Generalkonferenz in Charlotte Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Neue Wege für die Kirche durch Aufhebung eines Verbots

Im Vordergrund drängen sich viele Menschen. Vier von ihnen fotografieren mit ihren Smartphones. Im Hintergrund ist die Bühne in der Halle sichtbar, in der die Generalkonferenz tagt. Über der Bühne: große Anzeigen.
Das Ordinationsverbot für »bekennende Homosexuelle« ist aufgehoben. An der Abtrennung zwischen Plenum und Zuschauerbereich freuen sich Delegierte und Zuschauer miteinander über die Streichung des jahrzehntelang umstrittenen Verbots.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Der Anlass für jahrzehntelange Diskussionen bei Generalkonferenzen ist beseitigt: Das Ordinationsverbot für »bekennende Homosexuelle« ist aufgehoben.
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Wie bereits am Vortag kurz gemeldet, hat die Generalkonferenz, das höchste Kirchenparlament der weltweiten Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK), das bisher geltende Verbot aufgehoben, Personen zu ordinieren, die sogenannte »bekennende praktizierende Homosexuelle« sind. Eine weitere Abstimmung beendete die außerordentliche Regelung, die vor allem in den Vereinigten Staaten dazu geführt hatte, dass Tausende Gemeinden die EmK verließen. Neu beschlossen wurde eine Regelung für Gemeinden, die wieder zur EmK zurückkehren wollen.

Ein großer Schritt: die Kirche öffnet sich durch die Streichung eines Artikels

Die jetzt beschlossene Streichung einer Formulierung in der Ordnung der Kirche wurde zusammen mit 21 anderen Regelungen mit 692 zu 51 Stimmen angenommen, also mit einer Zustimmung von 93 Prozent. Damit sind die bisherigen Aussagen in der zweiten Hälfte des Artikels 304.3 der »Verfassung, Lehre und Ordnung« gestrichen. Darin hieß es in der amerikanischen Fassung bisher, dass »praktizierte Homosexualität« mit der christlichen Lehre »unvereinbar« ist. Gestrichen wurde auch: »Bekennende praktizierende Homosexuelle können daher weder als Kandidaten für den pastoralen Dienst zugelassen, als Pastor oder Pastorin ordiniert werden noch eine Dienstzuweisung für den Dienst in der Evangelisch-methodistischen Kirche erhalten.«

Nach der Streichung, die für den US-Teil der Kirche mit dem Ende der Generalkonferenz in Kraft tritt, gibt es in Bezug auf sexuelle Orientierung keine Einschränkungen mehr für die Ordination zum Pastor oder zur Pastorin der Evangelisch-methodistischen Kirche und keine Strafen mehr für die Durchführung von Segnungen anlässlich der Trauung gleichgeschlechtlicher Paare. Der verabschiedete Beschluss bewahrt ausdrücklich das Recht von Pastoren und Pastorinnen sowie von Gemeinden, gleichgeschlechtliche Trauungen nicht zu leiten oder auszurichten.

Zentralkonferenzen können eigene Regelungen treffen

Für die Zentralkonferenzen außerhalb der Vereinigten Staaten tritt der Beschluss nach zwölf Monaten in Kraft oder nach der nächsten Tagung der jeweiligen Zentralkonferenz. Für die Zentralkonferenz Deutschland und die Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa hat diese Entscheidung keine direkte Auswirkung. In deren Kirchenordnungen wurde der besagte Teil des Artikels 304 nicht übernommen.

Für die Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa sowie für die Zentralkonferenz Nordeuropa mit dem Baltikum und der Ukraine sowie der Republik Moldau ist dieser Beschluss und die weiteren dazugehörigen Regelungen sehr bedeutsam. Dort können die Zentralkonferenzen nun für ihr jeweiliges Gebiet und sogar für die einzelnen Jährlichen Konferenzen Regelungen treffen, die den sehr unterschiedlichen kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Situationen dieser Länder Rechnung tragen. Das bedeutet Gestaltungsmöglichkeiten für Trauungsliturgien und für die Ordination zum pastoralen Dienst. Für Zentralkonferenzen erlangt der jetzt gefasste Beschluss erst Gültigkeit, wenn sie im Rahmen ihrer nächsten Zentralkonferenztagung die jetzt bei der Generalkonferenz gefassten Beschlüsse in Kraft setzen.

