Debatte um Homosexualität Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Hohe Gesprächskultur bewahrt respektvolles Miteinander

Im Bild ein Teil der an der Videokonferenz beteiligten Mitglieder des Kirchenvorstands.
Eine »hohe Achtung vor der erlebten Gesprächskultur« zollte der für die Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa zuständige Bischof Patrick Streiff der Arbeitsweise des Runden Tischs und dem für den deutschen Teil der Evangelisch-methodistischen Kirche zuständigen Kirchenvorstand. Im Bild ein Teil der an der Videokonferenz beteiligten Mitglieder des Kirchenvorstands.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland öffnet sich in sexualethischen Fragen und bewahrt Raum für konservative Überzeugungen.
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Der für die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) in Deutschland zuständige Kirchenvorstand hat am vergangenen Wochenende die Öffnung in sexualethischen Fragen und die Bildung eines Gemeinschaftsbunds mit konservativer Prägung beschlossen. Über die per Videokonferenz durchgeführte Sitzung am 20. und 21. November berichtete emk.de bereits kurz am Sonntag, dem 22. November.

Große Übereinstimmung beim Runden Tisch und im Kirchenvorstand

Die sofort wirksam werdenden Beschlüsse umfassen im Wesentlichen zwei Änderungen der für den deutschen Teil der EmK gültigen Ordnung: Zum einen werden die wenigen Passagen mit negativen Aussagen zum Thema Homosexualität sowie die dazugehörigen Verbote kirchlicher Handlungen vorläufig außer Kraft gesetzt. Zum anderen wird in der Ordnung der Kirche die Neuformierung eines »Gemeinschaftsbunds« innerhalb der EmK in Deutschland verankert, der besonders in Fragen von Sexualität und Ehe eine ausdrücklich konservative Profilierung haben wird.

Die Vorlage für die jetzt verabschiedeten Beschlüsse war von dem mit 21 Personen besetzten »Runden Tisch« unter der Leitung von Bischof Harald Rückert über einen Zeitraum von fünfzehn Monaten erarbeitet worden. Trotz sehr unterschiedlicher Positionen der Mitglieder am Runden Tisch in den strittigen Fragen zur Homosexualität waren dem Kirchenvorstand die Vorschläge »einstimmig« vorgelegt worden. Dieser hat seinerseits nach mehrstündiger Diskussion, teilweise unter Hinzuziehung der Mitglieder der Zentralkonferenz, mit überwältigender Mehrheit die Beschlüsse gefasst. Die gesamte Beschlussfassung gilt vorläufig bis zur nächsten Zentralkonferenz, die voraussichtlich im November kommenden Jahres tagt.

Öffnung »ja«, Automatismus »nein«

Die vorläufige Außerkraftsetzung von Ordnungspassagen betrifft insgesamt vier Sätze. Drei davon finden sich in den Sozialen Grundsätzen der Evangelisch-methodistischen Kirche (Artikel 161 G der »Verfassung, Lehre und Ordnung der Evangelisch-methodistischen Kirche«, VLO), in denen das Thema Homosexualität negativ formuliert ist. Der vierte Satz ist das Verbot kirchlicher Handlungen und Feiern für gleichgeschlechtliche Paare durch ordinierte Geistliche der EmK und in Gemeinden und Gebäuden der EmK (Artikel 341.6 VLO). Das durch die Außerkraftsetzung bewirkte »Schweigen in der Ordnung« zu diesen Fragen gibt Gemeinden und Jährlichen Konferenzen der EmK in Deutschland die Möglichkeit, sich für die Belange von Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen stärker zu öffnen und ihnen in der Kirche eine Heimat zu bieten.

Zwei weitere Beschlüsse sichern ab, dass diese Öffnung weder automatisch erfolgt noch daraus ein Zwang entsteht. Damit wird ordinierten Geistlichen Gewissensschutz garantiert und Gemeinden der EmK zugesichert, gleichgeschlechtlichen Paaren nicht automatisch kirchliche Handlungen gewähren zu müssen. Die Außerkraftsetzung bedeutet also nicht die gleichzeitige Inkraftsetzung und Befürwortung kirchlicher Handlungen für gleichgeschlechtliche Paare.

