methodistischen Gemeinden und den verschiedenen methodistischen Kirchen weltweit die Sonntagsschularbeit gepflegt und weiterentwickelt. Für das sonntägliche Angebot für Kinder parallel zum Erwachsenengottesdienst setzt sich in Deutschland statt des sehr nach »Schule« klingenden Begriffs Sonntagsschule das Wort »Kindergottesdienst« durch.
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