Antrittsvorlesung Von Christoph Schluep, Klaus Ulrich Ruof  | 

Ins Leben des Gegenübers schlüpfen

Dr. Dorothea Hüsson ist als Professorin für Soziale Arbeit und Diakonie die erste Inhaberin der »Bethanien-Stiftungsprofessur« an der Theologischen Hochschule Reutlingen.
Dr. Dorothea Hüsson ist als Professorin für Soziale Arbeit und Diakonie die erste Inhaberin der »Bethanien-Stiftungsprofessur« an der Theologischen Hochschule Reutlingen.
Bildnachweis: THR
Die Bedeutung von Beziehung in der Arbeit mit traumatisierten Menschen erklärte Dorothea Hüsson, die neue THR-Professorin bei ihrer Antrittsvorlesung.
2 Minuten

Am vergangenen Donnerstag, dem 28. Oktober, hielt Dorothea Hüsson ihre Antrittsvorlesung an der Theologischen Hochschule Reutlingen (THR) der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK). Als Professorin für Soziale Arbeit und Diakonie ist sie seit dem Herbst des vergangenen Jahres die erste Inhaberin der sogenannten »Bethanien-Stiftungsprofessur«, die weitgehend von der Frankfurter Bethanien-Diakonissen-Stiftung finanziert wird.

Grundlage therapeutischen Arbeitens: Empathie, Wertschätzung und Authentizität

Unter dem Titel »Beziehung als Ressource für Entwicklung – Chance für Soziale Arbeit und Diakonie« referierte Hüsson über die Bedeutung von Beziehung in der Arbeit mit traumatisierten Menschen. Sie bezog sich dabei auf ihre langjährigen Erfahrungen in der Begleitung, Beratung und Therapie von Opfern vor allem sexualisierter Gewalt. Mit Verweis auf Carl Rogers, den Begründer der personenzentrierten Psychotherapie, führte sie aus, inwiefern Empathie, Wertschätzung und Authentizität für therapeutisches Arbeiten mit Trauma-Opfern besonders wichtig seien.

Nur wenn es gelinge, bei den Opfern Erfahrungen neuer, gelungener Beziehungen hervorzurufen, könne das Trauma überwunden werden, erklärte die promovierte Psychologin. In der therapeutischen Beziehung seien solche Erfahrungen möglich, wenn Therapeuten in empathischer Zuwendung bereit seien, in das Leben des Gegenübers zu schlüpfen und es sozusagen selbst zu leben. Das setze voraus, die Gefühle, Erfahrungen und Reaktionen des Gegenübers wahrzunehmen und als Ist-Zustand zu akzeptieren, ohne sie zu beurteilen oder zu verurteilen. Diese Wertschätzung bilde die Arbeitsgrundlage therapeutischer Beziehung. Allerdings müssten Therapeuten dabei auch ihre eigenen, aufkommenden Gefühle, Ahnungen und Interpretationen wahrnehmen und authentisch in die therapeutische Beziehung einfließen lassen, ohne dabei Empathie und Wertschätzung zu vernachlässigen.

Für die praktische Arbeit unabdingbar

Mit Verweis auf den neuen Studiengang »Soziale Arbeit und Diakonie« machte Hüsson klar, dass die künftigen Studienabgänger in ihrem Berufsumfeld der Sozialarbeit nicht die Aufgabe der Traumatherapie hätten. Vielmehr gehe es darum, dass sie in ihren unterschiedlichen Arbeitsfeldern die ersten Ansprechpersonen sein werden, an die sich Opfer in ihrer Not wenden werden. Für die praktische Arbeit sei es deshalb unabdingbar, zu verstehen, wie heilsame Beziehung gelingen könne. Aus diesem Grund werde sie als Professorin des neuen Lehrstuhls diesen Aspekt schwerpunktmäßig in ihre Lehrtätigkeit einfließen lassen.

Völlig neu konzipierter Studiengang

Der an der Theologischen Hochschule Reutlingen neue Studiengang »Soziale Arbeit und Diakonie« wurde mit Unterstützung des EmK-Diakoniewerks Martha-Maria Nürnberg und der EmK-nahen Bethanien-Diakonissen-Stiftung entwickelt. Ein Kompetenzteam aus externen, der EmK angehörenden Fachpersonen entwarf zusammen mit Lehrkräften der THR den völlig neuen Studiengang. »Inhaltlich schärft er das Profil der EmK-Hochschule und bietet einen Bachelor-Abschluss im nachgefragten Bereich ›Soziale Arbeit‹«, erklärt der Rektor der Hochschule, Christof Voigt. Die Zulassung durch den zuständigen Akkreditierungsrat erfolgte erst Ende September dieses Jahres. Zunächst bis 2029, der formal längsten Zeitspanne für solche Vorgänge, ist der Studiengang akkreditiert. Mit Beginn des Wintersemesters Anfang des vergangenen Monats begann die Lehrtätigkeit in diesem neuen Angebot an der THR.

Die Autoren

Dr. Christoph Schluep ist Professor für Neues Testament an der Theologischen Hochschule Reutlingen und für die Öffentlichkeitsarbeit der Hochschule zuständig. Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Weiterführende Links

Studiengang Soziale Arbeit und Diakonie an der THR
Kurzporträt Prof. Dr. Dorothea Hüsson

Zur Information

Die Theologische Hochschule Reutlingen (THR) ist als Einrichtung der Evangelisch-methodistischen Kirche die international ausgerichtete Studienstätte des deutschsprachigen Methodismus in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie ist eine staatlich anerkannte Hochschule und verleiht die international anerkannten Studienabschlüsse Bachelor of Arts (B.A.) und Master of Arts (M.A.) für Theologie sowie den staatlich anerkannten Master-Abschluss im Studiengang »Christliche Spiritualität« und einen staatlich anerkannten Bachelor-Abschluss im Studiengang »Soziale Arbeit und Diakonie«.
www.th-reutlingen.de