Kirche in Corona-Zeiten Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Augenmaß, Zuversicht und feines Gespür

Die Auferstehungsbotschaft am Ostermorgen.
Oster-Gottesdienst einmal anders: die Auferstehungsbotschaft am Ostermorgen. Hier in Sindelfingen – von einer Gruppe der EmK-Gemeinde Sindelfingen als nächtliche Straßenmalaktion vor Häusern von Familien der Gemeinde aufgemalt.
Was macht die EmK, wenn die Politik Lockerungen für die Durchführung von Gottesdiensten beschließt? Erste Überlegungen für einen Stufenplan liegen vor.
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Die Politik hat unter bestimmten Auflagen Lockerungen für den seit Mitte März geltenden sogenannten »Lockdown« beschlossen. Noch gilt das für die Kirchen nicht im Allgemeinen. Zuerst Sachsen, seit dem vergangenen Montag, 20. April, und seit Donnerstag, 23. April, auch Thüringen haben unter strengen Auflagen Gottesdienste mit stark begrenzter Personenzahl wieder zugelassen. Auf die sukzessive ab Anfang Mai wohl auch für Gottesdienste geltenden weiteren Lockerungen bereiten sich die Kirchen vor. Welche Überlegungen gibt es dafür in der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK)?

Gemeindeleben ist mehr als Gottesdienst

»Wir staunen jeden Tag neu, wie vielfältig gelebter Glaube auch in Corona-Zeiten an vielen Stellen in unseren Gemeinden gelingt«, staunt Gabriel Straka. Der Superintendent für den EmK-Distrikt Berlin ist dankbar, dass Gemeinden die aktuelle Situation mutig anpacken und kreative Lösungen entwickeln. Neben digitalen Angeboten gibt es radelnde Zeitschriftenverteiler, pastorale Hauptamtliche bringen ihre schriftlichen Predigten in die Häuser und in der Osternacht unterwegs befindliche »Straßenmalkünstler« bringen die Botschaft des Auferstandenen auf Straßen und Gehwege an. »Das sind vielfältige Lebensäußerungen unserer Kirche, die Mut machen und Zuversicht vermitteln«, erklärt Harald Rückert, der für Deutschland zuständige Bischof der EmK.

Die Gremien vor Ort mit einbeziehen

»Auf Basis dieser ermutigenden Beobachtungen sollen die nächsten Schritte bedacht werden, um die von der Politik beschlossenen Lockerungen an die eigene kirchliche Situation anzupassen«, beschreibt Rückert die Herausforderung, in der sich die Gemeinden jetzt befinden. Dabei sei Augenmaß nötig, um mit Zuversicht und Gespür für das, was den Menschen dient, Lösungen zu finden. Es gehe nicht einfach darum, schnellstmöglich wieder Gottesdienste abzuhalten. »Wie wir als Methodisten Gemeinde leben, soll dabei leitend sein«, betont der Bischof. Schließlich definiere sich eine Gemeinde nicht nur durch den Sonntagsgottesdienst, sondern durch Gemeinschaft, Singen, Gespräche, Bibelstunden, Gruppenstunden oder die fröhliche Begegnung beim Kirchkaffee.

»Wir wollen uns auf einen gemeinsamen Stufenplan verständigen, was Gottesdienste und andere Veranstaltungen angeht«, ist daher die Vereinbarung aus einer Videokonferenz vom Donnerstag dieser Woche (23. April). Bischof Rückert hatte sich dabei mit den Superintendenten der neun Distrikte über das weitere Vorgehen beraten. Für das auf Gemeinschaft beruhende freikirchliche Gottesdienst-Modell stellten sich jedoch die politisch formulierten Angebote für Gottesdienste mit hauptsächlich an begrenzten Teilnehmerzahlen orientierten Regelungen schwierig dar. Das entspreche nicht dem, »was der Gottesdienst in unserer Kirche den Menschen bedeutet«, heißt es im Sitzungsprotokoll. Deshalb müssten für passgenaue Lösungen vor Ort die dort zuständigen Gremien »stärker mit ins Boot genommen werden«.

Gute Vorbereitung ermöglicht sorgsamen Start

In einer ersten Stufe der Vorbereitung auf mögliche Lockerungen sollten sich die zuständigen Gremien der Gemeinden über Videokonferenz, Telefonkonferenz oder E-Mail beraten. Die zur Verfügung stehende Zeit solle genutzt werden, um vorbereitende Maßnahmen in Gang zu setzen. Dazu gehörten eine umsichtige Raum- und Wegeplanung in kirchlichen Räumen, die Bevorratung mit Hygieneartikeln oder die Einweisung von Personen für Aufsicht und Anweisungen. Von Seiten der Kirche würden dazu Informationen und Vorlagen zur Verfügung gestellt. In der zweiten Phase, die ab Anfang Mai erwartet werde, wenn die Politik weitere Lockerungen verfügt, müsse »weiterhin flexibel und in überschaubaren Schritten gehandelt werden«. Eines, so heißt es aus dem Kreis des Bischofs und der Superintendenten, müssten die Gemeinden unbedingt beachten: »Gottesdienste im Zuge der Lockerungsmaßnahmen werden noch eine ganze Zeit lang anders sein als bislang gewohnt.«

Außerdem gelte es klug und verantwortlich abzuwägen, um die Lockerungen in Anspruch zu nehmen. Dabei müsse Rücksicht auf unterschiedliche Bedürfnisse genommen werden, Personen müssten geschützt werden und Menschen sollten nicht plötzlich in Zugzwang gebracht werden, an kirchlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Deshalb könne der weitere Verzicht auf Gottesdienste für manche Gemeinden durchaus auch eine Option sein. In diesem Sinne, so Rückert, könne Religionsfreiheit auch bedeuten, »dass wir nicht alles mitmachen müssen, was der Staat uns an Freiräumen ermöglicht«.

Kirchen können zum Gebet geöffnet werden

Neben diesen ersten Schritten wird den Gemeinden ab sofort die Möglichkeit gegeben, die bisher geschlossenen kirchlichen Gebäude »für die persönliche Besinnung und das Gebet« zu öffnen. Voraussetzung dafür ist die Zustimmung des zuständigen Superintendenten und die Einhaltung von Auflagen. Dazu gehörten eine anwesende Aufsichtsperson, klare Regelungen für Hygienemaßnahmen und die Einhaltung des erforderlichen Abstands, die Beachtung des Zugangs nur für Einzelpersonen, um die Grenze zu einer Versammlung nicht zu überschreiten, sowie die Eintragung in Listen zur möglichen Nachverfolgung von Infektionsketten, wenn dies erforderlich ist.

Bildnachweis: Melanie Ott


Der Autor
Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Weiterführende Links
Das kreative Angebot in der EmK während Corona-Zeiten