Süddeutsche Jährliche Konferenz Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Einander den Glauben glauben

»Wir merken, dass wir umeinander ringen.« Mit dieser Aussage beschreibt Pastorin Mareike Bloedt das Positive der aktuellen Situation.
»Wir merken, dass wir umeinander ringen.« Mit dieser Aussage beschreibt Pastorin Mareike Bloedt das Positive der aktuellen Situation, in der sich die Evangelisch-methodistische Kirche angesichts der Diskussion um Homosexualität befindet.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Eine beispielhafte Debatte – kontrovers, achtungsvoll und fair – prägt den ersten Plenartag der Süddeutschen Jährlichen Konferenz.
4 Minuten

Die Süddeutsche Jährliche Konferenz (SJK) ist am gestrigen Donnerstag von morgens bis abends in Plenarsitzung. Das mit Spannung erwartete »Thema des Tages« ist die Diskussion der Entscheidung der jüngsten außerordentlichen Generalkonferenz vom Februar dieses Jahres in Verbindung mit dem Bericht des vom Kirchenvorstand eingesetzten »Runden Tisches«.

Neuer Prozess des Vertrauens

»Wir haben gemerkt wie gesplittet unsere Kirche ist«, fasste Christine Flick, die Delegierte der SJK an die Generalkonferenz, ihre Eindrücke dieser außerordentlichen  Generalkonferenz zusammen, die sich nur mit der Frage der Segnung homosexueller Paare und der Ordination von Homosexuellen für den pastoralen Dienst befasst hatte. Es habe nach einem berührenden geistlichen Auftakt letztlich doch nur ein »Kampf um Positionen auf beiden Seiten« stattgefunden.

Markus Jung, Superintendent im Distrikt Nürnberg, erklärte den Mitgliedern der Süddeutschen Jährlichen Konferenz, wie eine Woche nach der Generalkonferenz das Kabinett des Bischofs und der Superintendenten sowie der Kirchenvorstand die Beschlüsse der Generalkonferenz beraten hätten. »Die Generalkonferenz hat uns gezeigt, dass uns ein reiner Mehrheitsbeschluss nicht weiterbringt« und dass ein »Denken in Pro und Kontra« nicht zum Ziel führe. Die drängende Frage sei: »Was verbindet uns?« Dazu müsse ein neuer »Prozess des Vertrauens« angestoßen werden, der sich gleichzeitig der Frage stelle, wie die Kirche sich öffnen und die Menschen mit konservativer Meinung trotzdem »mitnehmen« könne.

Einen Weg finden, den viele mitgehen können

Am Nachmittag findet die kontroverse, aber faire Aussprache statt, in der sich viele Konferenzmitglieder zu Wort melden. Über zwei Stunden dauert die Debatte mit sehr persönlichen, ehrlichen und klaren Wortmeldungen. Von einer »Blase« war die Rede, in der sich die Kommission »Ein Weg in die Zukunft« und der Bischofsrat befunden hätten, sodass die Entscheidung der Generalkonferenz zu einer herben Überraschung geführt habe. Die Superintendenten berichten davon, dass im Nachgang zur Entscheidung der Generalkonferenz und des kurz darauf tagenden Kirchenvorstands in den Gemeinden viele Gespräche stattgefunden hätten und immer noch andauerten. »Es ist zunehmend möglich, dass man die Dinge offen anspricht und auch benennen kann«, zieht der Stuttgarter Superintendent Siegfried Reissing eine erste Bilanz dieser Gespräche.

Es müsse möglich sein, miteinander zu leben, »wenn beide Seiten schmerzhafte Kompromisse machen«, erklärte Volker Seybold, Pastor in Konstanz. »Wir müssen den Weg der Mitte finden«, ist sein Appell. »Wir merken, dass wir umeinander ringen«, beschreibt Mareike Bloedt das Positive an der aktuellen Situation. »Das zeigt, dass wir aneinander hängen«, ist die Pastorin im Bezirk Leinfelden-Echterdingen überzeugt. Als Mitglied des Runden Tisches beschreibt sie dessen Ansatz, dass dort alle Positionen ihren Platz finden. Es geht nicht darum, einen konservativen oder liberalen Weg ausfindig zu machen, sondern einen »Weg, den viele mitgehen können«.

Einstimmiger Beschluss

In der Aussprache kommt auch zum Ausdruck, dass die Einheit der Kirche zwar wichtig sei, es aber »nicht eine Einheit um jeden Preis« sein könne. Demgegenüber kennzeichnet ein anderer Beitrag die »Einheit als Zentrum der methodistischen Identität«. Die EmK sei eine Kirche, in der »denken und denken lassen« möglich sei. »Lasst uns das miteinander aushalten«, fordert Ulrike Brodbeck, Laienpredigerin mit einer pastoralen Dienstzuweisung nach Marburg, die Konferenzmitglieder auf.

Die Konferenzmitglieder bestätigen in der anschließenden Abstimmung einstimmig mit acht Enthaltungen den Antrag des Runden Tisches. Der damit gefasste Beschluss unterstützt den vom Runden Tisch »beschriebenen Weg und die eingeleiteten Prozesse zur Entscheidungsfindung der EmK in Deutschland«. Seitens der SJK gibt es keine Festlegungen, »die eine Verständigung verschiedener Gruppierungen und Konferenzen erschweren«.

Krise als wunderbare Chance

»Was sich keiner im Kirchenvorstand und auch ich mir als Bischof nicht vorstellen kann, ist eine Kirche in Deutschland, die nur eine einzige Sichtweise hat.« Mit dieser Aussage eröffnet Bischof Harald Rückert im Anschluss an die vorangegangene Diskussion und Beschlussfassung sein Wort an die Mitglieder der Jährlichen Konferenz. Er erinnert an die Botschaft des Kirchenvorstands mit der Aussage, die ein starkes Versprechen füreinander formuliert: »Wir wollen einander nicht loslassen und uns nicht voneinander trennen, sondern einander festhalten und füreinander einstehen.« Mit der Frage »Wollt ihr das auch?« wendet sich Rückert direkt an das konzentriert zuhörende Plenum. »Wir verlieren sehr viel, wenn wir uns trennen«, mahnt Rückert. Die Kirche verlöre missionarische Chancen und auch die Chance, voneinander zu lernen. Bisher sei die EmK von »Weite und Toleranz, gepaart mit Verbindlichkeit« geprägt gewesen. Deshalb plädiere er unermüdlich dafür, »dass wir uns mit unseren Gaben ergänzen, um unseren Auftrag erfüllen zu können«. Wenn das gelingen solle, müsse Polarisierung nicht nur vermieden werden, sondern der Polarisierung müsse aktiv widerstanden werden. Dazu gehöre auch, »dass wir aktiv und öffentlich dafür eintreten, dem jeweils anderen die Liebe zur Schrift, zur Kirche und zu unserem Auftrag zuzugestehen«, denn, so Rückert weiter, »wo wir einander den Glauben nicht glauben, wird Gemeinschaft nicht möglich sein«. Wenn aber die Bereitschaft vorhanden sei, sich aufeinander einzulassen, »dann wird diese furchtbare Krise, die wir erleben, die Kraft für eine wunderbare Chance entfalten«.

Der Autor
Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Weiterführende Links
Informationen zur SJK
Programm der Konferenztagung

Zur Information
Die Süddeutsche Konferenz umfasst 242 Gemeinden mit rund 27.600 Kirchengliedern und Kirchenangehörigen in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland sowie Teilen von Nordrhein-Westfalen.