Not lindern, Hoffnung schenken Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Grenzenlose Hilfe

Waisenkinder aus Kiew nach ihrer glücklichen Ankunft im rumänischen Sibiu.
Waisenkinder aus Kiew nach ihrer glücklichen Ankunft im rumänischen Sibiu. Ein Bild, dem man die Dramatik nicht ansieht, denn fast wären die Kinder entführt worden.
Bildnachweis: EmK Rumänien
Die Koordination der Ukraine-Hilfen der EmK geschieht im Züricher Bischofsbüro. Informationen von dort geben Einblick in selbstlose Aktionen.
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Hilfsangebote, Spenden und Informationen der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) werden über das Büro des für Mittel- und Südeuropa zuständigen Bischofs koordiniert. Urs Schweizer, der Assistent des Bischofs, leitet Informationen aus den an die Ukraine angrenzenden Ländern und den verschiedenen Aktionen weiter an die europäischen und amerikanischen EmK-Partner.

Rumänien

»Es war ziemlich klar, dass wir als Kirche angesichts der Angriffe und schrecklichen Ereignisse in unserem Nachbarland auf jede erdenkliche Weise handeln würden«, schreibt der für die EmK in Rumänienzuständige Superintendent Rares Calugar. Was er für seine Region formuliert, gilt für alle methodistischen Gemeinden in den an die Ukraine angrenzenden Ländern.

Der eher zufällige Kauf eines ehemaligen Hotels und dessen Umbau in ein Gemeindezentrum erweise sich für die im westlichen Teil Rumäniens gelegene Gemeinde in Cluj-Napoca in der jetzigen Situation als Glücksfall. Die Gemeinde könne dort »nun wieder ›Gäste‹ beherbergen«. Es werden jedoch nicht nur vorübergehende Aufenthaltsmöglichkeiten angeboten. Flüchtlingen, die zunächst bleiben wollen, würden auch Unterkünfte vermittelt. »Da viele Familien ohne ihren Vater fliehen müssen, können sie auf diese Weise eine vertrauenswürdige Unterkunft finden«, schreibt Calugar in einem Newsletter. Das ermögliche den Geflüchteten, sich neu zu orientieren und auch methodistische Christen kennenzulernen. »So können sie sich während dieses Prozesses so sicher wie möglich fühlen.«

Entführung gerade noch vereitelt

Eine dramatische Erfahrung machten rund dreißig Waisen aus einem Kinderheim in Kiew. Sie waren auf dem Weg in eine methodistische Einrichtung im zentralrumänischen Sibiu. Die Ereignisse dieser Reise machen beklemmend deutlich, wie gefährdet Flüchtlinge in unübersichtlichen Kriegssituationen sind, besonders Kinder.

An der ukrainisch-rumänischen Grenze hatte die Reise der Kinder eine dramatische Wende genommen, schreibt der rumänische EmK-Pastor Cristian Istrate in einem Facebook-Eintrag. Der von der anstrengenden Reise erschöpfte Begleiter hatte an der Grenze ein zufällig ausgewähltes Busunternehmen beauftragt, die Kinder und deren Begleitpersonen in die noch rund vierhundert Kilometer entfernte methodistische Einrichtung in Sibiu zu bringen. Allerdings habe der Fahrer den Begleitpersonen Lügengeschichten über die methodistische Einrichtung erzählt und dass die Kinder dort nicht sicher seien. Statt die Kinder nach Sibiu zu bringen, brachte er sie wieder zurück zur Grenze und in die Ukraine, um sie von dort mittels anderer Personen nach Italien zu bringen. Dieses Land sei aber für Menschenhandel bekannt, so Istarte.

Die zwischenzeitlich misstrauisch gewordenen Verantwortlichen in Sibiu alarmierten die Behörden. Mit Hilfe des ukrainischen Konsulats in Rumänien wurde die erneute Ausreise des Busses gestoppt. Inzwischen sind die Kinder mit den Begleitpersonen in Sibiu eingetroffen. Zu den traumatischen Kriegserfahrungen in Kiew muss nun noch der besondere Schock einer gerade noch vereitelten Entführung verarbeitet werden. »Wir werden eine ukrainisch-sprachige Psychologin einsetzen, um bei der Verarbeitung des Traumas der letzten Wochen und insbesondere dieses Erlebnisses zu helfen«, schreibt Istarte nach dem glücklichen Ende der dramatischen Reise.

Slowakei

Von der Ostslowakei aus gibt es seit langem viele Kontakte in den Westen der Ukraine. »Diese Kontakte können nun genutzt werden, um den Menschen in der Ukraine mit Geld und Sachspenden zu helfen«, schildert Schweizer die Möglichkeiten, die von der Slowakei in dieser Situation schnell in Gang gebracht wurden. Die Reise in die Ukraine und wieder zurück sei allerdings schwierig, da auch für Personen mit slowakischer Staatsbürgerschaft die Wartezeit an der Grenze bis zu zwei Tagen betrage. In dem rund dreißig Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernten Ort Michalovce sind ukrainische Flüchtlinge in den Kirchengebäuden der EmK untergebracht und werden mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln versorgt. Weitere Flüchtlinge haben in Bratislava, ganz im Westen der Slowakei an der Grenze zu Österreich, Zuflucht gefunden.

