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Streiten gehört dazu

Streiten ist menschlich – und durchaus christlich. Es kommt darauf an, wie man streitet und miteinander umgeht.

Auseinandersetzungen gehören zum Menschsein, auch unter Menschen, die sich am Vorbild Jesu orientieren. Herausfordernd ist, wie in Auseinandersetzungen eine Lösung gefunden werden kann. Dafür ist Klugheit nötig und die Bereitschaft der am Konflikt beteiligten Personen oder Gruppen, sich auf einen gemeinsamen Lösungsweg einzulassen. Im Methodismus gibt es zwei immer wieder zitierte Formulierungen, die in strittigen Fragen einen ersten, hilfreichen Zugang eröffnen.

Die erste verwendet John Wesley selbst in seiner kleinen Schrift »Kennzeichen eines Methodisten«. Weil die Methodisten wegen ihres Glaubens und ihrer Lebenspraxis regelmäßig angegriffen und kritisiert wurden, mussten sie sich immer wieder erklären oder rechtfertigen. Als Argumentationshilfe und als Erklärung veröffentlichte Wesley diese kleine Schrift, mit der er deutlich machte, dass Methodisten schlicht und einfach Christen sind. In diesem Zusammenhang betonte Wesley als erstes Kennzeichen des christlichen Glaubens die große Freiheit des Denkens. Unterschiede in dogmatischen Einzelfragen, hinsichtlich Strukturen oder Gottesdienstformen, seien zwar nicht belanglos, aber – so Wesley – »bei allem, was nicht an die Wurzel des christlichen Glaubens geht, gilt: Denken und denken lassen«. Diese Freiheit nehmen auch die Methodisten für sich in Anspruch, und diese Freiheit sollen Christen sich auch untereinander gewähren.

Die andere häufig zitierte Formulierung lautet: »Im Notwendigen Einheit, im Strittigen Freiheit, in allem Liebe« (lateinisch: In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas). Wo immer es in Auseinandersetzungen um Fragen des Glaubens und des Bibelverständnisses geht, taucht diese Formulierung auf. Auch wenn damit nicht schon automatisch die Lösung gefunden ist, kann diese Formulierung den Weg ebnen helfen. Das aufrichtige Miteinander ist dabei im Blickfeld, statt sofort der Trennung das Wort zu reden.

Auch wenn Methodisten gerne darauf verweisen, dass John Wesley diese Formulierung in die Welt gesetzt habe, kann schnell festgestellt werden, dass viele prägenden Persönlichkeiten der Kirchengeschichte damit in Verbindung gebracht werden. Offensichtlich waren viele führende Personen der Kirchengeschichte in Situationen, in denen sie zu etwas mehr Besonnenheit in Auseinandersetzungen auffordern mussten. Häufig wird der Kirchenvater Augustin (354 bis 430) als Ausgangspunkt vermutet. Heutige Nachforschen sehen stattdessen in dem Theologen Rupert Meldenius (1582 bis 1651) den Urheber der Formulierung.

Wie dem auch sei: Streiten ist menschlich – und durchaus christlich. Es kommt darauf an, wie man streitet und miteinander umgeht. Wie das gehen kann, zeigen die nächsten Kapitel.


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