Deutscher Evangelischer Kirchentag Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Spiel mit gruppentherapeutischem Charakter

Im Vordergrund an einem Stehtisch der Standbesucher links und die Pastorin rechts. Sie hält einen blauen Stab in ihrer rechten Hand. Beide sehen gemeinsam in ein Faltblatt, das sie gemeinsam halten. Im Hintergrund der verkürzte Bibelvers.
Pastorin Annette Schöllhorn erklärt einem interessierten Kirchentagsbesucher das Aktionsspiel am EmK-Stand. Mit Hilfe eines Kreuzes und aufzulegenden Stäben, hier ein blauer Stab mit der Aufschrift »intensiv«, wurden Gespräche über den Glauben, über Zusammenarbeit in der Gemeinde und über methodistische Theologie angestoßen. Im Hintergrund ein Teil eines Bibelverses, den John Wesley seiner Predigt »Ökumenische Gesinnung« zugrunde legte: »Ist dein Herz aufrichtig gegen mich wie mein Herz gegen dein Herz? Wenn es so ist, dann gib mir deine Hand!«
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Der Deutsche Evangelische Kirchentag 2025 ist Geschichte, und der dortige Stand der EmK ist abgebaut. Annette Schöllhorn gibt Einblick in die Standarbeit.
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Seit vielen Jahren ist die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) beim Kirchentag mit einem eigenen Stand im Bereich der Ökumene vertreten. Annette Schöllhorn, eine Mitarbeiterin im Vorbereitungsteam, gibt Einblick in die Arbeit.

»Ich liebe es, mit unterschiedlichen Menschen unterwegs zu sein, weil ich glaube, dass man da weiter kommt.« Am Rande des trubeligen Geschehens im Kirchentagsstand der EmK in Hannover redet Annette Schöllhorn von ihren ersten Erfahrungen, wie sich »ihre Kirche« auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag präsentiert. Es ist ihr anzumerken, dass sie sich bei dieser Arbeit und inmitten der Menschen wohlfühlt. Seit knapp zwei Jahren ist die 51-Jährige am Bodensee für die Gemeinden Überlingen, Konstanz und Radolfzell als Pastorin zuständig.

Keine Ahnung, wie man zu einem Konzept kommt

Vor einem Jahr war die gelernte Mediengestalterin eingeladen worden, sich dem Team der Standvorbereitung anzuschließen. Ein Platz in dem aus vier Personen bestehenden Team war frei geworden. Mit ihrer zwanzigjährigen Erfahrung sowohl im kleinen Medienbetrieb als auch im Drei-Schicht-Betrieb einer Großdruckerei konnte sie viele Impulse einbringen. Schließlich lebt die Arbeit an einem Messestand stark von der optischen Wirkung. Der Kirchentag in Hannover war Schöllhorns erster Einsatz mit dem von ihr mitentwickelten Standkonzept.

Wie sie ihren Auftakt zur Gestaltung eines kirchlichen Messestands erlebte, beantwortet sie mit zwei Wörtern: »kreative Spannung«. Die Aufgabenstellung, ein neues Konzept mitentwickeln zu können, sei »sehr reizvoll« gewesen. Aber schon bald habe sich gezeigt, dass nicht so schnell eine wirklich tragfähige Idee entstand, obwohl die Zusammenarbeit im Team harmoniert habe. »Im vergangenen Sommer habe ich dann eine Leere gespürt«, beschreibt sie diese schwierige Phase bei der Entstehung eines Projekts. »Ich hatte keine Ahnung, wie man vom Thema des Kirchentags – »mutig, stark, beherzt« – zu einem Konzept für einen Stand kommt.« Trotzdem sei diese Phase und die Zusammenarbeit im Team »ganz cool und extrem spannend« gewesen.

Als sich eine Idee herauskristallisierte, hätten sich allmählich die kreativen Blockaden gelöst. Mit einem Kreuz als Basis und dem Spielauftrag, Stäbe aufeinanderzustapeln, war die kommunikative Spielidee geboren. Schöllhorns Erzählen gibt einen ungefähren Einblick, wie faszinierend es ist, ein Konzept zu entwickeln. Jetzt, im Stand sitzend und die erfolgreiche Umsetzung während des Kirchentags zu erleben, sei etwas Besonderes. Die Besucherzahlen und der phasenweise herrschende Trubel am Stand bestätigen dem Besucher, dass das Konzept »ankommt«.

Die Verbindung aus Medien und Theologie

Schöllhorn, die vor elf Jahren ihren Medienberuf kündigte und nach einer Übergangszeit das Studium der Theologie aufnahm, erklärt das Ziel des Spiels aus Kreuz und Stäben. Es gehe darum, auf dem etwa hüfthohen Kreuz Stäbe verschiedener Formen abzulegen. Es gibt drei Farben, sodass drei Personen spielen könnten. Gruppen könnten aber auch miteinander in Teams spielen. Zum Ablegen der Stäbe seien verschiedene Varianten spielbar. »Die meisten wählen die Variante, gemeinsam möglichst alle Stäbe aufzulegen«, erklärt die Theologin das bunte Treiben am Stand. Weil es runde, halbrunde, dreieckige und quadratische Stäbe gibt, sei es durchaus eine Herausforderung, alles auszubalancieren oder zu verhindern, dass etwas ins Rollen oder Rutschen gerät.

