Gesprächsstoff
Vor kurzem hat sich das Kirchenmagazin »unterwegs« der Evangelisch-methodistischen Kirche ausführlich mit der Debatte über Homosexualität in der Evangelisch-methodistischen Kirche befasst. Seither gibt es viel zu besprechen. Das zeigen auch die Leserbriefe, die seither in der Redaktion von »unterwegs« eintreffen. Bischof Harald Rückert versucht in der Ausgabe des Kirchenmagazins vom 9. Dezember auf Fragen einzugehen, die den Inhalt und die Tragweite der drei möglichen Lösungen betreffen.
Derzeit wird in unseren Gemeinden viel über das Thema Homosexualität gesprochen. Es ist gut, miteinander zu sprechen. Es ist nötig, einander gut zuzuhören. Es ist verheißungsvoll, gemeinsam zu beten und zu fasten – besonders auch mit den Menschen, die anders denken als wir.
Drei vieldiskutierte Modelle
Um einen gemeinsamen Weg für die Zukunft der Evangelisch-methodistischen Kirche auch in den Fragen um die Homosexualität zu ermöglichen, hat der Bischofsrat unserer Kirche im Mai dieses Jahres eine Vorlage an die außerordentliche Generalkonferenz auf den Weg gebracht. Darin wird eines der drei Modelle empfohlen und zwei weitere beschrieben. Seither werden diese Modelle natürlich auch in den Gemeinden diskutiert. Lassen Sie mich als Bischof einige Hinweise geben, die uns gegenseitig zum besseren Verständnis helfen. Die detaillierte Beschäftigung mit den Modellen wird vorrangig die Aufgabe der Generalkonferenzdelegierten sein. Sie werden sich inhaltlich ganz konkret und sehr intensiv damit auseinanderzusetzen haben. Trotzdem ist es gut, wenn die drei Modelle in ihren wesentlichen Inhalten bekannt sind. Deshalb will ich sie kurz und bündig zu erklären versuchen:
Der sogenannte »Traditionalist Plan«
Viele meinen, mit der Entscheidung für dieses Modell bleibe alles, wie es bisher war. Das ist ein Missverständnis. Richtig ist vielmehr: Im Kern zielt dieses Modell auf eine harte und konsequente Umsetzung der Kirchenordnung bei allen Fragen rund um Homosexualität. An der »traditionellen Sichtweise« der bisherigen Kirchenordnung wird nicht nur festgehalten, sondern es werden noch zahlreiche weitere Paragraphen hinzugefügt. Dabei geht es um sehr detaillierte Vorgaben zur Ahndung von Vergehen. Es werden konkrete Verpflichtungserklärungen abverlangt, disziplinarische Maßnahmen einschließlich Kirchengerichtsverfahren bei Verstößen werden exakt beschrieben, und es werden Regelungen formuliert, wie diejenigen die Kirche verlassen können, die diese Verschärfungen nicht billigen. Alle Personen im ordinierten pastoralen und bischöflichen Dienst sowie alle Jährlichen Konferenzen, die sich auf diese erweiterte und verschärfte Ordnung nicht schriftlich verpflichten lassen, müssen bis Ende des Jahres 2020 die Evangelisch-methodistische Kirche verlassen. Danach dürfen sie den Kirchennamen nicht mehr verwenden.
Der sogenannte »One Church Plan«
Viele meinen, mit der Entscheidung für dieses vom Bischofsrat empfohlene Modell werde künftig alles ausdrücklich erlaubt. Die Segnung homosexueller Lebensgemeinschaften und die Ordination homosexueller Menschen werde dann zum neuen und für alle verpflichtenden Standard in der Praxis der Kirche. Das ist ein Missverständnis. Richtig ist vielmehr: Aus der bisherigen Kirchenordnung sollen die wenigen Formulierungen gestrichen werden, die praktizierte Homosexualität ausdrücklich verurteilen und in denen die disziplinarischen Maßnahmen beschrieben sind, wenn eine Pastorin oder ein Pastor dagegen verstößt. Einige Abschnitte werden eingefügt, die ausdrücklich sicherstellen, dass niemand im ordinierten pastoralen und bischöflichen Dienst dazu gedrängt werden darf, gegen die eigene Überzeugung zu handeln. Niemand muss seine eigene Überzeugung in diesen Fragen ändern, um zur Evangelisch-methodistischen Kirche gehören zu können. In unserer Kirche sollen Menschen mit »traditioneller Sichtweise « und solche mit einer »anderen Sicht« gleichberechtigt ihren Platz haben. Abstimmungen der Jährlichen Konferenzen können erfolgen, müssen aber nicht.
