Dankfest mit Mahnwort
Während der Tage über den Jahreswechsel berichtet emk.de über einige zurückliegende Ereignisse. Die eher nachrichtenarme Zeit wird damit überbrückt und hebt Geschehenes auf diese Weise in den Fokus. Gute Lektüre wünscht die emk.de-Redaktion.
Bei einem Erinnerungs- und Dankgottesdienst erinnerten sich die ehemals an der »Zonengrenze« gelegenen evangelisch-methodistischen Gemeindebezirke Hof, Naila, Reichenbach und Bad Lobenstein an die 35 Jahre zurückliegende Grenzöffnung zwischen den beiden deutschen Staaten.
Wie im Märchen
»Es war einmal.« So fangen Märchen an. Was in Deutschland vor 35 Jahren geschah, war geradezu märchenhaft. Die Bezirke Hof und Naila – damals noch eigenständig – lagen direkt an der innerdeutschen Grenze. Nur wenige Kilometer waren es, um diese Grenze zu Fuß bei einer Wanderung durch den Wald oder beim Pilzesammeln zu erreichen.
Mitte der 1970er-Jahre wurden Partnerschaften zwischen evangelisch-methodistischen Gemeinden in der DDR und in Westdeutschland eingerichtet. Im Rahmen des sogenannten »Kleinen Grenzverkehrs« konnten grenznahe Gemeinden besucht werden. Das war der Beginn für die Gemeindepartnerschaften zwischen den »West-« und »Ost-Gemeinden« Hof und Reichenbach sowie Naila und Bad Lobenstein.
Nur noch dreißig Minuten entfernt
Zu diesen freundschaftlichen Verbindungen gehören im Rückblick die aufwendig zu planenden Besuche von West nach Ost genauso wie die große Freude der Grenzöffnung am 9. November 1989. Der darauffolgende Sonntag war für Gemeindeglieder aus Reichenbach der sofortige Anlass, den Gottesdienst der Partnergemeinde Hof zu besuchen. Wie einfach waren die Treffen nach der Wende geworden! Nach bis dahin wochenlangen Planungen mit aufregenden Grenzformalitäten und großem Umweg verkürzte sich die Anreise ab da auf dreißig Minuten Fahrt über die Autobahn – egal ob von West nach Ost oder umgekehrt.
Inzwischen sind die Bezirke Hof und Naila zu einem Bezirk vereinigt und auch im angrenzenden Gebiet der Ostdeutschen Jährlichen Konferenz veränderten sich Gemeindezugehörigkeiten. Im zurückliegenden September waren die Bezirke Hof-Naila und Südost-Thüringen – zu diesem größeren Bezirk gehört jetzt auch die Gemeinde Bad Lobenstein – zu einer gemeinsamen Wanderfreizeit im südbayerischen Hohenschwangau. Die Freiheit von den jahrzehntelangen Fesseln der Grenze erleichtert auch die gegenseitige Aushilfe bei Predigtdiensten. Wer hätte sich das jemals beim damaligen grenznahen Wandern und Pilzesammeln je vorzustellen gewagt?
Predigt mit mahnenden Worten
Dieses gemeinsame Erleben war für die heutigen Bezirke Hof-Naila, Reichenbach und Südost-Thüringen Anlass, um Anfang November einen Dank- und Gedenkgottesdienst in der evangelisch-methodistischen Pauluskapelle in Hof zu feiern. Unter dem Thema »Haltet die Freiheit hoch!« feierten die Gemeinden zusammen mit Personen aus weiteren, angrenzenden Bezirken ein Dankfest, um Gott für dieses damals so märchenhafte Erleben die Ehre zu geben.
Zeugnisse und Erinnerungen aus der Zeit der »Wende« wurden erzählt und kamen im Gottesdienst zur Sprache. Matthias Zieboll, Pastor im Bezirk Südost-Thüringen, richtete in der Predigt aber auch mahnende Worte an Gottesdienstbesucher. Das Volk Israel habe nach seiner Befreiung aus Ägypten in der Wüste zu murren angefangen und sich in die Sklaverei zurückgewünscht. Heute sei es auch eine Gefahr, so der Prediger, sich die Vergangenheit schönzureden und zu glorifizieren. Es sei gefährlich, sich »früher war alles besser« zuzurufen und die Mauer »kleinzureden«. Es gilt, Gott zu danken, dass diese unmenschliche Grenze verschwunden ist.
Die Autoren
Erika Beer gehört als Kirchenglied zum evangelisch-methodistischen Bezirk Hof-Naila. Für diesen Bezirk ist Benedikt Hanak als Pastor zuständig. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.