Norddeutsche Jährliche Konferenz Von Michael Putzke  | 

Zuhören und Essen als Faktoren der Gemeindeentwicklung

»Beim Essen werden Menschen neu«, erklärt der Bremerhavener EmK-Pastor Christhard Elle im Rahmen seiner Predigt zur Eröffnung der Norddeutschen Jährlichen Konferenz.
»Beim Essen werden Menschen neu«, erklärt der Bremerhavener EmK-Pastor Christhard Elle im Rahmen seiner Predigt zur Eröffnung der Norddeutschen Jährlichen Konferenz.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Am gestrigen Mittwochabend wurde die Norddeutsche Jährliche Konferenz mit einem Abendmahlsgottesdienst in der Friedenskirche in Braunfels eröffnet.
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Vom 14. bis 18. Juni tagt die Norddeutsche Jährliche Konferenz, das Kirchenparlament für die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) im Norden Deutschlands. Gastgeberin ist in diesem Jahr die EmK-Gemeinde im mittelhessischen Braunfels. Dort fand am gestrigen Mittwochabend, dem 14. Juni, der Eröffnungsgottesdienst mit Abendmahl und mit dem Gedenken an Verstorbene statt. Die Tagung steht unter dem Thema »Herzenssache«.

Christhard Elle, Pastor in Bremerhaven, predigte über den Ausruf der Emmausjünger »Brannte nicht unser Herz« aus dem Lukasevangelium (Kapitel 24, Verse 13-35). Dieser Satz, so Elle, gebe die Erfahrung zweier Jünger wieder, deren Begegnung mit Jesus ihr Leben verändert habe. Lukas beschreibe, wie sie nach Ostern von Jerusalem desillusioniert in ihr Dorf Emmaus zurückgehen. Die Erfahrung der Auferstehung war an ihnen vorbeigegangen, und sie sind noch tief in der Trauer gefangen.

»Was war ich enttäuscht, als mein Bruder starb!« erzählt Elle vom Trauerfall in der eigenen Familie. Im Januar war sein Bruder im Alter von nur 53 Jahren gestorben. Wer hatte nicht alles gebetet, beschreibt der Prediger die persönliche Erfahrung und seine tiefe Enttäuschung. In diesen Momenten wollte er nicht wissen, was an anderen Orten in Gemeinden gut laufe. Er selbst wollte lieber »nach Emmaus gehen« und einfach nur dortbleiben. Er habe sich wie die Emmausjünger gefühlt, die auf dem Weg dem Auferstandenen begegnen, aber ihn nicht erkennen. Jesus sei den niedergeschlagenen und trauernden Jüngern als Seelsorger begegnet, der sie lehrt und das Abendmahl mit ihnen feiert. Es ist ein Weg, auf dem Jesus sich den Jüngern neu zeigte.

Drei Spuren

»Was bringt die Herzen zum Brennen?« So fragte Christhard Elle die Konferenzgemeinde und zeigte drei Spuren auf, wie dies geschehen könne. Die erste Spur: Jesus hört den beiden Jüngern zu. In dem Projekt »Die gute Stube«, ein Café der Bremerhavener EmK-Gemeinde, seien für Gäste weniger die Andachten des Pastors interessant gewesen. Den Besuchern sei viel wichtiger gewesen, dass ihnen die Mitarbeitenden zugehört hätten. So hätten sie einfach erzählen können, was sie auf dem Herzen hatten und was in ihrem Leben falsch gelaufen sei.

Die zweite Spur sei, dass die Jünger Jesus zum Bleiben eingeladen hätten, um mit ihm noch Zeit verbringen zu können. Elles Bremerhavener Gemeinde setze diesen Gedanken, viel Zeit mit Jesus verbringen zu können, in der Weise um, dass alle, die sich der Gemeinde anschließen, einen Kirchenschlüssel erhielten. Diese Möglichkeit, die Gemeinderäume aufsuchen zu können und Teil der Gemeinde zu sein, überrasche und überwältige viele der zur Gemeinde hinzukommenden Menschen.

Als dritte Spur nannte Elle gemeinsames Essen. Erst als Jesus das Brot mit ihnen bricht, erkennen die Jünger den, der mit ihnen unterwegs war. Beim Essen wird ihnen das Herz aufgetan. Deshalb, so Elle, gehöre in vielen Gemeindeveranstaltungen gemeinsames Essen einfach dazu. Die Menschen hätten tatsächlich Hunger, und sie suchten Gemeinschaft. »Sie sind einsam und essen sonst allein.« Beim Essen werden Menschen neu, ist der sich der Pastor sicher. Die Geschichte der Emmausjünger lehre dies.

