Entstehung in England

Die Geschichte des Methodismus beginnt im 18. Jahrhundert in England. Einige junge Theologiestudenten suchten nach einem verbindlichen, im Lebensalltag sichtbar werdenden Glauben. Dieses Ansinnen führte schlussendlich zu einer Erweckungsbewegung, aus der die methodistische Kirchenfamilie hervorging.

Während ihres Studiums an der Universität Oxford gründen die Brüder John (1703-1791) und Charles (1707-1788) Wesley zusammen mit anderen Studenten eine kleine Gruppe. Anfangs treffen sie sich unregelmäßig, um gemeinsam in der Bibel zu lesen und über den Glauben zu diskutieren. Dabei wird ihnen klar, dass ihr christlicher Glaube sichtbare Wirkung zeigen soll. Sie nennen das – wie schon andere vor ihnen – ein Leben in der »Heiligung«.
Aus dieser Überzeugung heraus beginnen sie, Armen zu helfen, Kranke und Gefangene zu besuchen und deren Kinder und auch andere Kinder zu unterrichten. Dieses soziale Engagement wird zu einem wesentlichen Kennzeichen der methodistischen Bewegung.

Konsequente Lebensführung und soziales Engagement

Schon bald war John Wesley der Leiter dieser kleinen Studentengruppe. Von den Mitstudenten werden sie als »Heiliger Club« oder »Bibelmotten« verspottet. Weil sie sich Regeln (im Englischen: »method« = Regel, Methode, bestimmte Weise) zur konsequenten Umsetzung ihres Glaubens geben, werden sie bewusst in noch verletzenderer Weise als »Methodisten« verunglimpft. Schon andere Christen vor ihnen waren in England so bezeichnet worden, weil ihnen unterstellt wurde, sich mit solchem Verhalten bei Gott »etwas verdienen« zu wollen. Die konsequente Lebensführung und das Engagement für andere sei dafür nur der Zweck. Die so Verspotteten drehten den Spieß um und nahmen diese verletzende Bezeichnung als »Ehrentitel« an. Fortan trugen sie den Namen »Methodisten« sogar mit Stolz.
John und sein Bruder Charles hielten den Kontakt zu ihren Studienkollegen über das Ende ihres Studiums hinaus aufrecht. Auch als Pfarrer der Kirche von England (Church of England, Anglikanische Kirche) hielten sie an ihrem Ziel eines Glaubens mit sichtbaren Konsequenzen fest. Dabei knüpften sie an die in England lebendigen Traditionen an, die den richtig gelebten Glauben in einer streng moralischen Lebensführung sahen. Zudem war John Wesley von den Schriften der mittelalterlichen Mystiker beeindruckt, denen christlicher Glaube vor allem liebende Hingabe an Gott war.

Fasziniert von Herrnhuter Pietisten

Entscheidend für die weitere Entwicklung des Glaubens John Wesleys und die Prägung der methodistischen Bewegung war die Begegnung mit deutschen Pietisten aus Herrnhut. Von deren Glaubensgewissheit war John fasziniert. Sie waren so gewiss, dass Gott sie liebt und annimmt. Ihre Vorstellung, als Christ in der Liebe vollkommen werden zu können, war geradezu herausfordernd. Die Herrnhuter nannten das »Heilsgewissheit« und »christliche Vollkommenheit«. John war von den Erkenntnissen der Pietisten sehr beeindruckt. Gleichzeitig wurden dadurch bei ihm viele Fragen aufgeworfen. Er empfand sich Gott gegenüber oft als ungenügend. Würde sein unvollkommener, zweifelnder Glaube, sein schwaches Vertrauen je ausreichen? Wie konnte er sich sicher sein, von Gott geliebt zu werden?

Bei einer Veranstaltung am 24. Mai 1738 machte John eine besondere Erfahrung. Martin Luthers Vorrede zum Römerbrief wurde dort verlesen und »plötzlich«, so berichtet er, wurde es ihm »seltsam warm ums Herz«. Ab diesem Moment war er sich sicher, dass Gott ihm alle Sünden vergeben hatte und ihn bedingungslos annimmt und liebt.
Dieses Erlebnis war der einschneidende Wendepunkt in seinem Leben, von dem die weiteren Impulse der methodistischen Bewegung ihren Ausgang nahmen. Schon am nächsten Tag schreibt John in sein Tagebuch: »Wenn du glaubst, warum gibt es dann keine deutliche Veränderung?« Diese Frage war Ausdruck der drängenden Suche, wie der Glaube sichtbar werden kann und soll.

Predigen unter freiem Himmel

John und Charles Wesley, George Whitefield und andere Mitwirkende steuerten die erweckungsartig aufbrechende methodistische Bewegung in geradezu moderner Weise. Statt fertige Konzepte anzubieten, leiteten sie die Menschen flexibel an und entwickelten jeweils auf die Situation bezogene Arbeitsweisen. Ihr Leben lang blieben sie auf der Suche nach der bewegenden und überzeugenden Wahrheit des Glaubens und waren jederzeit bereit, ihren Glauben vorbildlich und verantwortlich zu praktizieren.
George Whitefield (1714-1770) war es, der anfing im Freien zu predigen. Mit der Zeit konnte er auch die anderen von dieser neuen Art des Predigens überzeugen, denn nur so erreichten sie die unzähligen Armen in den Arbeitersiedlungen der aufkommenden Industrialisierung.
Auch die Predigt durch Laien, Männer und damals auch schon Frauen, half bei der Ausbreitung der methodistischen Erweckung. Einfache Leute, die Gottes Ruf spürten, durften ohne Theologiestudium oder Ordination predigen – in den etablierten Kirchen undenkbar! John Wesley schulte sie intensiv durch Schriften und viele Gespräche.
Die zahlenmäßig schnell wachsenden methodistischen Gemeinschaften wurden in Kleingruppen, sogenannte »Klassen«, eingeteilt. Diese Kleingruppen trafen sich regelmäßig, um sich gegenseitig zu helfen, zu ermahnen und in schwierigen Situationen zu begleiten. Damit verbunden waren ein intensives soziales Engagement und praktische Hilfen für die Arbeiter – heute würde man das als »Bildungsprogramme« bezeichnen.
Die Flexibilität der Laienpredigt und Kleingruppen gefährdeten jedoch auch die noch junge Bewegung durch auseinandertriftende Tendenzen. Dem wirkte John Wesley entgegen, indem er alle Pfarrer und Laienprediger der Bewegung zu »Konferenzen« zusammenrief. Dort wurde die methodistische Lehre diskutiert, und alle wesentlichen Entscheidungen für die methodistische Bewegung wurden dort verbindlich geregelt.
Bis heute ist das System der »Konferenzen« (englisch: conferencing = sich beraten, besprechen) eines der typischen Merkmale des Methodismus. Das biblische Vorbild für »gemeinsames Beraten und verbindliches Entscheiden« findet sich in Apostelgeschichte 15,6. Nach den ersten in der jungen christlichen Bewegung auftauchenden Konflikten waren die Apostel und die Ältesten damals zusammengekommen, um »über diese Sache zu beraten«. Auf Basis dieser lebendigen Einheit und gegenseitigen Verantwortung gestaltet sich die Vielfalt der methodistischen Gemeinden weltweit. Tragendes Element hierfür sind die auf allen Ebenen stattfindenden »Konferenzen«: lokal, regional, global. Dort werden alle Fragen und anstehenden Entscheidungen besprochen und beschlossen.

Bildnachweis: Kathleen Barry, UMCom


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