Bedeutung der Theologie Wesleys für die Gegenwart
Am Dienstag, dem 23. Oktober, hielt Stephan von Twardowski seine Antrittsvorlesung an der Theologischen Hochschule Reutlingen (THR). Unter dem Titel »Schaffe unser Leben neu!« entfaltete der neue Professor für Systematische Theologie die Bedeutung der Theologie John Wesleys für die Gegenwart.
Ein Wort für die theologische Reflexion
In der Einleitung seines Vortrages spielte Twardowski auf die Herausforderungen durch Interreligiosität und Migration an und hob hervor, dass die Frage nach Jesus Christus nie isoliert, nie ohne Kontext zu stellen sei. Weil die Wahrheit Jesu Christi sich im Glauben und in der Gemeinschaft bezeuge, gewinne die »Frage nach der Kirche« besondere Bedeutung. Der neue Reutlinger Systematiker nutzte an dieser Stelle die Gelegenheit, ein kraftvolles Wort zugunsten der theologischen Reflexion einzulegen, damit das Gespräch in der Kirche sich nicht auf Organisationsfragen unter Effizienzgesichtspunkten verenge.
»Dem Glauben ist die Gemeinschaftlichkeit wesentlich«
Was Kirche im methodistischen Verständnis sein will, sei seit der Zeit Wesleys aus vielen Quellen zu erheben. Bei Wesley selbst aus Lehrpredigten, Tagebüchern, Bibelkommentierungen, Gesangbuchliedern und sogar aus Konferenzprotokollen. Außerdem helfe das sogenannte »Quadrilateral« (Viereck), das die vier Pole Bibel, Tradition, Erfahrung und Vernunft in Beziehung zueinander setze. Darüber hinaus sei der theologische Auftrag der Kirche laut Kirchenordnung der Evangelisch-methodistischen Kirche zusammenfassend so beschrieben: »der Welt um uns herum Aufmerksamkeit zu schenken«. Andererseits lasse sich doch Grundlegendes zu einer methodistischen Lehre von der Kirche sagen: »Dem Glauben ist die Gemeinschaftlichkeit wesentlich«. Kirche sei immer Teil der einen Kirche und daher von Anfang an ökumenisch verfasst. Der dreieinige Gott sei Ursprung, Grund und Vollendung der Kirche. Die Heiligung – grundlegend für die Lehre von der Kirche und stets als Prozess, nie als Zustand verstanden – sei ihrerseits eine auf das Gemeinschaftliche ausgerichtete Bewegung. Auf den Punkt gebracht finde sich das in einem Lied Charles Wesleys, das von Twardowski zum Schluss seiner Antrittsvorlesung zitierte: »Komm, o Gott, uns zur Erlösung, / schaffe unser Leben neu! / Komm und mache uns zur Wohnung / deines Geists in deiner Treu! / Herr, wir wollen für dich leben, / dienen dir bei Tag und Nacht, / loben dich auf allen Wegen. / Preis sei deiner Liebesmacht!«
Resonanz bestätigt Anknüpfen an frühere Tradition
Die THR knüpfte mit der Antrittsvorlesung an eine frühere Tradition an. Die voll besetzte Aula der Hochschule zeigte, dass zusammen mit dem Thema der Vorlesung die Wiederaufnahme dieser Tradition beim Publikum ankam. Unter der Hörerschar waren viele aus dem Norden Deutschlands Angereiste, unter ihnen auch die Superintendentin und die beiden Superintendenten der Norddeutschen Konferenz, die »ihren Pastor« nach Reutlingen ziehen lassen. Auch Michael Welker, Twardowskis Doktorvater und emeritierter Professor für Systematische Theologie der Universität Heidelberg, war neben zahlreichen weiteren Personen aus der wissenschaftlichen und ökumenischen Nachbarschaft unter den Gästen.
Der Autor
Professor Christof Voigt lehrt Philosophie und Biblische Sprachen an der Theologischen Hochschule Reutlingen der Evangelisch-methodistischen Kirche. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.
Zur Information
Die Dissertation von Stephan von Twardowski trägt den Titel »Der Friede Christi und die eine Kirche. Ekklesiologische Grundlegung der ökumenischen Ethik Bonhoeffers«.