Austrittsvereinbarung beendet, Rückkehrrecht beschlossen

Des Weiteren beschlossen die Generalkonferenzdelegierten, das von der außerordentlichen Generalkonferenz im Jahr 2019 eingeführte Recht zum Austritt von Gemeinden aus der Evangelisch-methodistischen Kirche unter Mitnahme des Kircheneigentums zu beenden. Davon hatten in den USA mehr als 7.600 Gemeinden Gebrauch gemacht. Der Beschluss zur Beendigung dieser Sonderregelung wurde mit einem Stimmenverhältnis von 516 zu 203 Stimmen gefasst.

In diesem Zusammenhang wurde auch ein neuer Beschluss zur Rückkehr von Gemeinden nach vorherigem Verlassen der EmK diskutiert. Mit einer Mehrheit von 629 zu 96 votierten die Delegierten dafür, dieses Rückkehrrecht und damit auch das Angebot zur Wiedervereinigung und zur Versöhnung einzuräumen.

 

Weiterführende Links

Der Autor

Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Zur Information

Artikel 304.3 der »Verfassung, Lehre und Ordnung« der EmK
Die mit der jetzt bei der Generalkonferenz getroffene Entscheidung bezieht sich auf den zweiten Teil des Artikel 304.3 im (amerikanischen) »Book of Discipline« (deutsch: »Verfassung, Lehre und Ordnung«, VLO). Im englischen Text heißt es dort: »The practice of homosexuality is incompatible with Christian teaching. Therefore self-avowed practicing homosexuals are not to be certified as candidates, ordained as ministers, or appointed to serve in The United Methodist Church.« (Deutsch: Praktizierte Homosexualität ist mit der christlichen Lehre unvereinbar. Bekennende praktizierende Homosexuelle können daher weder als Kandidaten für den pastoralen Dienst zugelassen, als Pastor oder Pastorin ordiniert werden noch eine Dienstzuweisung für den Dienst in der Evangelisch-methodistischen Kirche erhalten.) In der deutschen VLO ist dieser zweite Teil des Artikels nicht wiedergegeben, weil die Zentralkonferenz Deutschland hier von ihrem Adaptionsrecht Gebrauch machte und diese Passage in die deutsche Fassung nicht übernahm.

Generalkonferenz
Die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) ist eine weltweit verfasste und strukturierte Kirche. Ihr höchstes Kirchenparlament ist die alle vier Jahre tagende Generalkonferenz. Sie legt das Recht und die Lehre der EmK fest und entwickelt sie weiter. Die Delegierten, je zur Hälfte Geistliche und Laien, diskutieren und entscheiden über die der Generalkonferenz vorliegenden Beschlussanträge. Beschlussanträge werden zunächst in Ausschüssen beraten. Erhalten sie dort die erforderliche Zustimmung, wird darüber im Plenum diskutiert und beschlossen. Bischöfe leiten die Sitzungen, haben aber weder Sitz noch Stimme.

Unterhalb der Generalkonferenz sind innerhalb der USA die Jurisdiktionalkonferenzen und außerhalb der USA die Zentralkonferenzen angesiedelt. Sie tagen ebenfalls alle vier Jahre innerhalb eines Jahres nach der Generalkonferenz. Sie wählen Bischöfe oder Bischöfinnen innerhalb des jeweiligen Gebiets und setzen Beschlüsse der Generalkonferenz in Kraft. Die Zentralkonferenzen sind außerdem befugt, Änderungen und Anpassungen an Teilen des Kirchenrechts der Evangelisch-methodistischen Kirche vorzunehmen, wenn es die missionarische Situation oder unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen in den jeweiligen Gebieten erfordern.

Weiter unterhalb der Jurisdiktionalkonferenzen und der Zentralkonferenzen arbeiten die Jährlichen Konferenzen. Sie entsenden mindestens zwei Personen als Delegierte in die Generalkonferenz. Wie viele Delegierte eine Jährliche Konferenz entsenden darf, entscheidet sich an der Zahl ihrer ordinierten Mitglieder und der Zahl der Kirchenglieder in ihrem Gebiet.