Die entscheidende Frage sei: »Warum klappt das bei uns nicht?«, obwohl in der EmK etliche Gemeinden schon lange so arbeiteten. Elles Antwort: die Reihenfolge sei einzuhalten. Es beginne mit dem Zuhören, dann folge die Einladung an Jesus und nicht schon die Einladung an andere. Erst nach dem Essen, bei dem die Jünger Jesus erkannt hätten, seien die Jünger zurück nach Jerusalem gegangen, um den anderen davon zu erzählen. Losgehen könne man erst dann, wenn man »Gottes Wort an sich gehört hat«. Sonst brauche man nicht losgehen, sagte Christhard Elle der Konferenzgemeinde.

Grußworte aus der Ökumene

Die Verbundenheit mit anderen Kirchen und der Stadt ist Teil der Konferenzeröffnungsgottesdienste. Die Grußworte ökumenischer Gäste und des Bürgermeisters brachten das auch in diesem Jahr zum Ausdruck. Pfarrer Sven Seuthe überbrachte die Grüße der Evangelischen Landeskirche, in deren Friedenskirche auch der Eröffnungsgottesdienst stattfand. Von der Römisch-katholischen Kirche dankte die Pastoralreferentin Andjelka Ferincevic für die gute ökumenische Zusammenarbeit. Der Bürgermeister Christian Breithecker grüßte von der Stadt Braunfels und freute sich auf den Gottesdienst, »um dabei auch persönlich Kraft zu schöpfen«.

Den Verstorbenen gedenken

Im Rahmen des Eröffnungsgottesdienstes gedachte die Konferenzgemeinde der Personen, die im zurückliegenden Konferenzjahr verstorben waren. Gedacht wurde der Pastorenfrauen Martha Siering und Krimhild Sieweck sowie der Pastoren Helmut Robbe, Johannes Kapries und Martin Lange.

Die anstehenden Aufgaben der Konferenzmitglieder

Für Irene Kraft, Superintendentin für den Distrikt Hamburg, und Gabriel Straka, Superintendent für den Distrikt Berlin, endet die Dienstzeit in diesen Beauftragungen im Jahr 2025. Für Wahlvorbereitungen hätte es genügend Zeit. Angesichts der schon laufenden Beratungen des für die EmK in ganz Deutschland angesagten Strukturwandels, müsse jedoch grundlegend auch über die Füllung und Organisation des Dienstes der Superintendenten nachgedacht werden.

»Wir glauben, dass uns ein ›weiter so‹ recht schnell an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit führen würde«, heißt es im Bericht der Superintendentin und ihrer beiden Kollegen. Ein Vorschlag regt an, den Dienst der Superintendenten gänzlich neu zu gestalten. Vorgesehen ist eine »Umstrukturierung von drei Distrikten hin zu fünf Regionen«, in denen die Leitungsverantwortung neu verankert werden soll, erklärt die Hamburger Superintendentin. Bei Annahme des Vorschlags würde nur noch eine Person in Vollzeit das Amt eines Superintendenten oder einer Superintendentin ausüben. Für die fünf Regionen solle jeweils ein Pastor oder eine Pastorin für die Leitung zuständig sein. Diese Personen würden weiterhin in einer Gemeinde arbeiten und den Superintendenten unterstützen. Dieses Regionalmodell könne dazu beitragen, in angemesseneren und verkleinerten Strukturen und Gremien unterwegs zu sein.

Neben diesem Vorschlag wird die Überlegung diskutiert, die Anzahl der Distrikte und damit die Zahl der Superintendenten auf zwei zu reduzieren. Dabei bliebe grundsätzlich der Dienst der Superintendenten wie bisher erhalten. Bei der Jährlichen Konferenz in Bremerhaven vor sechs Jahren war dieser Vorschlag denkbar knapp mit nur einer Stimme Unterschied abgelehnt worden. Umso größer ist die Spannung, wie die Diskussion und Entscheidung in diesem Jahr ausgehen wird.

Der Autor

Michael Putzke ist Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche und leitet die Redaktion des zweiwöchentlich erscheinenden Kirchenmagazins »Unterwegs«. Kontakt: redaktion(at)emk.de

Zur Information

Die Norddeutsche Jährliche Konferenz ist ein Kirchenparlament der Evangelisch-methodistischen Kirche. Ihr Gebiet umfasst die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein sowie Teile von Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Das Kirchenparlament ist zuständig für rund 90 Gemeinden mit rund 8.500 Kirchengliedern und Kirchenangehörigen (Stand 31.12.2022).