Der sogenannte »Connectional Conferences Plan«
Dieses Modell sieht vor, dass sich in den USA drei methodistische Konferenzen formieren, die nicht mehr geographisch orientiert sind. Das wesentliche Kriterium dieser Neuformierung ist die Haltung zum Thema Homosexualität. Dieses Modell würde zu je einer Konferenz mit konservativer und mit liberaler Ausrichtung sowie zu einer beide Ausrichtungen verbindenden Konferenz führen. Jede dieser Konferenzen kann sich weitgehend eigene Ordnungen geben, inhaltliche Schwerpunkte setzen und ist finanziell eigenverantwortlich. Diese eigenständigen Konferenzen arbeiten unter einem gemeinsamen Dach, das sich »Evangelisch-methodistische Kirche« nennt. Dabei können in gewissen Bereichen gemeinsame Ressourcen genutzt werden. Außerhalb den USA können sich Jährliche Konferenzen und Zentralkonferenzen einer dieser Konferenzen in den USA anschließen. Die mit diesem Modell verbundenen strukturellen Herausforderungen sind zahlreich, kompliziert und sehr langwierig. Wie soll das Eigentum aufgeteilt werden? und Wie werden die Pensionsrücklagen verrechnet? sind nur einige der dann zu klärenden Fragen. Die daraus folgenden Klärungsprozesse werden alle Ebenen von der Generalkonferenz bis »hinunter« in Bezirke und Gemeinden betreffen. Dieses Modell enthält zudem zahlreiche Änderungen der Verfassung, über die nach der Generalkonferenz weltweit alle Mitglieder aller Jährlichen Konferenzen abstimmen müssen.
Die Bischöfe haben kein Stimmrecht
Diese drei Modelle sowie rund hundert Anträge von Einzelpersonen liegen den Delegierten der außerordentlichen Generalkonferenz im Februar zur Beratung und Beschlussfassung vor. Die oben dargestellten Modelle können also noch grundlegende Veränderungen erfahren. Was viele gar nicht wissen, aber für die Leitung der Kirche sehr bedeutsam ist: Bischöfinnen und Bischöfe haben bei Generalkonferenzen kein Rederecht und sie dürfen auch nicht abstimmen. Sie sollen die Kirche durch die Autorität des verkündigten Wortes leiten.
Gegenseitige Achtung – aufrichtige Liebe – gemeinsame Zukunft
In unserer aktuellen Kirchenordnung heißt es in den Sozialen Grundsätzen: »Wir bejahen, dass alle Menschen von heiligem Wert und nach dem Bilde Gottes geschaffen sind. Alle benötigen den Dienst der Kirche in ihrem Ringen um menschliche Erfüllung wie auch die geistliche und emotionale Fürsorge einer Gemeinschaft, die versöhnende Beziehungen zu Gott, zu Anderen und zu sich selbst ermöglicht. (…) Wir bekräftigen, dass Gottes Gnade allen Menschen gilt. Wir wollen darum in christlicher Gemeinschaft zusammenleben und einander willkommen heißen, vergeben und lieben, so wie auch Christus uns geliebt und angenommen hat. Wir flehen Familien und Gemeinden an, lesbische und schwule Kirchenglieder und Kirchenzugehörige sowie Personen aus dem Freundeskreis nicht abzulehnen oder zu verurteilen. Wir verpflichten uns zum Dienst an und mit allen Menschen.« (Art 161 G, VLO)
In dieser Haltung wollen wir uns mit den strittigen Fragen in unserer Kirche beschäftigen. Dabei ist es wichtig, die Grundzüge der drei Modelle zu kennen und sich darüber auszutauschen. Wichtiger ist aber, sich in den Gemeinden dann folgenden Fragen zuzuwenden: Was verbindet uns und hält uns zusammen? Wie gehen wir mit der Bibel um? Wie gehen wir miteinander um, wenn wir die Bibel unterschiedlich verstehen? Was macht uns als Kirche im Kern aus? Ich bin überzeugt: Wenn wir dafür Antworten in gegenseitiger Achtung und in aufrichtiger Liebe suchen, dann finden wir auch den Weg, auf dem Gott uns gemeinsam in die Zukunft führt.
Dieser Artikel ist dem EmK-Magazin »unterwegs« 25/2018 vom 9. Dezember 2018 entnommen.
Der Autor
Harald Rückert ist Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland. Der Dienstsitz ist in Frankfurt am Main. Kontakt über: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.