»Herrnhut« transnationales UNESCO-Welterbe
Die Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine im Landkreis Görlitz sind seit Ende Juli Welterbe der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO, vom englischen United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization). Das in Ostsachsen, im Dreiländereck Deutschland, Polen und Tschechien gelegene Herrnhut ist nun eine transnationale Welterbestätte zusammen mit dem bereits 2015 aufgenommenen dänischen Christiansfeld, dem im US-Bundesstaat Pennsylvania gelegenen Bethlehem und dem nordirischen Gracehill. Deutschland hat damit 53 Welterbestätten.
»Die Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine stehen für den kulturellen und geistigen Austausch über Ländergrenzen und Kontinente hinweg«, sagte Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission. »Sie sind in Vielfalt vereint und damit ein Sinnbild für die Welterbe-Idee.«
»Für Methodisten ist das ein Anlass, sich mitzufreuen«, sagte Harald Rückert, der die Bekanntgabe des Welterbetitels kurz vor seinem Urlaub noch mitverfolgte. In diesem Zusammenhang wies der Bischof darauf hin, »wie viel wir als methodistische Bewegung den ›Herrnhutern‹ zu verdanken haben«. So habe der Initiator der methodistischen Erweckungsbewegung, John Wesley, wesentliche Impulse aus Begegnungen mit Herrnhuter Christen empfangen. Nicht zuletzt hatte Wesley auf einer Deutschlandreise im Jahr 1738 mit Stationen in Frankfurt am Main, Marienborn und Herrnhut auch den Ursprungsort der Herrnhuter Brüdergemeine und auch deren adligen Beschützer Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf kennengelernt.
Die ostsächsische Kleinstadt Herrnhut ist der Gründungsort der 1722 entstandenen evangelischen Freikirche und Ausgangspunkt für die ersten Ansätze einer Siedlungsweise, die sich als Prototyp erwies und von der Gemeinschaft weltweit an dreißig Orten in ähnlicher Weise umgesetzt wurde. Gegründet wurde der Ort Herrnhut von Glaubensflüchtlingen aus dem tschechischen Mähren, die vor der römisch-katholischen Gegenreformation nach Sachsen geflüchtet waren. Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700-1760) bot ihnen Asyl und die Möglichkeit, sich auf seinem Landbesitz anzusiedeln.
Der Autor
Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.
Zur Information
Evangelische Brüderunität – Herrnhuter Brüdergemeine
Die Brüdergemeine hat verschiedene Namen: »Brüder-Unität« leitet sich vom lateinischen »Unitas Fratrum« ab. Diesen Namen gaben sich die »Böhmischen Brüder«, eine reformatorische Bewegung im 15. bis 18. Jahrhundert. Der Ursprung in Böhmen und Mähren ist noch immer im englischen Namen »Moravian Church« erkennbar. Der Neugründung 1722 in Herrnhut wiederum verdankt die Kirche den in Deutschland gebräuchlichen Namen »Herrnhuter Brüdergemeine«. Das fehlende »d« ist dem Sprachgebrauch des 18. Jahrhunderts geschuldet.
In der Lehre unterscheidet sich die Herrnhuter Brüdergemeine nicht von anderen evangelischen Kirchen. Ihre Besonderheit besteht in der gelebten Frömmigkeit mit Jesus Christus im Zentrum, den vielfältigen liturgischen Formen, reichhaltigem Gesang und Gemeinschaftsleben.