BBS Schwarzenshof Von Stephan Ringeis  | 

Hundertjährige Segensgeschichte geht zu Ende

Von oben fotografiert: Zwei Gruppen von Häusern, die von Wiesen, Sträuchern und Bäumen umgeben sind. Dazwischen Straßen, Parkplätze und Wege. Die Häuser unterschiedlicher Größe sind rot oder grau gedeckt. Am oberen Bildrand ein Wald.
Das Anwesen Schwarzenshof »von oben«. Viele Generationen fanden dort eine geistliche Heimat.
Bildnachweis: Nicole Eckert, BBS Schwarzenshof
Wirtschaftliche Gründe führen zur Beendigung des Betriebs der Begegnungs- und Bildungsstätte Schwarzenshof. Das gesamte Anwesen steht zum Verkauf.
3 Minuten

Der Betrieb der Begegnungs- und Bildungsstätte im thüringischen Schwarzenshof endet zum 31. Dezember dieses Jahres. Diesen Beschluss fassten die Gremien der Ostdeutschen Jährlichen Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) »schweren Herzens«. Damit endet eine rund hundertjährige methodistische Segensgeschichte für das Gebiet der heutigen Ostdeutschen Konferenz.

Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben

Bereits vor der Corona-Pandemie hatte sich abgezeichnet, dass das Anwesen Schwarzenshof mit seinem Gästebetrieb eine größere Transformation benötigte, wenn der Betrieb eine weitere Perspektive gewinnen sollte. Erste Überlegungen waren während der Pandemie ins Stocken geraten. Wiederholte Schließungen und Einschränkungen während dieser Zeit wurden finanziell von der Ostdeutschen Jährlichen Konferenz, dem einzigen Gesellschafter der als gemeinnützigen GmbH geführten Einrichtung, aufgefangen.

Der Neustart nach der Pandemie gelang zwar, dennoch spitzte sich die wirtschaftliche Schieflage zu. Im Jahr 2022 beschlossen die Mitglieder der Ostdeutschen Jährlichen Konferenz umfangreiche Investitionen. Die damit verbundene Hoffnung auf eine positive Entwicklung der Einrichtung bestätigte sich allerdings nicht. Ein Jahr später, zur Konferenztagung 2023, wurde schließlich ein enormer Investitionsstau hinsichtlich der Immobilien festgestellt. Auch der Gästebetrieb schrieb rote Zahlen, obwohl die Übernachtungszahlen zwischenzeitlich wieder das Niveau vor der Pandemie erreichten.

Gespräche mit der Bethanien-Diakonissen-Stiftung eröffnen keine neue Perspektive

Nachdem bereits im Frühjahr dieses Jahres Käufer für das Anwesen gesucht wurden, beschloss die Ostdeutsche Jährliche Konferenz (OJK) im Juni dieses Jahres Gespräche mit der Bethanien-Diakonissen-Stiftung (BDS). In der Folgezeit prüfte die Stiftung die Immobilie und deren Betrieb. Ein möglicher Weg wäre mit einer gemeinsamen Risikoabdeckung durch BDS und OJK verbunden gewesen. Die OJK sah allerdings keine Möglichkeit, sich in einem ausreichenden Maß an der Risikoabdeckung beteiligen zu können. Leider eröffnete sich dadurch keine für die OJK passende neue Perspektive.

Vom »Vogelherd« zum Gästebetrieb

Aus einem nahe dem Dorf Schaala bei Rudolstadt gelegenen Vogelherd, einem Platz zum Lebendfang von Vögeln, entstand ab 1856 ein Landwirtschaftsbetrieb mit Gastronomie unter dem Namen »Schwarzenshof«. Die Bischöfliche Methodistenkirche erwarb das Anwesen1923, um dort ein Altersheim einzurichten. Zwei Jahre später erfolgte die Einweihung. Eine Herberge für Jugendliche und ein Ferienheim vervollständigten das Anwesen.

In den 1950er- bis 1980er-Jahren war Schwarzenshof ein Schwerpunkt kirchlicher Jugendarbeit und prägend für Generationen von Methodisten in Ostdeutschland. Durch Initiative der europäischen methodistischen Kirchen konnte 1985 ein neues Jugendgästehaus eingeweiht werden. Es ersetzte die inzwischen in die Jahre gekommenen Holzhäuser.

Im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands verlegte das Altenheim in Kooperation mit weiteren diakonischen Partnern 1990 seinen Sitz nach Rudolstadt. Das vormalige Altenheimgebäude wurde durch Ehrenamtliche sowie Spenden der Kirche saniert und umgebaut und diente daraufhin dem Gästebetrieb. Zum geistlichen Mittelpunkt der Einrichtung wurde das alte Backhaus. Es wurde durch den Förderverein Schwarzenshof zu einer modernen und einladenden Kapelle umgebaut. Gruppen starteten darin fortan ihre Arbeit und feierten Gottesdienste.

Vor zehn Jahren wurde der Gästebetrieb als gemeinnützige GmbH strukturiert. Jährlich wurden zwischen 16.500 und 20.000 Übernachtungen gezählt. Mit der jetzt bevorstehenden Schließung verlieren elf Angestellte ihren Arbeitsplatz. Für sie wird ein Sozialplan nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks entwickelt und umgesetzt. Für alle Beteiligten ist das Ende einer hundertjährigen Segensgeschichte ein schmerzlicher Vorgang.

Abschiedsfeier geplant

Viele Menschen erlebten dort die Fürsorge und Pflege in einem Altenheim, und Generationen von Jugendlichen atmeten die Freiheit christlichen Glaubens mitten in der Zeit der DDR. Zahllose Begegnungen aller Generationen stärkten Glauben und Lebensmut. Auch wenn die Schließung bevorsteht, wird Schwarzenshof vielen Menschen als geistlicher Kristallisationspunkt methodistischer Arbeit in Erinnerung bleiben. Vergleichbar zur Entwidmung einer Kirche oder eines Gemeinderaums soll es eine Abschiedsfeier auf Schwarzenshof geben.

 

Weiterführende Links

Begegnungs- und Bildungsstätte Schwarzenshof 
Internetpräsenz der Ostdeutschen Jährlichen Konferenz 

Der Autor

Stephan Ringeis lebt in Leipzig. Er ist Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche und für die Ostdeutsche Konferenz Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit und Rundfunkarbeit. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit.ojk(at)emk.de