Die Idee mit den Stäben stammt von einem Kinderspiel, bei dem allerdings nur die Person gewinnt, die alle eigenen Stäbchen auflegen konnte. In der großen Version mit Stäben, die knapp einen Meter lang sind, verändere sich allerdings das Spiel, so Schöllhorn. Statt des Wettbewerbs gegeneinander würden die Standbesucher viel eher miteinander spielen. Sie arbeiten zusammen, legen Stäbe miteinander, beraten sich gegenseitig, helfen bei der Ausbalancierung des Gewichts. »Eine interessante und überraschende Erfahrung«, resümiert die Pastorin ihre ganz frischen Erlebnisse und führt tiefer in die Spielidee ein.

Nur miteinander, nicht gegeneinander

»Anhand der unterschiedlichen Farben und Stäbe, die man auflegt, wird deutlich, dass wir Menschen unterschiedlich sind.« Die vielen Schichten und die vielen Seiten und Weisen, wie die Stäbe gelegt werden könnten, seien ins praktische Leben übertragbar. »Keiner ist so wie der andere; der eine hat vielleicht ein paar Kanten mehr, jemand anderes ist runder, andere sind ein bisschen mehr eckig.« Wie man möglichst hoch hinaufbauen könne, führe sofort zur Frage, wie das miteinander bewältigt werden könne. »Ich mag das, wenn man miteinander und nicht gegeneinander spielt«, sagt Schöllhorn und schiebt nach: »Dieses Spiel in der großen Ausführung kann man eigentlich gar nicht gegeneinander spielen, sondern nur miteinander.«

Insofern führe das Spiel schnell vor Augen, wie hilfreich es sei, miteinander unterwegs zu sein. Einige könnten schwungvoll und riskant etwas auflegen. Andere seien bedächtiger und balancierten die ungleichen Gewichte aus. Dabei sei es auch nötig, sich gegenseitig wahrzunehmen und in der jeweiligen Art des Spiels zu respektieren. »Das Spiel hat fast einen gruppentherapeutischen Charakter«, bündelt sie die verblüffende Wirkung des Zusammenspiels. Menschen könnten erbittert über Richtig und Falsch streiten und redeten dann nicht mehr miteinander. »Bei diesem Spiel gibt es keinen Streit über ein richtiges Ablegen der Stäbe. Sie werden einfach hingelegt, oder es wird miteinander beraten, wie und wohin ein Stab gelegt wird.« Das Spielgeschehen sei sehr liebevoll. Ungeschickt abgelegte oder das Gleichgewicht störende Stäbe würden mit den nächsten Stäben korrigiert oder ausbalanciert. Gestritten werde nicht.

»Wir dürfen vielseitig und facettenreich sein«, unterstreicht sie noch einmal die Gedanken, mit denen sich das Spiel ins Persönliche übertragen lasse. Ausgehend vom Kreuz als Hinweis auf Jesus genüge diese Grundlage für das gemeinsame Bauen am Reich Gottes. Der kleine rote Auflagepunkt auf dem Kreuz stehe für dieses kraftvolle Bild. »Auf Jesus können wir bauen«, erklärt die Pastorin aus tiefer Überzeugung. Alles andere ergebe sich daraus in einem aufrichtigen und respektvollen Miteinander.

Nach dem Spiel geht man anders miteinander um

Am Schluss gibt Schöllhorn noch ein Erlebnis zum Besten: Eine Standbesucherin, wohl selbst Mitglied in einem kirchlichen Ältestenkreis, meinte: »Das Spiel brauchen alle Ältestenkreise in den Gemeinden!« Ihre Erfahrung beim Spielen am Stand bündelte die Besucherin dabei so: »Wenn Verantwortliche im Spiel so eine Aufgabe gemeinsam meistern, werden sie danach anders miteinander umgehen.« Für die Arbeit in einer Gemeinde hätte das große Auswirkungen, war sie nach ihrem Besuch am Stand der EmK überzeugt.

Das, so Schöllhorn, war beim Gespräch am Stand immer die Brücke zum Methodismus: John Wesleys Aufforderung, einander aufrichtig zu begegnen und sich gegenseitig die Hand zu reichen. »Dieses Ansinnen bewegt Methodisten weltweit, und das konnten wir mit diesem Spiel gut vermitteln.«

So eine Rückmeldung zeige, dass sich die Arbeit der Vorbereitung und Entwicklung gelohnt hat, blickt Schöllhorn auf die erste Etappe ihrer Mitarbeit zurück. Der nächste EmK-Stand bei einem Kirchentag ist 2027 in Düsseldorf.

Medienerfahrung, Gastfreundschaft und Evangeliumskompetenz

Jetzt freut sie sich zunächst aber auf die vor ihr liegende Etappe. Ende Juni wird sie nämlich ordiniert. Damit findet der elfjährige Übergang vom ursprünglichen Medienberuf mit einer Zwischenzeit in einem Gästehaus und Gastronomiebetrieb hin zum »Evangeliumsberuf« als Pastorin der Evangelisch-methodistischen Kirche sein Ziel. Die Verbindung von Medienerfahrung, Gastfreundschaft und Evangeliumskompetenz scheint Schöllhorns »Ding« zu sein.

 

Weiterführende Links

Die Aktion beim Stand der EmK am Kirchentag

Der Autor

Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.