Von Großzügigkeit und Gelassenheit
Am vergangenen Sonntag, 18. Mai, wurde Thomas Roscher von Bischof Werner Philipp als neuer Superintendent des Zwickauer Distrikts der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) eingeführt. Roscher, promovierter Theologe und zuletzt Pastor der beiden evangelisch-methodistischen Gemeinden in Leipzig, war bereits im März für den Distrikt Zwickau zum Superintendenten berufen worden. Sein Amtsvorgänger, Werner Philipp, war kurz zuvor zum Bischof der EmK gewählt worden. Weil Roschers Amtsvorgänger als jetziger Bischof den eigenen Nachfolger ins Amt einführte, erhielt der Gottesdienst in der Friedenskirche Zwickau eine besondere Note.
Mit der Möglichkeit der Erneuerung rechnen
»Was wir heute brauchen, ist eine Portion des Gottvertrauens, das die frühe Christenheit dazu brachte, die Trauerliturgie über Jesu Tod in die Feier einer Osternacht hineinzuverwandeln.« Gleich zu Beginn markierte Roscher die Richtung seiner Predigt. Ohne die Probleme der Zeit und der Kirche zu verharmlosen, sei darauf zu achten, dass das Kreuz in der Mitte und Tiefe unseres Glaubens immer die Verheißung neuen Lebens aufleuchten lasse. »Mir hilft es, wenn ich so auf unsere aktuellen Verunsicherungen, auf unsere sich verändernde Kirche und die ganze Welt blicke. Dann wirkt die Kirche der Wenigen, die EmK, eventuell klein, aber eben auch fein, weil sie mit der Möglichkeit der Erneuerung rechnet.«
Vom Flüsschen zum heiligen Strom
In diesem Zusammenhang erinnerte er an die große Vision des Propheten Hesekiel (Kapitel 47): Ein Strom fließt aus dem Heiligen, dem Tempel, und alles, was er berührt, wird lebendig. Dieser Strom fließe schon seit Urzeiten. Das Heilige, das ganz Andere, komme von Gott und lasse sich nicht zu einer Projektionsfläche menschlicher Wünsche machen, so Roscher. »Es kommt uns nahe in einem Kind in der Krippe, in einem Flüsschen, das im Tempel entspringt und zum Strom wird und gesund machen und Leben ermöglichen, Menschen frei machen, wachsen lassen, aufrichten will.« Anders als viele glaubten, gehe es weder im jüdisch- christlichen Traditionsstrom noch in der christlichen Kirche vorrangig um Missbrauch, Sünde, Schlechtes und die Verkrümmungen menschlichen Lebens. Vielmehr gehe es um Leben, Freude, Lebendigkeit, Freiheit, Luxus und sogar um den Zauber des Anfangs. »Alles, was dem Leben und seinem Wachstum dient, darum geht es«, so Roscher.
»Machen wir es anders!«
Anhand des Gleichnisses vom Wachsen der Saat aus dem Markusevangelium (Kapitel 4, Verse 26-29) entfaltete der neue Superintendent des Distrikts Zwickau den biblischen Gedanken des Wachsens. Es beginne mit Großzügigkeit, weshalb Roscher folgert: »Großzügigkeit gehört zu unserem Glauben und Leben. Und überall, wo die fehlt, da wird es ganz schnell eng und ideologisch.« Stattdessen seien Barmherzigkeit, Friedfertigkeit, Gerechtigkeit und Liebe zu säen. Notwendigerweise gehöre auch Gelassenheit dazu, denn niemand wisse, wie das Wachsen geschehe. Auf jeden Fall gehörten unzählige Spannungen dazu. Auch die Kirche lebe mit einer gewaltigen Spannung.
»Gott, der Heilige, der ganz Andere, kommt uns Menschen ganz nah.« Deshalb sei die Kirche in einer komfortablen Lage. Sie müsse sich nur anders anstellen als der Mensch, dessen Verhalten Roscher mit einer Geschichte skizzierte: Ein Mensch habe Wochen zuvor mehrere Millionen im Lotto gewonnen und traf sichtlich schlecht gelaunt einen Freund. Der fragte nach dem Grund seiner schlechten Laune, worauf dieser antwortete: »Stell Dir vor, vor sechs Wochen habe ich das letzte Mal gewonnen!« Roschers Kommentar: »Machen wir es anders!«, denn das Kreuz Jesu trage die Verheißung des Lebens an sich.
Dank als Ausdruck des Miteinanders
Werner Philipp, vor seiner Wahl zum Bischof für die Evangelisch-methodistische Kirche als Superintendent sechs Jahre lang für den Distrikt Zwickau zuständig, nahm die Gelegenheit im Gottesdienst wahr, den Gemeinden und den Hauptamtlichen im Gemeindedienst für die zurückgelegte gemeinsame Wegstrecke zu danken. Anke Lober und Christiane Fritzsch dankten dem Bischof für seinen Dienst als Superintendent des Distrikts. Thomas Roscher gaben sie für den Dienststart Segenswünsche sowie die Bitte mit, er möge die Gemeinden gut durch die Veränderungsprozesse begleiten.
Segensreiche Vernetzung in der Ökumene
In den Grußworten nach dem Festgottesdienst gratulierten Thilo Daniel, Oberkirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (EVLKS), Elisabeth Naendorf, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen im Freistaat Sachsen, sowie aus der Region Zwickau Harald Pepel, Superintendent der EVLKS, Kerstin Hartmann, Pastorin der Herrnhuter Brüdergemeine und Thomas Eichin, Pastor im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten). Die Grußworte erinnerten an gemeinsame Wege und Erfahrungen der Kirchen und persönliche Begegnungen.
Die starke ökumenische Vernetzung spiegelte den bisherigen Weg des neuen Superintendenten wider. Seit vielen Jahren ist Roscher Mitglied der in Sachsen installierten Gemeinsamen Kommission der Evangelisch-lutherischen Kirche und der Evangelisch-methodistischen Kirche. Außerdem wirkt er über die EmK hinaus in der Societas Liturgica mit, einer internationalen Gesellschaft für Liturgiewissenschaft und liturgische Erneuerung. Seit 2022 gehört Roscher außerdem der Evangelischen Michaelsbruderschaft an, deren Gebetspraxis ihn seit dem Beginn seines Dienstes inspiriert.
Weiterführende Links
Informationen zum Distrikt Zwickau und zu Superintendent Dr. Thomas Roscher
Der Autor
Stephan Ringeis ist Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit und Rundfunkarbeit der Evangelisch-methodistischen Kirche für die Ostdeutsche Konferenz. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit.ojk(at)emk.de
Zur Information
Der Distrikt Zwickau gehört zusammen mit dem Distrikt Dresden zum Gebiet der Ostdeutschen Jährlichen Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche. Das Konferenzgebiet umfasst die Bundesländer Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Der Distrikt Zwickau erstreckt sich von Dessau bis Plauen und von Erfurt bis ins sächsische Vogtland. Dazu gehören rund vierzig Gemeinden mit 3.500 Kirchengliedern und Kirchenangehörigen.