Gemeindegründung statt Kirchenschließung
»Aufladepause« war zuerst nur der Name des Internetauftritts für ein Projekt in Berlin, um »Räume für christliche Spiritualität« anzubieten. Vor vier Jahren in Berlin-Mitte gestartet, ist daraus seit Ende September eine Gemeinde der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) geworden.
Am 22. September war die offizielle Gemeindegründung, die im Mai dieses Jahres bei der Tagung der Norddeutschen Jährlichen Konferenz beschlossen wurde. Inzwischen trifft sich nämlich regelmäßig eine kleine Gruppe und nutzt dazu Räume der evangelisch-methodistischen Erlöserkirche in der Schröderstraße mitten in Berlin knapp einen Kilometer nördlich des Spreebogens, der an der Museumsinsel vorbeiführt. »Durch Stille und Meditation Gott begegnen und gestärkt werden – dieser Wunsch verbindet uns, aber auch das gemeinsame Singen und Teilen von Erfahrungen beim gemütlichen Abendessen«, erklärt Maren Herrendörfer. Sie ist als EmK-Pastorin vor vier Jahren mit der Entwicklung dieses Projekts beauftragt worden. »Es ist uns wichtig, die ganzheitlichen Zugänge zum Glauben zu entdecken und wahrzunehmen und auf diese Weise auch die Menschen zu erreichen, die auf der Suche nach spirituellen Erfahrungen sind«, beschreibt die Theologin, die auch eine Ausbildung zur geistlichen Begleiterin absolviert hat, das Angebot. Im Rahmen der kleinen Gründungsfeier konnte sogar die Aufnahme von zwei Kirchengliedern gefeiert werden, freut sich Herrendörfer und ist »sehr gespannt, was Gott mit uns noch vorhat«.
Christian Dabeler, der von Beginn an dabei ist, schildert seine erste Begegnung mit dem Projekt und den Weg bis zur Gemeindegründung so:
Seit vielen Jahren wohne ich bin Berlin-Mitte und bei den Spaziergängen durch die Schröderstraße fragte ich mich immer wieder, was es wohl für eine Kirche dort in dem Hinterhof der Hausnummer 5 sei. Am Eingang waren zwei Schaukästen, von denen einer auf die Kinder- und Jugendhilfe »Kinder in die Mitte« verwies. Der andere wirkte etwas verwaist. Die Kirche blieb längere Zeit ein Geheimnis für mich, das mich anzog. Vor vier Jahren entdeckte ich einen neuen Aushang, in dem Pastorin Maren Herrendörfer zu einer Meditationsandacht einlud. Der begleitende Text zu dem Projekt »Räume für Spiritualität« sprach mich sofort an; insbesondere der Gedanke ganzheitlicher religiöser Erfahrungswege.
Ich erinnere mich gut, wie bewegend die erste Begegnung mit der Erlöserkirche und der Pastorin war, wie sehr mir die Andacht gefiel und ich ein Gefühl von »Fügung« hatte. Wir kamen danach ins Gespräch, trafen uns zu geistlichem Austausch, und es entwickelte sich ganz natürlich, weiterhin die Andachten zu besuchen. Marens offene Art, auch ihre Anregung, die eigenen Gedanken und spirituellen Empfindungen in die Gestaltung der Meditationsandachten einzubringen bestärkten dies. Der wundervolle Raum der Erlöserkirche tat sein Übriges.
So durfte ich dabei sein, als sich ein kleiner Chor bildete und sich nach und nach eine Gemeinschaft von Gläubigen fand. Wir haben alle völlig unterschiedliche Hintergründe. Einige sind methodistisch sozialisiert, andere ehemals katholisch oder aus anderen freikirchlichen Zusammenhängen. Ich bin eigentlich der Einzige, der vor Ort wohnt. Die anderen kommen aus allen Ecken Berlins. Auch dieser Umstand macht es zu etwas Besonderen. Mittlerweile ist das Angebot gewachsen: Oasentage, ein regelmäßiges Feiermahl oder Online-Andachten, die über Berlin hinaus Resonanz finden, und geistliche Begleitung wollen sich finden lassen und stehen allen Interessierten offen.
»Es ist etwas Besonderes und Hoffnungsvolles, wenn sich in Zeiten von Kirchenschließungen eine neue Gemeinde gründet«, sagte Gabriel Straka im offiziellen Festakt der Gemeindegründung. Der für den Distrikt Berlin zuständige Superintendent berührte damit die Herzen derer, die diesen Weg bis dahin gemeinsam zurückgelegt hatten. Christian Dabeler ist sich sicher, dass die Gemeinde »ihren offenen und einladenden Charakter« beibehalten wird und lädt ein, »einfach mal vorbeizuschauen«.
Die Gemeinde trifft sich alle zwei Wochen sonntagabends abwechselnd zur meditativen Andacht und zum Feiermahl. So können sich die Schwerpunkte Andacht, Gebet und Meditation sowie der Austausch und die Gemeinschaft beim gemeinsamen Abendessen ausprägen. »Auf diese Weise möchten wir Menschen eine geistliche Heimat bieten, miteinander Glauben entdecken und leben«, heißt es im Internetangebot der Gemeinde, die sich freut, »wenn Menschen dazustoßen und diesen Wunsch mit uns teilen«.
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Der Autor
Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.