Die EmK wird internationaler Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Berlin – Beispiel für Teilung und Versöhnung

Bischöfin i.R. Rosemarie Wenner (links) führte die internationale Besuchergruppe durch die Gedenkstätte an der Bernauer Straße in Berlin.
Bischöfin i.R. Rosemarie Wenner (links) führte die internationale Besuchergruppe durch die Gedenkstätte an der Bernauer Straße in Berlin. Die Besucherführerin erklärt den fast unversehrt aufgefundenen Rest des ursprünglichen Altars der Versöhnungskirche.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Was Methodisten weltweit für Gerechtigkeit und Frieden tun können, wollte eine internationale EmK-Kommission in Berlin lernen.
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Die Globale Kommission für diakonische und gesellschaftspolitische Verantwortung (General Board of Church and Society) der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) traf sich am vergangenen Wochenende (15. bis 18. März) in Berlin. Einmal im Jahrviert zwischen den Generalkonferenzen sollen die international besetzten Kommissionen eine Tagung außerhalb der USA abhalten. Die Globale Kommission für diakonische und gesellschaftspolitische Verantwortung wählte dieses Mal dafür Berlin aus, weil die ehemals geteilte Stadt in besonderer Weise für Umbruch und Versöhnung steht. Außerdem stehe sie als Schmelztiegel von Kulturen und Aufenthaltsort für viele Migranten auch für das Thema Migration.

»Was könnten 12 Millionen Methodisten erreichen, wenn sie sich gemeinsam für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen?« Darüber sollten die nach Berlin angereisten Kommissionsmitglieder nachdenken, forderte Susan Henry-Crowe, Generalsekretärin der Kommission, in ihrem Bericht auf. Das Leben sei ständig von Übergängen und Veränderungen geprägt. Das sei in geografischen und politischen Dimensionen zwischen Ost und West oder Süd und Nord erkennbar. Es gehe aber auch um Armut und neue Lebenschancen oder Wege vom Krieg zum Frieden. Wer auf die Geschichten hören könne, die Menschen von ihren Übergangserfahrungen erzählten, könne aktiv an der Gestaltung der Welt hin zu mehr Gerechtigkeit und Frieden beitragen. Dazu, so Henry-Crowe, sollten die Tagungsteilnehmer die Zeit und die Begegnungen mit Menschen in Berlin nutzen.

Die Kirche steht im Weg

Schwerpunkt des Treffens in Berlin waren neben den üblichen Geschäftssitzungen vor allem Exkursionen und Begegnungen. Dazu gehörte auch ein Ausflug an die Gedenkstätte an der Bernauer Straße zur Erinnerung an die Teilung Deutschlands und der Stadt Berlin. Am Ort der ehemaligen, während der DDR-Zeit zerstörten, Versöhnungskirche erhielten die internationalen Gäste einen Eindruck davon, wie diese Gemeinde sich für Versöhnung und Frieden einsetzte. Die heutige Versöhnungskapelle steht am Platz der vormaligen Versöhnungskirche, die im sogenannten Todesstreifen zwischen Ost- und Westberlin gesprengt wurde, weil sie sowjetischen Wünschen nach vollständiger Kontrolle im Weg war. Die deutsche Besucherbetreuerin fasste das in der Aussage zusammen: »Die Kirche muss manchmal im Weg stehen, um die Welt in Bewegung zu bringen.«

Gerettet – und doch wie verloren in einer anderen Welt

Ein Spaziergang unter Anleitung von vier syrischen Flüchtlingen führte durch den Berliner Stadtteil Neukölln. An Stationen in diesem Quartier schilderten die Flüchtlinge Situationen aus ihrem Leben, ihrer Flucht, ihrer Ankunft und Aufnahme in Deutschland. Berlin-Neukölln war für die Tour ausgesucht worden, weil dort viele Nationalitäten zuhause sind und auch Läden und Restaurants in der jeweiligen Sprache und Schrift auf sich aufmerksam machen. Wie fremd man sich da vorkommt, erlebten die Kommissionsmitglieder beispielsweise durch die Aufforderung, anhand eines Zettels mit arabischen Schriftzeichen ein bestimmtes Geschäft ausfindig zu machen. »So ergeht es uns Flüchtlingen«, erklärte einer der Gruppenführer den Kommissionsmitgliedern. »Wenn wir in ein Land kommen, dessen Sprache und Schrift wir nicht kennen, fühlen wir uns wie verloren in einer anderen Welt.«