Bulgarien

Auch in Bulgarienöffnen die EmK-Gemeinden ihre Kirchen und Privatpersonen ihre Häuser für die Flüchtlinge, die vorübergehend eine Unterkunft benötigen. Zwar grenzt Bulgarien nicht direkt an die Ukraine. Laut Daniel Topalski, dem für Bulgarien zuständigen Superintendenten, gebe es dort aber eine zahlenmäßig nennenswerte ukrainische Gemeinschaft. Diese helfen nun Freunden und Verwandten, die die Ukraine verlassen haben.

Polen

Die EmK-Gemeinde im polnischen Przemysl liegt nur gut fünfzehn Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Auch dort bestehen schon langjährige Kontakte in die Ukraine. Aufgrund der großen Zahl nach Polen geflüchteter Menschen prüft der für die EmK in Polen zuständige Kirchenvorstand derzeit, wie Kirchengebäude räumlich angepasst und verbessert werden können, um Flüchtlinge unterzubringen. »Diese Räume werden höchstwahrscheinlich nur als vorübergehende Unterkunft dienen«, sagt Schweizer, »da die meisten Flüchtlinge in den Westen weiterziehen wollen«.

In einer E-Mail beschreibt der polnische Superintendent Slawomir Rodaszynski die Situation. Viele Gemeinden würden derzeit ihre Gebäude und Kapellen für ukrainische Flüchtlinge öffnen. »Wir bieten Wärme, Essen, Wasser, warme Getränke und Hilfe an.« In Warschau seien zudem aktuell rund zwanzig Flüchtlinge in der dortigen Gemeinde untergebracht. »Wir kaufen warme Kleidung und Schuhe, insbesondere für Kinder«, gibt Rodaszynski Einblick in konkreten Hilfsbedarf. Außerdem würden die Flüchtlinge mit Mahlzeiten versorgt.

Ungarn

Auch in Ungarnist die Hilfe angelaufen. An Bahnhöfen und direkt an der Grenze zur Ukraine werden die Flüchtlinge mit Essen und weiteren nötigen Dingen versorgt. Außerdem gibt es Suppenküchen auf der ukrainischen Seite der Grenze. Die Flüchtlinge finden in bereits vorhandenen oder kurzfristig angemieteten Unterkünften ein vorübergehendes Heim.

Ukraine

Volodymyr Prokip, Pastor der EmK-Gemeinde im westukrainischen Lviv hat im Online-Interview mit dem Pastor einer US-amerikanischen Partnergemeinde über die Situation vor Ort gesprochen. Er berichtete, dass die Menschen im Westen der Ukraineruhig, aber vorsichtig und gut organisiert zusammenarbeiten. Das Ziel sei, den vor allem den auf der Durchreise befindlichen Menschen, so gut wie möglich zu helfen. »Wir haben gerade sehr viele Probleme«, erzählt Prokip seinem US-Kollegen, und fügt als Glaubenszeugnis an: »Nur Jesus bringt Hoffnung, nur Jesus!« Neben aller dringend nötigen praktischen Hilfe gebe es auch Möglichkeiten, den Menschen in dieser Not, das Evangelium weiterzusagen, denn, so Prokip: »Jesus ist am wichtigsten!« Echte Hoffnung gebe es nur bei Jesus.

EmK-Rundfunkagentur berichtet

Die in Stuttgart ansässige Rundfunkagentur »radio m« nimmt sich der Geschichten von Menschen, die aus der Ukraine fliehen, ebenfalls an. In einem ersten siebenminütigen Beitrag sammelten die EmK-Radiomacher verschiedene Sichtweisen auf die aktuellen Geschehnisse. In Interviews mit Betroffenen und Kontaktpartnern nach Russland und in die Ukraine vermitteln sie Einblicke. Weitere Beiträge sollen folgen.

Spenden ermöglichen Hilfe

Um die Hilfsbereitschaft zu koordinieren und langfristig sicherzustellen, sammeln die Hilfswerke der Evangelisch-methodistischen Kirche in Europa und auch in den Vereinigten Staaten Spenden. »Im Bischofsbüro in Zürich versuchen wir, die Hilfsaktionen in den verschiedenen Ländern in dem Sinne zu koordinieren, dass wir den verantwortlichen Kirchenleitern die Mittel zur Verfügung stellen, die sie benötigen«, erklärt der dortige Bischofs-Assistent die Zielsetzung der Koordinationszentrale.

In Deutschland werden die Hilfsangebote und vor allem die dringend benötigten Geldspenden über das Büro der Wuppertaler EmK-Weltmission gesammelt und weitergeleitet. »Bis zum heutigen Mittwoch sind bereits 161.000 Euro an Spenden eingegangen«, freut sich Holger Würth über das großartige Spendenengagement. Insgesamt, so der Geschäftsführer der EmK-Weltmission, seien schon 150.000 Euro an das EmK-Bischofsbüro in Zürich überwiesen worden.

 

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Der Autor

Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

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Spendenmöglichkeit
Die EmK-Weltmission nimmt Spenden für Hilfsmaßnahmen infolge des Krieges in der Ukraine entgegen und koordiniert den Einsatz dieser Spenden zusammen mit anderen Hilfswerken. Unter dem Stichwort »Krieg in der Ukraine« können Zuwendungen auf das Konto der EmK-Weltmission überwiesen werden.

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