Ukraine-Hilfe Von Stephan Ringeis  | 

Eine folgenreiche Idee

Überreichung der Spenden des Vereins »Backhaus Schlema« an die EmK
Überreichung der Spenden des Vereins »Backhaus Schlema« an die EmK (v.l.): Brigitte Neumann, Ruth Ringeis, Leonore Dieke sowie vom Verein Backhaus Schlema Marigitta Anis und Hella Reich.
Bildnachweis: Eberhard Neumann
Schneeberger EmK-Gemeinden nehmen Familien aus der Ukraine auf. Praktikant Felix Süß gibt dafür den Anstoß und muss selbst Platz machen.
3 Minuten

Viele Gemeinden öffnen derzeit ihre Türen für Geflüchtete aus der Ukraine. Die Gemeinden der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) im erzgebirgischen Schneeberg legen Wert auf eine intensive Begleitung und Nutzung aller Möglichkeiten. Dabei erfahren sie viel Unterstützung von außerhalb der Kirche.

Zufluchtsort Gästehaus

Wie überall in Deutschland kommen auch im Erzgebirge immer mehr Menschen aus der Ukraine an. Das gilt auch für die rund vierzig Kilometer südöstlich von Chemnitz gelegene Stadt Schneeberg. Von der baptistischen Gemeinde angeregte Hilfssendungen an die polnisch-ukrainische Grenze waren schnell unterwegs. Allein die Schneeberger EmK-Gemeinde sammelte dafür innerhalb kürzester Zeit mehr als eine halbe Tonne Hilfsgüter. Felix Süß, während seines Theologiestudiums seit Ende Februar in Schneeberg im Gemeindepraktikum, war gerade ins Gästehaus des Bezirks eingezogen. In seinen ersten Begegnungen mit Verantwortlichen des Bezirks brachte der Praktikant seine Überlegungen auf den Punkt: »Inspiriert von der Hilfsbereitschaft fragte ich, ob die Gemeinden nicht auch Geflüchtete aufnehmen können.« Das Gästehaus biete dafür geradezu ideale Bedingungen. Die Folge für ihn: Er zog also wieder aus und kam in der Nähe unter.

»In meinem Herzen sieht es schrecklich aus«

Nur wenige Tage dauerte es, bis zwei Familien das gut ausgestattete Gästehaus bezogen. Zur Gemeinde Schneeberg gehört seit vier Jahren eine Familie, die aus der Ukraine stammt. Der Einzug kam also nicht ganz zufällig, denn die Familie unterhält noch gute Beziehungen zu ihrer ehemaligen christlichen Gemeinde in der Ukraine. Das ist wichtig, denn persönliche Beziehungen sind für Menschen auf der Flucht ein großes Geschenk. Eine der aufgenommenen ukrainischen Frauen erzählt, sie würde per Telefon immer wieder von den Zurückgebliebenen gefragt, wie es ihnen jetzt gehe. Sie antworte dann immer: »Es geht uns gut. Wir sind im Frieden. Aber in meinem Herzen sieht es schrecklich aus.«

Unterstützung weit über die Gemeindegrenzen hinaus

Unter dem Motto »Wir backen – für Vernunft und Frieden und gegen den Krieg in der Ukraine« heizte der Verein »Backhaus Schlema« seinen Backofen an. »Wir stehen an der Seite der Menschen in der Ukraine«, heißt es auf der Vereinshomepage, und weiter: »Die gesamten Einnahmen setzen wir für die Notleidenden und Vertriebenen des Krieges in der Ukraine ein.« Es wurde reichlich gebacken und verkauft. Einen Teil der Einnahmen dieser Aktion stellte der Verein der Arbeit der EmK mit geflüchteten Menschen aus der Ukraine zur Verfügung. Am vergangenen Donnerstag wurden die Spenden übergeben.

Einfach mal gemacht

Leonore Dieke, Laienpredigerin der EmK und vorerst Kontaktperson für die ukrainischen Familien, berichtet: »Wir haben das einfach mal gemacht.« Vieles sei noch vollkommen ungeklärt, aber Kleidung und Lebensmittel seien erst einmal vorhanden. »Da legen sich die Leute richtig ins Zeug.« Innerhalb kürzester Zeit seien Verbindungen zu einem Fußball-Verein und zur Musikschule geknüpft worden, sodass die Kinder dort erste soziale Kontakte knüpfen könnten. Die Eltern arbeiteten zum Teil im Homeoffice an ihrem ukrainischen Arbeitsplatz weiter, und aus der Ukraine wird täglich online Schulunterricht angeboten.

Weiterer Raum wird geschaffen

Kurzerhand fühlten sich Gemeindeglieder berufen, zusätzlich zum Gästehaus im Schneeberger Gemeindehaus leerstehende Räume herzurichten und auszustatten. Innerhalb von zwei Tagen entstanden Wohnräume für weitere Geflüchtete, die in den nächsten Tagen erwartet werden.  Zwei weitere Familien werden hier sicheren Wohnraum haben. Auch in einer kleinen Ferienwohnung bei einer Familie finden Menschen aus der Ukraine einen vorübergehenden Aufenthaltsort. Jetzt stünden viele Ämterwege an und auch kurzfristige Arztkontakte seien nötig. Vieles davon lasse sich regeln, »aber bald wird sich auch die Frage nach der Perspektive stellen«, schildert Dieke die Situation, in der es noch nicht auf alles eine passende Antwort gebe. Insgesamt halten die Gemeinden Kontakt zu zwanzig Geflüchteten, von denen über die Hälfte Kinder sind.

 

Weiterführende Links

EmK-Bezirk Schneeberg
Backhaus Schlema e.V.

Der Autor

Stephan Ringeis ist Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit und Rundfunkarbeit der Evangelisch-methodistischen Kirche für die Ostdeutsche Konferenz. Darüber hinaus begleitet er Gemeinden, die sich in einer Übergangssituation befinden. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit.ojk(at)emk.de