Zentralkonferenz Deutschland Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Mit gegenseitigem Respekt zur Lösung

In Deutschland öffnet sich die Evangelisch-methodistische Kirche für die Anliegen Homosexueller.
In Deutschland öffnet sich die Evangelisch-methodistische Kirche für die Anliegen Homosexueller. Traditionelle Haltungen bleiben geachtet. Das beschließen die Mitglieder der Zentralkonferenz Deutschland am 25. November 2022.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
In Deutschland öffnet sich die Evangelisch-methodistische Kirche für die Anliegen Homosexueller. Traditionelle Haltungen bleiben geachtet.
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Die in Chemnitz tagende außerordentliche Zentralkonferenz Deutschland der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) beschäftigte sich am gestrigen Freitag, dem 25. November, mit dem ersten von zwei großen Beschlusspaketen. Dabei ging es um die Frage der umfassenden Öffnung der Kirche für homosexuelle Menschen sowie die Beheimatung von Menschen mit traditioneller Haltung in sexualethischen Fragen.

Der Weg bis zur Beschlussfassung dauerte dreieinhalb Jahre

Einstimmig bei vier Enthaltungen beschlossen die Delegierten das vorgelegte Beschlusspaket. An einigen Stellen wurden präzisierende Formulierungen eingefügt und strittige Fragen ausführlich diskutiert.

Mit der jetzt erfolgten Beschlussfassung öffnet sich der deutsche Teil der weltweiten EmK für die umfassende Integration homosexueller Menschen ins Leben der Kirche. Das eröffnet die Möglichkeit der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare im Rahmen einer kirchlichen Trauung sowie die Ordination homosexueller Menschen für den pastoralen Dienst. Gleichzeitig wurde die für die Einheit der Kirche wichtige Beheimatung von Menschen, die in dieser Hinsicht ihre traditionelle Sicht bewahren wollen, ausdrücklich befürwortet.

Mit der erfolgten Beschlussfassung kurz vor vier Uhr am Freitagnachmittag erreichte ein dreieinhalb Jahre dauernder Prozess sein Ziel.

Änderungen und Anpassungen eröffnen den Weg

Für den Weg zu einer gemeinsamen Lösung war entscheidend, dass in der für die EmK aktuell gültigen Verfassung, Lehre und Ordnung (VLO) an drei Stellen Änderungen und Anpassungen vorgenommen werden. Es handelt sich dabei um die Artikel 161 C und 161 G aus den »Sozialen Grundsätzen« sowie den Artikel 341 Punkt 6 aus einem Abschnitt, in dem es um »Besondere Regelungen« im Rahmen des Dienstes von Pastoren und Pastorinnen geht. Mit diesen Änderungen und durch den Verzicht auf ausgrenzende Formulierungen zur Homosexualität und homosexuelle Menschen eröffnet die jetzt getroffene Entscheidung die Möglichkeit zur »Segnung gleichgeschlechtlicher Paare anlässlich einer kirchlichen Trauung«.

Ausdrücklich betont wird die Gewissensfreiheit handelnder Personen und Gemeinden. Das bedeutet, dass Pastoren oder Pastorinnen nicht verpflichtet werden können, »gegen das eigene Gewissen anlässlich einer kirchlichen Trauung Ehepaare zu segnen«. Dem vergleichbar ist auch den Gemeinden die Freiheit eingeräumt, sich für »die Möglichkeit von Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare anlässlich einer kirchlichen Trauung in der eigenen Gemeinde (zu) entscheiden«. Eine Verpflichtung, dass Gemeinden sich dafür öffnen müssen, besteht nicht.

Gewissensnöte und Gewissensfreiheit

Die Überlegungen zur Öffnung der Kirche für die umfassende Integration Homosexueller bedeutete gleichzeitig, »Menschen, die mit veränderten sexualethischen Richtlinien in Gewissensnöte kommen, eine geistliche Heimat in ihrer Kirche zu geben«. Um dieser Beheimatung Rechnung zu tragen, wurde der »Gemeinschaftsbund in der Evangelisch-methodistischen Kirche« gegründet. In der Vorbemerkung zur Ordnung des Gemeinschaftsbunds heißt es, dass neben sexualethischen Themen und Fragen auch darüber hinausgehende »Aussagen zu verschiedenen theologischen Fragen« dazugehören, die für die Beheimatung von Menschen im Gemeinschaftsbund und der EmK bedeutsam sind.