»Gemeinschaftsbund« ist in alle Ebenen kirchlicher Arbeit eingebunden

Mit der Beschlussfassung des Kirchenvorstands wird die für Deutschland gültige Ordnung der EmK mit der Bildung und Ausgestaltung eines Gemeinschaftsbunds ergänzt. Dieser ist Teil der EmK in Deutschland. Einzelne Kirchenglieder sowie Gemeinden oder Bezirke können sich diesem Bund anschließen, sodass Menschen und Gemeinden mit überwiegend konservativer Prägung in sexualethischen Fragen weiterhin innerhalb der Kirche eine Heimat haben. Der Gemeinschaftsbund ist ausdrücklich in die Arbeit der Kirche auf verschiedenen Ebenen bis hin zur Mitarbeit im Kirchenvorstand eingebunden.

»Das Pflänzlein Vertrauen muss noch wachsen«

»Ich kann noch nicht ganz realisieren, was jetzt passiert ist«, sagte Harald Rückert, der Vorsitzende des Kirchenvorstands und für Deutschland zuständige Bischof der EmK, nach der Bekanntgabe der geheim durchgeführten Abstimmung. »Das ist eine wichtige Etappe, aber wir brauchen noch viel Aufmerksamkeit füreinander, dass das Pflänzlein Vertrauen wachsen und sich in die Gemeinden hinein entfalten kann. Der weitere Weg könne nur gelingen, »wenn wir uns auf Gott ausrichten und bereit sind, den weiteren Weg gemeinsam zu gehen«.

Beschlussfassung mit »Bedeutung für unsere weltweite Kirche«

Eine »hohe Achtung vor der erlebten Gesprächskultur« zollte der für die Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa der EmK zuständige Bischof Patrick Streiff. Er war aus seinem Dienstsitz in Zürich zusammen mit den Mitgliedern der Zentralkonferenz Deutschland per Videokonferenz für einige Stunden der Sitzung des Kirchenvorstands zugeschaltet. Sein Bischofssprengel umfasst sieben Jährliche Konferenzen, deren Gebiete sich über insgesamt sechzehn Länder in Mittel-, Süd- und Osteuropa erstrecken. Die kulturellen, theologischen und gesellschaftlichen Prägungen sind dabei sehr unterschiedlich.

Weil auch dort die Fragen zum Umgang mit Homosexualität in der EmK zu Auseinandersetzungen führten, war Rückerts Bischofskollege sehr am Ergebnis des Runden Tischs und der Entscheidung des für die EmK in Deutschland zuständigen Kirchenvorstands interessiert. »Wenn die Zentralkonferenz Deutschland in diesen Fragen einen gangbaren Weg findet und zusammenbleiben kann, ist das auch für andere Konferenzen interessant«, attestierte Streiff dieser geplanten Beschlussfassung »eine weit über eure deutsche Zentralkonferenz hinausreichende Bedeutung für unsere weltweite Kirche«.

Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit


Der Autor
Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Weiterführende Links
Beschlüsse des Kirchenvorstands (PDF)
Grundlagen und Organisation des Gemeinschaftsbunds (PDF)

Zur Information
Der Kirchenvorstand ist der geschäftsführende Ausschuss der Zentralkonferenz Deutschland der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) und leitet die Arbeit des deutschen Teils der Kirche zwischen den alle vier Jahre stattfindenden Tagungen der Zentralkonferenz.

Die außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika befindlichen Gebiete der Evangelisch-methodistischen Kirche sind in Zentralkonferenzen organisiert. In Europa sind dies die Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa, die Zentralkonferenz Nordeuropa und Eurasien sowie die Zentralkonferenz Deutschland. Die Tagungen der Zentralkonferenzen finden alle vier Jahre statt und sind das nach der Generalkonferenz für die jeweilige Region zuständige Gremium, um formale, finanzielle und die Ordnung der Kirche betreffende Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus werden in der Zentralkonferenz die für diese Region verantwortlichen Bischöfe oder Bischöfinnen gewählt oder deren Amtszeit verlängert. Für die Zentralkonferenz Deutschland gilt die Wahl für zunächst vier Jahre. Eine Wiederwahl für weitere acht Jahre ist möglich. Die maximale Amtszeit beträgt zwölf Jahre. Seit 2017 ist Harald Rückert der für Deutschland zuständige Bischof.