Gemeinde in der Pandemie Von Stephan Ringeis  | 

Auf dem Berg der ehemaligen Schweinehütten

Gut durchlüftet und mit schwungvoller Musik verfing sich auch der Geist der Hoffnung in der großen Scheune.
Gut durchlüftet und mit schwungvoller Musik verfing sich auch der Geist der Hoffnung in der großen Scheune. Marcel Tappert, Elisa Schmid und Monika Tappert (von links) begleiten den Gottesdienst an ungewöhnlichem Ort musikalisch.
Bildnachweis: Marcel Tappert
Eine Scheune bietet gut durchlüfteten Platz für einen pandemiegerechten Erntedankgottesdienst. Die Gemeinde Flöha bei Chemnitz zeigt sich beweglich.
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Einen Erntedankgottesdienst an ungewohntem Ort feierte die in der Nähe von Chemnitz gelegene Gemeinde Flöha der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK).

Verzagte Fragen – und dann ein Höhepunkt im Jahresverlauf

»Wer wird kommen?« und »Lohnt sich der Aufwand?« waren die Fragen, als die kleine EmK-Gemeinde Flöha nach einem geeigneten Ort für ihr Erntedankfest Ausschau hielt. Die Suche war nicht ganz neu. Was zur Christvesper 2020 aufgrund der Pandemie noch ein Griff nach einem Strohhalm war, entwickelte sich seither mehrmals zu schönen Erlebnissen. Dennoch stellte sich die Frage, ob die ehemalige Scheune der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) auf dem Holzhof Flöha auch für das Erntefest der geeignete Ort sei. Schlussendlich wurde das Fest in der Scheune aber zu einem Höhepunkt im Jahresverlauf des Gemeindegeschehens.

Ungewohnter Ort mit Geschichte

Für ungeübte Kirchgänger war die Hemmschwelle weitaus geringer, und für die geübten war der Gottesdienst ein kleines Abenteuer an einem besonderen Ort. Marcel Tappert, für Flöha zuständiger Pastor der EmK, berichtet von einem Zeitungsartikel aus dem Jahr 1959, in dem zu lesen war: »Damit die LPG mehr Schweine halten kann, hat der staatliche Forstwirtschaftsbetrieb Flöha Schweinehütten gebaut.« Immerhin wurden damals schon 120 Hütten an die LPG geliefert. Aber die Zeiten sind lange vorbei. Die Nutzung des Holzhofs erfolge heute privat, erklärt Tappert. Als Freundschaftsdienst dürfe die Gemeinde die Scheune nutzen. »Und das war dann gar nicht so schlecht, alle Skepsis war unbegründet«, so Tappert im Rückblick.

Kleine Schritte der Hoffnung

»Was zukünftig geht wissen wir noch nicht, erst einmal halten wir inne und erinnern uns«, fügt der Pastor hinzu und gibt Einblick in die Situation der Gemeinde: »Die kleine Gemeinde in Flöha-Plaue stand vor drei Jahren noch wie ein Grasbüschel auf einer abgenagten Weidefläche.« Als in der Kirche der große theologische Disput zum Thema Homosexualität begonnen habe, sei das »wie ein heißer Wüstenwind« gewesen, der »über dieses ungeschützte Büschel« hinwegfegte. Die eigenen Abwehrkräfte seien viel zu gering gewesen und die Gemeindeglieder in der Konsenssuche ungeübt. »Danach standen nur noch einige grüne Stängel da, und fast hätten diese sich neu entwickeln und verwurzeln können, wenn nicht das Virus und seine Folgen eine erneute Dürre gebracht hätten«, beschreibt Tappert die ernüchternden Geschehnisse. »Es blieb nur noch die Flucht nach vorn.« Dazu gehöre jetzt auch der Weg auf den »Berg der ehemaligen Schweinehütten«. Es gelte Gemeindeleben ganz neu auszuprobieren. »Die Kräfte der kleinen Gemeinde sind begrenzt, aber die Leute sind beweglich«, schaut Tappert nach den zurückliegenden Erfahrungen auf dem Holzhof mit einem hoffnungsvollen Blick in die Zukunft.

Der Autor

Stephan Ringeis ist Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit und Rundfunkarbeit der Evangelisch-methodistischen Kirche für die Ostdeutsche Konferenz. Außerdem begleitet er Gemeinden als Pastor im Interimsdienst. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit.ojk@emk.de.