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Die Arbeit des Runden Tischs der EmK in Deutschland

Eineinhalb Jahre lang suchte eine von Bischof Harald Rückert eingesetzte Arbeitsgruppe für die EmK in Deutschland eine Lösung in der »Streitfrage Homosexualität«. Ihre Leitlinien für den Umgang miteinander sind ein kraftvolles Zeugnis für die Bereitschaft zu tragfähiger Gemeinschaft.

In Deutschland formierte sich im Mai 2019 unter der Leitung von Bischof Harald Rückert ein Runder Tisch zur Suche nach einem tragfähigen Kompromiss. Einerseits ging es dabei um die Frage der Zulassung und Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften sowie der Ordination Homosexueller für den pastoralen Dienst. Andererseits ging es um die Frage der weiterhin möglichen Beheimatung von in sexualethischen Fragen konservativ denkender Menschen in der Evangelisch-methodistische Kirche.

Für die Beratungen gaben sich die Mitglieder des Runden Tischs folgende »Leitlinien fürs Gespräch«:

  • Wir stellen die Sichtweise der anderen so fair wie möglich dar.

Wir unterlassen generalisierende Urteile und vereinfachende, tendenziöse Darstellung der jeweils anderen und stellen uns der Herausforderung, wirklich verstehen und den anderen ernstnehmen zu wollen.

  • Wir versuchen, das Gewinner-Verlierer-Schema zu überwinden.

Wir geben der Frage »Was braucht mein Gegenüber?« Vorrang vor der Frage »Was brauche ich?«

  • Wir unterstellen einander Gutes.

Wir nehmen einander ab, dass wir aufrichtig gemäß unserer jeweiligen Glaubensüberzeugung reden und handeln. Auf dieser Basis müssen Unstimmigkeiten und vermeintliches Fehlverhalten offen geklärt werden.

  • Wir streiten miteinander, aber vermeiden, was zu öffentlichen Polarisierungen führt.

Mehr noch: Wir widersetzen uns aktiv allen schädigenden Polarisierungsversuchen und sind bereit, mäßigend auf unser Umfeld einzuwirken.

  • Wir gehen die anstehenden Fragen mit Weisheit und theologischer Differenziertheit an.

Das methodistische »Quadrilateral« (Schrift, Tradition, Vernunft und Erfahrung) dient uns als hilfreicher Rahmen für unsere Verständigung. Einfache Schwarz-weiß-Muster helfen nicht weiter.

  • Wir orientieren unser Reden und Handeln am Modell der »convicted humility« (Überzeugung und Demut).

Wir teilen einander unsere tiefen Überzeugungen mit und treten für unsere Sichtweise ein. Das verbinden wir allerdings mit der Demut, die darum weiß, dass alle Erkenntnis Stückwerk bleibt (1. Korinther 13,9.12.13) und darum ergänzungs- und korrekturbedürftig ist.

  • Wir glauben einander den Glauben.

Wir gestehen einander die Liebe zu Jesus Christus, zur Schrift, zu unserer Kirche und zu unserem Auftrag zu.

Auf Basis dieser Leitlinien und nach einer 18-monatigen Wegstrecke unterbreitet der Runde Tisch dem für die EmK in Deutschland zuständigen Kirchenvorstand eine Vorlage, die dieser im November 2020 berät und vorläufig in Kraft setzt. Die im November 2022 tagende und für Deutschland zuständige Zentralkonferenz setzt diese Beschlüsse einstimmig und vollumfänglich in Kraft. Das bedeutet sowohl die Öffnung der Kirche in sexualethischen Fragen als auch die bewusste Beheimatung traditioneller Überzeugungen im Raum der Kirche. Dafür wurden einerseits die Passagen mit negativen Aussagen zum Thema Homosexualität sowie die dazugehörigen Verbote kirchlicher Handlungen außer Kraft gesetzt. Andererseits wurde in der Ordnung der Kirche die Neuformierung eines »Gemeinschaftsbunds« innerhalb der EmK in Deutschland verankert, der besonders in Fragen von Sexualität und Ehe eine ausdrücklich konservative Profilierung hat. Unter Berufung auf das Adaptionsrecht der weltweit gültigen Ordnung der Kirche geht der deutsche Teil der Evangelisch-methodistischen Kirche mit diesen Beschlüssen einen eigenständigen Weg der versöhnten Verschiedenheit in der Haltung des Respekts, des aufrichtigen Verstehenwollens und der achtungsvollen Gewährung unterschiedlicher Sichtweisen. So hieß es in der Einführung zur Beschlussfassung: »Die Frage des Umgangs mit Homosexualität soll uns in unserem gemeinsamen Bekenntnis und in unserer gemeinsamen Mission nicht trennen, auch wenn für einzelne diese Frage ins Zentrum ihres Glaubens hineinführt.« Es gehe letztlich um den gemeinsam gelebten Auftrag als Kirche in der Welt, »persönliche Frömmigkeit und Weltoffenheit, evangelische Freiheit und verbindlichen Gehorsam« gemeinsam zu leben, »weil die Welt diese Verbindung braucht«.

Weil es jedoch Gewissensentscheidungen gibt, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, sei eine Gemeinschaft – hier die Evangelisch-methodistische Kirche – gefordert, Wege des Miteinanders zu suchen, die trotz unterschiedlicher Gewissensentscheidungen die Gemeinschaft bewahren. Auf diesen Weg hat sich der deutsche Teil der EmK bewusst begeben, um die versöhnte Verschiedenheit zu leben.

Damit verbindet sich die Hoffnung, dass es der weltweiten Evangelisch-methodistischen Kirche gelinge, bei der ins Jahr 2024 verschobenen Generalkonferenz ähnliche Beschlüsse zu fassen, die der Evangelisch-methodistischen Kirche eine weltweit gelebte versöhnte Verschiedenheit ermöglichen.


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