Auf der Suche nach der Lösung
Von morgen an bis zum kommenden Dienstag (23. bis 26. Februar) kommt die Generalkonferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) zu einer außerordentlich einberufenen Tagung in St. Louis, im Bundesstaat Missouri im Mittleren Westen der USA, zusammen. Einziges Thema, das die 864 Delegierten aus allen Weltregionen der EmK beraten werden, ist die Frage, wie die Evangelisch-methodistische Kirche eine Lösung in den strittigen Fragen zur menschlichen Sexualität findet.
Bischof Rückert bittet um Gebet
In einem Schreiben an die EmK-Gemeinden in Deutschland spricht Harald Rückert, der für Deutschland zuständige Bischof der EmK, von einer »spannungsvollen Situation« in der sich die Kirche befindet. »Wir suchen einen Weg, der uns die Einheit der Kirche bewahrt und doch die Unterschiede und die Vielfalt unserer Kirche in einer für viele tragbaren Weise abbildet.« Für diese Suche bittet Rückert die Methodisten in Deutschland darum, das Tagungsgeschehen und besonders die Delegierten »im Gebet zu begleiten«, damit eine Entscheidung getroffen werde, »die uns allen dient«.
Vom Bischofsrat favorisiert
Bei der Generalkonferenz stehen drei Vorschläge zur Diskussion, die vom internationalen Bischofsrat der EmK im Mai vergangenen Jahres veröffentlicht wurden. Vom Bischofsrat empfohlen wurde der sogenannte »One Church Plan« (deutsch: Entwurf, die Einheit der Kirche zu bewahren). Aus den aktuell gültigen Ordnungstexten werden bei diesem Vorschlag die Passagen entfernt, die Homosexualität ausdrücklich verurteilen und disziplinarische Maßnahmen beschreiben. In den Sozialen Grundsätzen führt das zu sprachlichen Anpassungen in den beiden Abschnitten, die von Ehe und menschlicher Sexualität sprechen. Außerdem wird ausdrücklich sichergestellt, dass niemand im ordinierten pastoralen und bischöflichen Dienst dazu gedrängt werden darf, gegen die eigene Überzeugung zu handeln.
Zwei alternative Vorschläge
Neben diesem vom Bischofsrat favorisierten Vorschlag liegen den Delegierten ein »Traditionalist Plan« und ein »Connectional Conference Plan« vor. Der sogenannte »Traditionalist Plan« (deutsch: Entwurf, die bestehende Ordnung zu bewahren) hält am aktuellen Wortlaut der EmK-Kirchenordnung fest. Es werden zusätzliche Abschnitte eingefügt, die die konsequente Anwendung der bisherigen Regelungen sicherstellen sollen, dass homosexuelle Handlungsweisen mit der christlichen Lehre unvereinbar sind. Der sogenannte »Connectional Conference Plan« (deutsch: Entwurf für Konferenzen-Verbünde) würde zu einer umfassenden strukturellen Veränderung der weltweiten EmK führen. Unter dem Dach einer gemeinsamen Grundordnung und einiger gemeinsam verantworteter Arbeitsbereiche sind bei dieser Lösung drei oder mehr Verbünde vorgesehen, die sich an unterschiedlichen theologischen Grundhaltungen orientieren.
Gebet – Meinungsaustausch – Debatte – Beschluss
Die Konferenztagung wird zum Auftakt am Samstag ohne Diskussion und Debatten sein. Stattdessen wird ein »Tag des Gebets« stattfinden, bei dem die Delegierten sich geistlich auf die anstehenden Diskussionen einstellen werden. Der Sonntag wird von der methodistischen Praxis des im Englischen »Christian Conferencing« genannten christlichen und geschwisterlichen Meinungsaustauschs geprägt sein. Erst am Montag wird formal in parlamentarischer Plenumsdebatte über die Entwürfe und die eingegangenen Anträge diskutiert. Am letzten Konferenztag, dem Dienstag, wird die Beschlussfassung stattfinden. Sich daraus ergebende Folgen und Fragen für den deutschen Teil der EmK werden bereits kurz nach der Generalkonferenz vom 7. bis 9. März bei der Tagung des Kirchenvorstands in Fulda aufgegriffen. Dieses Gremium wird unter der Leitung von Bischof Rückert beschließen, wie und in welchem Zeitrahmen die Generalkonferenz-Beschlüsse für Deutschland umzusetzen sind. Die Öffentlichkeit wird darüber am 10. März informiert.
Der Autor
Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.
Weiterführende Links
Übersicht Homosexualitätsdebatte (PDF)
Übersicht Soziale Grundsätze (PDF)
»unterwegs«-Nummer 21/2018 mit ausführlicher Darstellung (PDF)
Gebetsflyer Bischof (PDF)
Linkliste (PDF)
Zur Information
Die Bedeutung der Generalkonferenz für die Evangelisch-methodistische Kirche
Als oberstes kirchenleitendes Gremium der Evangelisch-methodistischen Kirche kann allein die Generalkonferenz Fragen zur weltweiten Ordnung der Kirche entscheiden und beschließen. Deshalb sind die Delegierten gefordert, über Fragen der Fortentwicklung biblischer Lehre, kirchlicher Praxis und gesellschaftlicher Relevanz zu ringen, wie es aktuell in der Auseinandersetzung um Fragen zur Homosexualität der Fall ist. Je zur Hälfte sind die Delegierten Laien und Pastoren bzw. Pastorinnen. Die Bischöfe nehmen an der Generalkonferenz teil, haben aber kein Rederecht und auch kein Stimmrecht. Nur diejenigen Bischöfe, die als Vorsitzende die Sitzungen der Generalkonferenz leiten, haben Rederecht zur Erfüllung ihrer formalen Aufgabe. Andere Bischöfe haben nur dann Rederecht, wenn es ihnen von den Delegierten ausdrücklich zugestanden wird.
Aus Deutschland sind bei der Generalkonferenz neben Bischof Harald Rückert und seiner Amtsvorgängerin Rosemarie Wenner sechs rede- und stimmberechtigte Delegierte vor Ort. Aus jeder der drei deutschen Jährlichen Konferenzen je ein pastorales und ein Laienmitglied. Aus der Norddeutschen Konferenz sind dies Kai Uwe Dannenberg aus Clausthal-Zellerfeld und Pastorin Anne Detjen aus Eberswalde, aus der Ostdeutschen Konferenz Steffen Landrock aus Leipzig und Pastor Werner Philipp aus Dresden sowie aus der Süddeutschen Konferenz Christine Flick aus Wendlingen und Superintendent Markus Jung aus Nürnberg.