Ostern, das »Hasenfest«

Am Sonntag teilte sich die Kommission auf und besuchte drei ganz unterschiedliche EmK-Gemeinden in Berlin. Ziel waren die eher traditionelle Innenstadtgemeinde Christuskirche im Stadtteil Kreuzberg, die im Süden Berlins gelegene dynamische Kreuzkirchen-Gemeinde in Berlin-Lankwitz und im Nordosten der Stadt in Berlin-Marzahn die Versöhnungskirche. Letztgenannte ist ein ökumenisches Projekt zusammen mit einer evangelisch-landeskirchlichen Gemeinde im gleichen Gebäude. Bei Begegnungen im Anschluss an die Gottesdienste konnten sich die Kommissionsmitglieder ein Bild davon machen, wie methodistische Gemeinden ihre kirchliche Situation in einer säkularen Großstadt erleben. Die Spannung brachte ein amerikanisches Kommissionsmitglied mit einer Rückfrage zum Ausdruck: »Warum sind alle Läden österlich geschmückt und verkaufen Ostersachen, wenn die kirchliche Bedeutung nicht mehr bekannt ist?« In einer säkularen Umgebung sei für viele Menschen Ostern nur noch »das Hasenfest« erklärte ein deutscher Gesprächspartner.

Religionen werden als Partner der Außenpolitik entdeckt

Hohen Besuch erhielt die Kommission aus dem Außenministerium der Bundesrepublik Deutschland. Die stellvertretende Leiterin des Arbeitsstabes »Friedensverantwortung der Religionen«, Silke Lechner, hielt einen Vortrag über die Bedeutung der Kirchen und Religionen für die Friedensförderung. Im deutschen Außenministerium sei dafür eine besondere Abteilung eingerichtet worden. Weltweit seien über 80 Prozent der Bevölkerung der verschiedenen Länder religiös geprägt, erklärte Lechner. Deshalb dürfe Politik, besonders Außenpolitik, davor nicht die Augen verschließen. Die verschiedenen Religionen müssten als Partner für die Entwicklung friedensfördernder Maßnahmen wahrgenommen und in den politischen Dialog mit einbezogen werden.

Neufassung der »Sozialen Grundsätze« in Vorbereitung

Im Rahmen zügiger Geschäftssitzungen wurden organisatorische Fragen und Zuschüsse für verschiedene Aktionen und Kampagnen beschlossen. Gegenstand ausführlicher Information war die Vorbereitung einer Neuformulierung der Sozialen Grundsätze der Evangelisch-methodistischen Kirche. Die erste Textfassung lag allerdings auch der Kommission noch nicht vor. Sie wird erst nach Ostern öffentlich zugänglich gemacht werden. Ziel der Neugestaltung der Sozialen Grundsätze ist eine Fassung, die internationalen Gegebenheiten besser Rechnung trägt. Bisher sind viele inhaltliche Formulierungen durch US-amerikanische Lebensverhältnisse und Gesetze animiert. Das führt im internationalen Gebrauch zu Einschränkungen. Die jetzt angestrebte Fassung soll komprimierte, grundlegende Soziale Grundsätze formulieren, die im jeweiligen religiösen, politischen und kulturellen Umfeld weiter konkretisiert werden können. Bei der Frühjahrssitzung im kommenden Jahr wird die Kommission einen endgültigen Entwurf beschließen und der im Jahr 2020 tagenden Generalkonferenz als Beschlussantrag vorlegen.

Der Autor

Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.

Weiterführende Links

Link zum Artikel auf UMC.org (englisch)