Am stärksten diskutiert wurde die Frage, ob dem Gemeinschaftsbund nur Personen angehören können oder auch Gemeinden. Auf Basis der vom deutschen Kirchenvorstand vorläufig in Kraft gesetzten Ordnung des Gemeinschaftsbunds schlossen sich bereits siebzehn Gemeinden aus allen drei deutschen Konferenzgebieten an. Die vorgebrachten Bedenken wurden intensiv diskutiert. Schlussendlich beschlossen die wahlberechtigten Mitglieder der Zentralkonferenz, die Möglichkeit beizubehalten, dass Gemeinden sich in einem in der Ordnung beschriebenen Verfahren dem Gemeinschaftsbund anschließen können.

Der Beitritt von Gemeinden bedeutet jedoch nicht, dass damit alle Personen der beitretenden Gemeinde automatisch dem Gemeinschaftsbund angehören. Die Zugehörigkeit von Personen beruht ausschließlich auf einer persönlichen Beitrittserklärung. Insofern bedeutet der Beitritt einer Gemeinde wiederum keine Gewissensbindung für einzelne Personen der jeweiligen Gemeinde.

Zum Schluss des Entscheidungsprozesses: innehalten, beten und singen

Nach erfolgter Abstimmung war Ergriffenheit und tiefe Bewegung über die im Abstimmungsergebnis erkennbare Einheit zu spüren. Wie gefährdet der über dreijährige Prozess mehrmals war, kam im anschließenden Gottesdienst zum Ausdruck. Einige persönlichen Beiträge offenbarten die immense Belastung durch die Aufgabenbeschreibung des Runden Tisches, trotz unüberbrückbar erscheinender Positionen Wege zum Miteinander und zum gegenseitigen Verstehen zu finden.

Umso mehr grenzte es an ein Wunder, dass es am Schluss nicht auf eine demokratische Beschlussfassung mit mehr oder weniger deutlichen Mehrheiten zulief. Mehrfach kam in Diskussionsbeiträgen zum Ausdruck, wie das aufrichtige Interesse am Gegenüber mit anderer Meinung dazu führte, sich gegenseitig zu öffnen. Etliche Personen formulierten, dass in einer respektvollen Gemeinschaft Platz für Menschen sein müsse, die anderer Meinung sind, und dass es die Aufgabe der Mehrheit sei, diesen Raum zu bieten und sich auch für die Bedürfnisse derer mit einer anderen Meinung einzusetzen.

Die Haltung des Respekts, des aufrichtigen Verstehens und der Unterstützung »der anderen« zog sich wie ein roter Faden durch die beiden Gesprächsblöcke am Vormittag und Nachmittag. Die einstimmige Entscheidung wurde zunächst still und dankbar aufgenommen und anschließend in einem einstündigen Gebets- und Dankgottesdienst unter der Überschrift »Innehalten – Beten – Singen« in der nahegelegenen Schlosskirche gefeiert. Ein würdiger Abschluss für einen anstrengenden und schlussendlich wunderbaren Weg.

 

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Der Autor

Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Zur Information

Die außerhalb der Vereinigten Staaten befindlichen Gebiete der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) sind in Zentralkonferenzen organisiert. In Europa sind dies die Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa, die Zentralkonferenz Nordeuropa und Eurasien sowie die Zentralkonferenz Deutschland. Weitere Zentralkonferenz-Gebiete gibt es in Afrika und Asien.

Die Zentralkonferenzen sind der Generalkonferenz, dem höchsten Leitungsgremium der EmK, nachgeordnet und für die jeweilige Region zuständig. Sie tagen alle vier Jahre, um formale, finanzielle und manche die Ordnung der Kirche betreffende Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus werden in den Zentralkonferenzen die für diese Region verantwortlichen Bischöfe oder Bischöfinnen gewählt oder deren Amtszeit verlängert.

Zur Zentralkonferenz Deutschland gehören die Gebiete der Norddeutschen, Ostdeutschen und Süddeutschen Jährlichen Konferenzen. Harald Rückert ist seit 2017 der zuständige Bischof. Dienstsitz ist Frankfurt am Main.