Zum Tod von Hannelore Christner Von Susanne Meister  | 

»Sie stand voller Vertrauen hinter uns Frauen«

Hannelore Christner * 1939 – † 2020
Hannelore Christner * 1939 – † 2020
Die ehemalige Vorsitzende des Frauenwerks der EmK in Deutschland, Hannelore Christner, ist tot. Sie starb am Ewigkeitssonntag im Alter von 81 Jahren.
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Am Ewigkeitssonntag, dem 22. November, verstarb Hannelore Christner im Alter von 81 Jahren. Von 1996 an war sie sechs Jahre lang die Vorsitzende des Frauenwerkes der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) in Deutschland. In ihrer Zeit als Vorsitzende hat sie viele wegweisende Entscheidungen mitverantwortet. Die Entwicklung des immer noch aktuellen Leitbilds, die Einführung einer eigenen Homepage, die Einstellung der ersten bezahlten Referentin des Frauenwerks sowie die Eröffnung der Geschäftsstelle in Stuttgart zum Ende ihre Amtszeit im Jahr 2002. Zwei Jahre zuvor war der Rundbrief des Frauenwerks zur Zeitschrift »FrauenWege« weiterentwickelt worden. Bei der Gründung des Christinnenrats war sie Gründungsmitglied. Die Weltmission und die Verbindung zum Weltbund methodistischer Frauen lagen ihr sehr am Herzen. – Ein Nachruf von Susanne Meister:

Eine Ära geht zu Ende

Ende der 1990er-Jahre war das Frauenwerk gerade dabei, ein modernes Leitbild zu verabschieden mit dem Motto »Wir wollen Frauen ermutigen, aus der Fülle Gottes Leben zu gestalten«. Unterstützt wurde dieser Prozess durch ein neues Corporate Design und Logo, das bis heute gültig ist: Drei Quadrate, davon zwei, in denen Frauengestalten zu erkennen sind, die den »Rahmen sprengen«. Im dritten Quadrat findet sich das Kreuz Christi mit der angedeuteten Weltkugel. – In dieser spannenden Zeit des Umbruchs war Hannelore Christner Vorsitzende des evangelisch-methodistischen Frauenwerks in Deutschland. Unter ihrer Leitung ist das Frauenwerk für Frauen ins 21. Jahrhundert aufgebrochen.

Seit Mitte der 1990er-Jahre war das Internet das aufkommende Kommunikationsmedium. Auch das Frauenwerk sollte dort im neuen Design präsent sein. Zu dieser Zeit lernte ich Hannelore kennen. Da ich gerade in einem amerikanischen IT-Konzern zu arbeiten anfing und dort die Organisation des deutschen Firmeninternetauftritts zu meinem Aufgabengebiet gehörte, war es für Hannelore naheliegend: »›Die‹ macht das.« Das war typisch für Hannelores Führungsstil: Das Internet war ihr ein Rätsel, doch sie wusste intuitiv, das ist die Zukunft. Außerdem war da eine Frau, die sich damit auskannte. Also »macht ›die‹ das. ›Die‹ kann das«. Als dann ein paar Unwägbarkeiten auftraten, stand Hannelore voller Vertrauen hinter uns Frauen, die an diesem neuen Schritt beteiligt waren.

Das Gegenüber uneingeschränkt anerkennen

Hannelore hatte eine natürliche Führungsautorität: Sie konnte die Begabungen und Fähigkeiten anderer uneingeschränkt anerkennen. Sich selbst gegenüber war sie allerdings sehr kritisch. Ihre eigenen Fähigkeiten schätzte sie gering ein, weil sie »nur Mutter« war – früh verwitwete Mutter von drei Kindern –, nicht studiert hatte und keine Fremdsprache konnte, obwohl sie als Vorsitzende weltweit unterwegs war. Doch sie schaute sehr schnell hinter die Kulissen und interessierte sich für das, was sich hinter der Fassade befand, egal in welcher Sprache gesprochen wurde. Weil sie ihr Gegenüber so uneingeschränkt anerkennen konnte, und Menschen wohlwollend entgegentrat, wurde sie von Menschen aus unterschiedlichsten Kulturkreisen geschätzt. In ihrer Gegenwart fühlte man sich einfach wohl.

Dafür war sie in den unterschiedlichsten Gremien der Kirche geschätzt. Wenn ich beispielsweise von Hannelores Arbeit im Stiftungsrat der Bethanien-Diakonissen-Stiftung hörte, dann war neben aller theologischen, kaufmännischen und juristischen Kompetenz – die unbedingt nötig ist – gerade auch ihre Fähigkeit sehr gefragt, die Menschen, ihre Bedürfnisse und Anliegen in den Blick zu nehmen. Dazu gehörte auch ihre Art, die Zusammenarbeit in einem Gremium positiv zu beeinflussen.

Strahlend vor Begeisterung

Im Frühjahr dieses Jahres wurde bei Hannelore Krebs diagnostiziert. Ihre Kinder waren noch intensiver für sie da, sie sollte es in den letzten Monaten richtig schön haben. Besuche waren ausdrücklich erwünscht, denn Hannelore liebte die Begegnung mit Menschen. Und so sah ich sie noch einige Male. Dabei strahlte sie eine Wärme und Fröhlichkeit aus, die mich jedes Mal beschenkte. Für Unkonventionelles war sie immer noch zu haben. So packte ihre Familie sie warm im Rollstuhl ein, und dann ging es durch die Straßen des Wohngebiets. Aber nicht, indem sie brav geschoben wurde, nein, einer der Schwiegersöhne schnallte sich die Rollerblades an und dann sauste Hannelore mit wehendem Silberhaar durch die Straßen und strahlte vor Begeisterung. In den Abendstunden des 22. Novembers starb sie im Kreis ihrer Kinder.

Bildnachweis: Ralf Koch


Die Autorin
Susanne Meister, Beauftragte im Frauenwerk für den Weltbund methodistischer Frauen. Kontakt über: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Zur Information
Mit maßgeblicher Unterstützung von Hannelore Christner, der damaligen Vorsitzenden des EmK-Frauenwerks in Deutschland, erschien 2003 das Buch »Mit Weisheit, Witz und Widerstand«. Darin kommen auf Basis von 80 ausgewerteten Interviews Frauen mit ihrem Engagement und der Ausübung ihres christlichen Auftrags zu Wort. Ein lebendiges Dokument von Frauengeschichte(n) im 20. Jahrhundert. Mit Beiträgen von Hannelore Christner, Rosemarie Dorn, Sigrid Gänzle, Gisela Hensler, Christine Herrmann, Heike-Ruth Klaiber, Silvia Reinhardt, Ulrike Voigt, Rosemarie Wenner.