Norddeutsche Jährliche Konferenz Von T. Steinbacher, M. Baum, K. U. Ruof  | 

Bloß nicht harmlos sein!

Ein »unprofessoraler Professor« gewinnt das Ohr der Mitglieder der Norddeutschen Jährlichen Konferenz. Mit fordernder und klar verständlicher Sprache überträgt Professor Dr. Christoph Schluep die biblische Botschaft ins Heute.
Ein »unprofessoraler Professor« gewinnt das Ohr der Mitglieder der Norddeutschen Jährlichen Konferenz. Mit fordernder und klar verständlicher Sprache überträgt Professor Dr. Christoph Schluep die biblische Botschaft ins Heute.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Zwei unprofessorale Bibelarbeiten eines Theologieprofessors und ein weitreichender Beschluss bringen die Norddeutsche Jährliche Konferenz in Schwung.
3 Minuten

Vom 14. bis 18. Juni tagt die Norddeutsche Jährliche Konferenz, das Kirchenparlament für die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) im Norden Deutschlands. Der Tagungsort liegt im mittelhessischen Braunfels. Dort ist der am weitesten im Süden gelegene Bezirk dieser Konferenz beheimatet, zu dem die Gemeinden in Braunfels und Wetzlar gehören.

Biblische Aussagen drastisch auf den Punkt gebracht

Zum Auftakt der beiden Sitzungstage Donnerstag und Freitag hielt Christoph Schluep jeweils eine Bibelarbeit. Der zweiten Bibelarbeit am Freitagmorgen lag der Bericht über die Pfingstgeschichte aus Apostelgeschichte 2 zugrunde. Zum Ende seiner Auslegung hatte der Professor für Neues Testament an der Theologischen Hochschule Reutlingen mit einem drastischen Beispiel der Übertragung in die heutige Zeit die Aufmerksamkeit aller Konferenzmitglieder: »Arschlöcher – gibt’s für Gott keine!« war auf der großen Leinwand im Tagungssaal in Braunfels zu lesen.

Diese Neuinterpretation der Botschaft von der Rechtfertigung der Gottlosen habe als Plakat im Schaukasten einer schweizerischen EmK-Gemeinde mitten im Züricher Rotlichtbezirk gehangen. Dort war der jetzige Theologieprofessor zuvor als Pastor tätig. Das Plakat, so Schluep, »war dort der Renner!« Offensichtlich hatte die krasse Formulierung den Nerv der Zeit und die Alltagssprache der Leute getroffen. Zum Wunder von Pfingsten habe damals in Jerusalem gehört, dass die Jünger plötzlich sprachfähig wurden und von den Menschen in ihren je eigenen Sprachen verstanden wurden. Das habe dazu geführt, dass die Menschen damals aufhorchten und sich wunderten. Entweder hätten sie dann ablehnend reagiert oder begeistert. Das habe seine Gemeinde in einem sozialen Brennpunktviertel in Zürich zu praktizieren versucht, erklärte Schluep die drastische Wortwahl des beim Konferenzpublikum ungläubiges Staunen hervorrufenden Plakats.

Aus dem kleinen Haufen enttäuschter, verängstigter Jünger sei damals an Pfingsten die Führungsriege Gottes, die Denkfabrik einer neuen Bewegung geworden, die mit ihrer Botschaft von Gottes Liebe die Welt umkrempeln sollte. »Was«, so fragte der Reutlinger Professor eindringlich, »ist daraus mit uns, zweitausend Jahre später geworden?«

Mit seinem humorvollen, unterhaltsamen, ganz unprofessoralen Redestil sorgte der Schweizer Theologe auch mit seiner zweiten Bibelarbeit für gute Laune, seltsam erwärmte Herzen und nachdenkliche Mienen. So erzählte Schluep auch von einer Test-Anfrage beim Schweizer Sektenbeauftragten, ob man sich denn Sorgen machen müsse, wenn sich das eigene Kind zu den Methodisten hingezogen fühle. »Nein, die Sorge ist gänzlich unbegründet«, war die Auskunft. Die Evangelisch-methodistische Kirche sei keine Sekte, sondern eine von ihrer Lehre und Ordnung her anerkannte christliche Freikirche, die in gutem ökumenischen Kontakt zu den anderen Kirchen stehe. Die Methodisten seien eine »völlig harmlose« Kirche, so das beruhigende Fazit des Sektenbeauftragten.

Schluep seinerseits fand das gar nicht beruhigend. Stattdessen plädierte er für ein Christsein, das sich die Hände schmutzig macht, weil »Diakonie« quasi »durch den Dreck hindurch« bedeute. Es sei nötig, sich den Mund zu verbrennen, weil die Stimme für Menschen erhoben werden müsse, die sonst keine Stimme haben. Sein Fazit: »Lieber eine offensive und streitlustige Kirche sein, als eine, die schiedlich-friedlich, saft- und kraftlos vor sich hinsiecht.« Lieber auch mal anecken als abgerundet und konfliktscheu niemandem zu nahe zu treten. »Und bitte: Bloß nicht harmlos sein!« – Originalton Schluep.

Fünf Regionen, zwei Superintendenten, mehr Flexibilität

»Die Norddeutsche Jährliche Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche stellt sich organisatorisch neu auf.« Das ist das Ergebnis der ersten Beratungen der Konferenzmitglieder während der Tagung in Braunfels. Das geografisch bisher in drei Distrikte gegliederte Konferenzgebiet wird künftig in fünf übersichtlichere Regionen aufgeteilt. Statt bisher dreier Personen, die als Superintendent oder Superintendentin einen Distrikt leiteten, erfolgt die Leitung nur noch durch zwei Personen im Amt eines Superintendenten.

Dieser weitreichende Beschluss wurde mit großer Mehrheit gefasst. Eine neunköpfige Arbeitsgruppe wird die erforderlichen Systemänderungen ermitteln und beschreiben, sodass die Konferenzmitglieder bei der Tagung im kommenden Jahr die nächsten Schritte beschließen und gehen können. Es ist kein völliges Neuland, das die Evangelisch-methodistische Kirche in Norddeutschland damit betritt. Schon bisher bündeln Gemeindebezirke in einzelnen Regionen ihre Aktivitäten und stimmen viele Aufgaben miteinander ab. »Das wird in Zukunft eine größere Rolle spielen«, sagten etliche Konferenzmitglieder, die sich im Plenum und bei Tischgruppengesprächen angesichts der sich anbahnenden Entscheidung zu Wort meldeten. Diese regional bereits eingeübte Praxis wird sich nun flächendeckend bewähren müssen.

Die Autoren

Thomas Steinbacher ist Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche. In Berlin ist er für die Bezirke Kreuzberg und Neukölln/Eichwalde zuständig. Markus Baum ist Redakteur bei ERF-Medien. Für den Bezirk Braunfels der Evangelisch-methodistischen Kirche ist er Laienmitglied in der Norddeutschen Jährlichen Konferenz. Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Zur Information

Die Norddeutsche Jährliche Konferenz ist ein Kirchenparlament der Evangelisch-methodistischen Kirche. Ihr Gebiet umfasst die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein sowie Teile von Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Das Kirchenparlament ist zuständig für rund 90 Gemeinden mit rund 8.500 Kirchengliedern und Kirchenangehörigen (Stand 31.12.2022).