Seniorenarbeit Von Christine Carlsen-Gann (kur)  | 

Zwischen Lebenslust und Lebenslast

Nicht nur technische Einrichtungen müssen gepflegt werden. Auch das Leben will gepflegt sein.
Nicht nur technische Einrichtungen müssen gepflegt werden. Auch das Leben will gepflegt sein. Um dieses Thema ging es bei einem Online-Seminar der »Fachkommission ältere Generationen« der Süddeutschen Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Um »gepflegtes Leben« ging es in einem Seminar der »Fachkommission ältere Generationen«.
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Am Freitag, dem 16. April, hatte die »Fachkommission ältere Generationen« der Süddeutschen Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) zu einem per Internet durchgeführten Seminar eingeladen. Zwanzig Personen im Alter zwischen Mitte 50 und gut 80 Jahren haben teilgenommen.

Woran man den Wert einer Gesellschaft erkennt

»Gepflegtes Leben« lautet das Thema der diesjährigen Ausgabe in der Reihe »Horizonte – Impulse für die Arbeit mit Älteren«. Das dreistündige Seminar vertiefte die unterschiedlichen Inhalte der Arbeitshilfe für die Seniorenarbeit.

Jörg Barthel, Professor für Altes Testament an der Theologische Hochschule Reutlingen, äußerte in seinem Heftbeitrag Gedanken zum gepflegten Leben aus biblischer Sicht. Einer seiner Kernsätze dabei lautet: »Nicht mehr nur das Produzieren und Organisieren, sondern in gleicher Weise das Erhalten und Bewahren, das Pflegen und Schonen bedürfte gesellschaftlicher Anerkennung.« Jürgen Hofmann, Pastor in Nürtingen und Sekretär für die Arbeit mit älteren Generationen in der Süddeutschen Konferenz, nahm in seinem Impuls zur Begrüßung Bezug auf diese Ausführungen. Die Gedanken zu »Gott, dem Liebhaber des Lebens« führte er weiter aus und beendete seine Betrachtung mit einem Zitat, das Gustav Heinemann zugeschrieben wird: »Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den schwächsten ihrer Glieder umgeht.«

Die Fähigkeit, zu den kleinsten Dingen emporzusehen

Zwei Autoren der Arbeitshilfe waren als Referenten beim Seminar zugegen. Jörg Mathern bot einen Austausch an zum Thema »Aufbruch in den Ruhestand – Lebenskunst zwischen Lebenslust und Lebenslast. Große Bedeutung für den Ruhestand, so Mathern, haben Versöhnung und Dankbarkeit im Rückblick auf die bisherige Wegstrecke. Wichtig für den weiteren Weg sei es, Beziehungen, auch die Gottesbeziehung, zu pflegen. Das sei »eine lebenslange Aufgabe«. Im Alltäglichen das Wunderbare zu finden, sei echte Lebenskunst. Außerdem trage Demut, definiert als »Fähigkeit, auch zu den kleinsten Dingen des Lebens emporzusehen«, zu einem gelingenden Leben bei.

In der Gruppe mit Timo Pass, der in seinem Artikel in großer Offenheit Fragen zu seinem Leben als junger und hilfebedürftiger Mensch beantwortet hatte, setzten sich die Teilnehmenden mit der Frage »Gepflegtes Leben – Lebenslust und Lebenslast bei Gepflegten und Pflegenden« auseinander. Die Atmosphäre war trotz der Online-Situation sehr offen. Alle waren engagiert dabei und bereit, von sich zu erzählen und einander zuzuhören. Dabei wurden schwierige Erlebnisse und gute Erfahrungen miteinander geteilt.

Beim Thema »Pflegesituation« ging es unter anderem darum, wie sich eine gute Balance zwischen Nähe und Distanz finden lässt und wie Pflegende die eigenen Grenzen ernst nehmen können und um Hilfe bitten. Auch die eigentlich selbstverständliche Aussage, dass Gepflegte nicht »Objekte meiner Hilfsbereitschaft« sind, sondern Menschen mit individuellen Lebensentwürfen, mit Wert und Würde auch in Krankheit, bekam während des Seminars ein neues Gewicht.

Digital klappt – leibhaftig ist besser

Das Fazit dieses Online-Seminars in der Arbeit mit älteren Generationen lautet: Die Hemmschwelle der Älteren gegenüber der digitalen Welt ist deutlich geringer als oft angenommen wird und lässt sich gemeinsam gut überwinden. Die inhaltliche Diskussion hat unter der digitalen Begegnung nur wenig gelitten, wertvolle Erkenntnisse konnten einander mitgeteilt werden, auch wenn alle Beteiligten sich nach Präsenz-Veranstaltungen und »leibhaftiger« Begegnung sehnen.

Die Autorin

Christine Carlsen-Gann ist Referentin im Bildungswerk der Evangelisch-methodistischen Kirche in Stuttgart mit dem Schwerpunkt Seniorenarbeit. Kontakt über: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.

Weiterführende Links

Gepflegtes Leben – Arbeitshilfe in der Reihe »Horizonte – Impulse für die Arbeit mit Älteren« Seniorenarbeit der EmK